Todeskind: Thriller (German Edition)
unser neuer Häuptling.«
Peinlich berührt gab Joseph dem Mann den Ausweis zurück. »Entschuldigen Sie, Doktor. Reporter machen mich rasend. Ich bin Agent Carter, und das ist Dr. Brodie. Wir kommen vom VCET.«
Quartermaine runzelte ganz leicht die Stirn. »VCET?«
»Violent Crime Enforcement Team«, murmelte Ruby, zu ihm gebeugt.
»Oh, stimmt. Das Akronym stand in den Unterlagen, die Lucy Fitzpatrick mir für die Übergabe zusammengestellt hatte. Das Gemeinschaftsteam von FBI und BPD.« Er wandte sich mit einem Nicken zu Joseph um. »Schon gut. Ich bin selbst kein Fan von Reportern. Also – wie sieht es hier aus?«
Joseph trat zurück, um ihn vorbeizulassen. »Das Opfer ist Polizist. War Polizist.«
»Wir werden uns gut um ihn kümmern.« Er zog die Gummihandschuhe über, die Ruby ihm reichte. »Sie haben behauptet, mein Job sei aufregend, Ms. Gomez, doch dass er es gleich vom allerersten Tag an sein würde, war mir nicht klar.«
»Ihr erster Tag?«, sagte Brodie mitfühlend. »Das ist allerdings ein echter Kaltstart.«
»Nun ja, immer noch besser als mein letzter«, erwiderte Quartermaine trocken. »Sein letzter war’s jedenfalls.« Er ging neben dem Opfer in die Hocke. »Der Mann war tot, bevor man ihm die Kehle durchgeschnitten hat.«
»Das wissen wir schon«, sagte Joseph. »Wir sind uns nur noch nicht sicher, warum.« Josephs Telefon klingelte. »Entschuldigen Sie mich. Das muss ich annehmen.« Deacon Novak. Er entfernte sich von den anderen. »Ja? Was gibt’s?«
»Eine Menge«, antwortete Deacon. »Aber ich gebe dir nur die Top Four. Kimberly MacGregors Eltern versuchen seit gestern Abend ihre Tochter zu erreichen. Kimberlys vierzehnjährige Schwester wird nämlich vermisst. Die Polizei von Philadelphia hat gestern eine Suchmeldung rausgegeben.«
Damit hatte Joseph nun wahrhaftig nicht gerechnet. »Das heißt, es geht in Wahrheit doch um das Mädchen und nicht um Ford?«
»Mag sein. Punkt zwei: Kimberly hat ein Vorstrafenregister. Schwerer Diebstahl. Sie hat bei anderen Leuten geputzt und einmal einen Diamantring mitgehen lassen. Rate mal, wer die Anklage vertreten hat.«
Josephs Mut sank. »Nicht Daphne.«
»Jep«, sagte Deacon. »Hat sie die Kleine nicht erkannt?«
»Hätte sie vermutlich, doch Kimberly wollte Fords Mutter nicht kennenlernen. Er hat seiner Mutter von ihr erzählt, aber das Mädchen nicht gedrängt.«
»Hm. Hätte der Bodyguard sie nicht überprüfen müssen?«, fragte Deacon.
»Jemand aus Maynards Detektei hätte es definitiv tun müssen, da Ford die zu beschützende Person gewesen ist. Dass Maynard Kims Vorstrafe nicht erwähnt hat – vor allem, da von dieser Seite eine Verbindung zu Daphne besteht –, lässt darauf schließen, dass er nichts davon wusste.«
»Tja, der Bursche hatte es als Bodyguard nicht gerade drauf.«
Joseph seufzte. »Ich fürchte, da muss ich dir zustimmen. Entweder hat Maynard sich gar nicht die Mühe gemacht, das Mädchen überprüfen zu lassen, oder jemand hat extrem schlampig gearbeitet. Jedenfalls hätten sie das wissen müssen. Vielleicht hat genau das Isaac Zacharias das Leben gekostet.« Was für eine Verschwendung. »Und wie lautet Punkt Nummer drei?«
»Wir haben Fords und Kimberlys Handyanruflisten bekommen. Bei Kim ist gestern Abend um sieben eine SMS eingegangen.«
Joseph sah auf seine Notizen. »Laut Facebookeintrag hat sie Ford eine Viertelstunde später von dem Film erzählt.«
»Wie bist du auf die Seite gekommen? Ich hab das Passwort nicht rausgekriegt!«
»Ich auch nicht. Ein anderer Praktikant aus der Firma meines Vaters ist ein Facebookfreund von Ford. Er hat meinem Vater heute Morgen den Eintrag gezeigt, als Ford ihn nicht abgeholt hat, obwohl das ausgemacht war. Ford hat gepostet, er hätte lieber eher von dem Film gewusst, weil er ursprünglich mit Kumpels ein Hockeyspiel sehen wollte.«
»Die SMS an Kimberlys Handy hatte einen Anhang. Große Datenmenge.«
»Ein Foto«, murmelte Joseph. »Vielleicht von ihrer Schwester?«
»Das würde ich auch vermuten.«
»Verdammt. Dann hat sie Ford in die Falle gelockt? Was ist deine Nummer vier?«
»Laut Fords Nummernaufstellung hat er heute Morgen um zehn Uhr eine SMS an seine Mutter geschickt.«
Joseph legte die Stirn in Falten. »Heute Morgen um zehn? Sicher?«
»Ja. Sicher. Sonst gibt es keinerlei Aktivitäten – weder von Fords noch von Kimberlys Handy. Beide Handys sind ausgeschaltet und reagieren auf nichts.«
Josephs spürte die Spannung in seinem Nacken.
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