Todeskind: Thriller (German Edition)
betroffen.
»So ist er auch in Bill Millhouse’ engeren Kreis gekommen«, erklärte Daphne. »Er hat behauptet, ihre Väter hätten im Golfkrieg zusammen gedient. Wir haben in der Armee nach Leuten suchen lassen, deren Söhne Doug heißen, aber es war natürlich nur ein Spruch. Wir haben Zeit verschwendet.«
»Und daher sind wir wieder bei Kim als Hauptverbindungsglied zu Doug«, sagte Novak.
Ford hielt inne. »Wie bitte? Wovon reden Sie? Kim hat doch nichts mit diesem Kerl zu tun. Sie ist ein Opfer!«
Daphne wurde schwer ums Herz. »Ford. Es gibt ein paar Dinge, die du wissen musst.«
21. Kapitel
Wheeling, West Virginia
Mittwoch, 4. Dezember, 23.15 Uhr
Joseph lehnte in der Verbindungstür ihrer beiden Zimmer und hielt das Handtuch, das um seinen Nacken lag, mit beiden Händen. Die Jeans klebte an seiner nassen Haut, aber er hatte sich nicht die Zeit genommen, sich richtig abzutrocknen, um Daphne nicht zu lange allein lassen zu müssen. Im Augenblick machte er sich weit mehr Sorgen um ihren seelischen Zustand als um ihre körperliche Unversehrtheit.
Ihre Mutter und Maggie waren angekommen und hatten Daphnes Hund mitgebracht. Tasha lag nun im Flur direkt vor ihrer Tür, und niemand konnte hineinkommen, ohne den Hund zu passieren.
Nein, er hatte sich mit dem Duschen so beeilt, weil sie drüben in ihrem Bad die ganze Zeit über geweint hatte. Wahrscheinlich wusste sie nicht, dass er sie hatte hören können, denn sie hatte sich erst gehenlassen, als das Wasser auf sie herabgeprasselt war. Dennoch hatte er sie gehört. Ihre Schluchzer waren herzzerreißend gewesen.
Nun stand sie am Fenster und blickte auf die Straße hinab, die langsam vom Schnee zugedeckt wurde. Sie trug keine Perücke. Jemand von der Spurensicherung hatte sie gefunden, aber Beckett hatte sie angefasst, und sie hatte sie nicht mehr berühren wollen. Joseph musste zugeben, dass er froh um dieses kleine Plus war: Vor ihm stand die echte Daphne.
Oder so echt, wie sie sich selbst zu sein erlaubte. Sie wirkte überaus zerbrechlich, aber Joseph ließ sich nicht täuschen. An dieser Frau war nichts Schwaches.
Dennoch war sie … weicher. Die Locken, die so eng am Kopf angelegen hatten, trockneten nach der Dusche in wüsten Wellenkämmen wie ein sturmgepeitschtes Meer. Ihr Gesicht war ungeschminkt, der Seidenschlafanzug zartrosa. Sie sah unglaublich jung aus. Und unglaublich traurig.
Sie hatte ihrem Sohn die Wahrheit über Kimberly MacGregor gesagt, und zuerst hatte er ihr nicht geglaubt. Sie müsse sich täuschen, hatte er beharrt. Doch ein Blick zu Joseph und Deacon hatte dem Jungen verraten, dass sie ihm nichts vormachte, und er hatte mit einem emotionalen Rückzug reagiert.
Sie hatte nicht gehen wollen, aber Ford hatte darauf bestanden. Nun, nicht nur das. Er hatte sie sogar angefahren, ihn »verdammt noch mal in Ruhe zu lassen«. Deacon hatte versprochen, vor der Tür zu bleiben und persönlich dafür zu sorgen, dass niemand erneut versuchte, ihrem Sohn etwas anzutun, und schließlich war Daphne tatsächlich gegangen.
Als sie ins Hotel zurückgekommen waren, hatten sie sich mit Simone und Maggie getroffen, die unter Kate Coppolas wachsamen Blicken bereits unruhig in ihrem Hotelzimmer auf und ab gelaufen waren.
Kate hatte Joseph ihre Ankunft per SMS mitgeteilt, kurz bevor er und Daphne Rampors Büro betreten hatten. Er hatte Kate angewiesen, bis auf weiteres mit den Damen im Hotel zu bleiben. Daphne war bereit gewesen, ihre Geschichte zu erzählen, und er hatte sie dabei nicht stören wollen. Außerdem war er davon ausgegangen, dass Simone sowieso alles wusste, was auch Daphne wusste.
Er hätte sich nicht ärger irren können.
Und weil Simone nichts gewusst hatte, hatte Daphne ihre Geschichte ein zweites Mal erzählen müssen. Simone hatte reglos zugehört, bis Daphne zu dem Bild kam, das sie als Kind gemalt hatte und durch das der Verdacht gegen ihren Vater geweckt worden war.
Simone hatte zu weinen begonnen, und die stummen Tränen hatten Daphne sichtlich zugesetzt.
Und mir auch. Allerdings hatte er kaum von Nutzen sein können. Er war so angespannt gewesen, dass er all seine Kraft dazu gebraucht hatte, nichts kaputt zu machen. Oder auf jemanden einzuschlagen.
Joseph hatte schon mit Kinderschändern, Entführern und Mördern zu tun gehabt. Immer hatte er gewollt, dass der Täter bestraft wurde, hatte den Schmerz des Opfers lindern wollen.
Doch an diesem Abend … Es war lange her, dass er in sich ein solches Bedürfnis zu
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