Todeskind: Thriller (German Edition)
an, und ich dachte schon, ich hätte es geschafft. Aber dann …« Er hob das Krankenhaushemd an, um auf sein Bein zu blicken. »Dieser Mistkerl hat mich mit einem Elektroschocker gelähmt. Zum zweiten Mal schon. Und dann hat er mir was gespritzt. Auch zum zweiten Mal. An mehr kann ich mich nicht erinnern, bis ich hier aufgewacht bin.«
»Und was war mit dem anderen Kerl?«, fragte Joseph.
Fords Miene wurde hart. »Das war der andere Typ, der mit dem Taser. Der Alte behauptete, die ganze Sache sei seine Idee gewesen, und sie würden Lösegeld verlangen. Fünf Millionen.«
»Niemand hat Lösegeld gefordert, Ford«, sagte Joseph.
»Irgendwas war sowieso merkwürdig. Ich war zuerst in einem Schuppen, der mal eine Garage gewesen sein muss. Stand einzeln. Was komisch war, denn als ich schließlich ins Haus gelangte, kam es mir so vor, als sei der Schuppen größer. Als ich das erste Mal zu mir gekommen bin, war der andere Kerl da, flüsterte mir was ins Ohr und spritzte mir irgendein Zeug. Was war das? Eine Droge etwa?«
»Ketamin. Ein Sedativum«, antwortete Joseph. »Kann süchtig machen, aber nicht in den Dosen, die du verabreicht bekommen hast. Außerdem Fentanyl, ein Narkotikum. An was kannst du dich noch erinnern?«
»Als ich am nächsten Morgen wach wurde, stank es. Nach einem toten Tier. Ich konnte die Augenbinde abmachen und entdeckte eine fast verweste Katze.« Er brach ab, um sich zu konzentrieren. »Genau, das war auch merkwürdig. Die verwesende Katze war offenbar irgendwo ausgegraben worden. Sie trug ein altes Halsband, aber mit einem nagelneuen Schildchen daran. Darauf stand ein Name.«
Daphne hatte zu zittern begonnen. »Fluffy?«, flüsterte sie.
Ford runzelte die Stirn. »Ja. Woher weißt du das?«
Abrupt streckte Daphne die Hand nach dem Bild des Täters aus. »Lass mich mal sehen.«
Joseph hielt den Atem an. Sie nahm Ford das Papier aus der Hand und legte es auf ihren Oberschenkel, damit es ihr nicht aus den bebenden Händen fiel. Dann zwang sie sich, das Foto zu betrachten.
»O Gott«, flüsterte sie. Ihr Atem ging plötzlich viel zu schnell. »Das kann doch nicht sein. Das kann nicht sein, kann nicht sein.« Die Wörter flossen ineinander wie bei einem Gebet. »Was hat er gesagt, Ford? Sag es mir genau.«
Ford räusperte sich. »Ich bin wieder da. Hast du …«
Der letzte Rest Farbe verließ Daphnes Gesicht. »Mich vermisst?«, beendete sie den Satz.
»Ja«, antwortete Ford alarmiert. »Mom? Was geht hier vor?«
Joseph drehte sie sanft zu sich, bis sie ihn ansah. »Der alte Mann, der Mann auf dem Bild hier. Er war es damals, nicht wahr? Der dich und deine Cousine entführt hat?«
Sie nickte. Tränen stiegen in ihre Augen. »Wieso tut er das?«
»Keine Ahnung, aber wir finden es heraus, das verspreche ich dir. Du weißt, was ich jetzt von dir will. Du musst mir die ganze Geschichte erzählen. Denn irgendwo besteht eine Verbindung zu einem Kerl, der sich Doug nennt und der dir das Leben zur Hölle machen will.«
»Es werden zwei Mädchen vermisst«, flüsterte sie.
»Vielleicht drei«, sagte Joseph und zeigte auf das Bild. »Wir haben Hinweise darauf, dass der Bursche hier noch eine Siebzehnjährige entführt hat.«
»Noch eine?« Es war nicht einmal ein Flüstern, eher ein Atemhauch. Sie fixierte Josephs Gesicht, und die Temperatur um ihn herum schien rapide zu fallen. In ihren Augen stand eine furchtbare Gewissheit und … Schuld. »Ich sage dir alles. Aber zuerst habe ich etwas für die Fahndung.«
»Was denn?« Fast fürchtete Joseph sich vor der Antwort.
»Du kannst einen Namen hinzufügen. Wilson Beckett.«
Joseph konnte seine Reaktion nicht mehr kontrollieren, der Schock war zu groß. Und dann kam die Wut, als er begriff. »Du kennst seinen Namen?«
Sie schien leicht zusammenzuzucken, sah aber nicht weg. »Ja. Ich habe ihn immer gewusst.«
20. Kapitel
Wheeling, West Virginia
Mittwoch, 4. Dezember 21.30 Uhr
»Vielen Dank.« Daphne nahm den Kaffeebecher, den Hector ihr hinhielt. Durch den Schock und die innere Kälte zitterten ihre Hände noch immer stark.
Ford hatte darauf bestanden, alles mitzuhören. Er habe die Wahrheit verdient, hatte er gesagt, auch wenn Daphne nicht glaubte, dass er mit der Wahrheit würde umgehen können. Ich kann auch nicht damit umgehen.
Joseph allerdings hatte Ford zugestimmt und bat gerade um ein paar zusätzliche Stühle im Krankenzimmer ihres Sohnes. Eine Minute später saß Daphne vor einer Reihe von Menschen, die ihr plötzlich
Weitere Kostenlose Bücher