Todeskind: Thriller (German Edition)
über dem üblichen schwarzen FBI-Anzug trug. »Neben mir sitzt Special Agent Kate Coppola aus Iowa.«
Daphne verzog das Gesicht. »Meine Güte. Als bekäme ich ein Sondereinsatzkommando.«
»Nicht ganz falsch, Ma’am«, bestätigte Coppola. Sie bückte sich, griff in den Fußraum und holte ein stattliches Sturmgewehr hervor.
»Tja, wenigstens haben wir den bösen Buben jetzt etwas entgegenzusetzen«, murmelte Daphne.
»Falls es zu einem Zwischenfall kommt«, erklärte Hector ungerührt, »wird Agent Coppola die Verteidigung übernehmen. Ich gebe ihr Deckung, Sie verstecken sich im Fußraum. Dieser Wagen ist nicht gepanzert, hat aber einen gewissen Schutz. Tragen Sie eine Weste?«
»Ja, ich habe eine neue bekommen«, antwortete sie. »Die Spurensicherung hat die alte mitgenommen.« Weil sie von Marinas Kugeln durchsiebt war. Daphne schauderte. Kurz verdrängte die Erkenntnis, wie nah sie dem Tod gekommen war, ihre Angst um Ford. Doch einen Moment später war die lähmende Furcht wieder da.
Sie schloss die Augen, als ihr bewusst wurde, dass sie den gefürchteten Anruf nicht mehr aufschieben konnte. Travis. Fords Vater musste es erfahren.
Ihre Hände zitterten, als sie Travis’ Nummer aus dem Gedächtnis eingab. Sie hatte ihn nicht in ihrem Adressbuch, weil sie ihr Telefon nicht mit seiner Nummer hatte entweihen wollen. Das Rufzeichen ertönte, und ihr Magen schien sich auf links zu drehen. Wie ein Feigling hoffte sie, dass niemand abnehmen würde.
»Bei Elkhart.« Mist. Die näselnde Stimme gehörte Remington, dem Butler, der stolz darauf war, aus einer traditionsreichen Butlerfamilie zu stammen. In Remingtons Augen war ein Butler auf jeden Fall mehr wert als ein Mädchen aus den Bergen, selbst wenn es irgendwann gelernt hatte, sich in der besseren Gesellschaft zu bewegen.
»Remington, hier spricht Daphne. Verbinden Sie mich bitte mit Richter Elkhart.«
»Daphne? Ich fürchte, ich kann Ihren Namen nicht zuordnen.«
Ihr wurde heiß vor Wut. »Verdammt, sparen Sie sich Ihre albernen Spielchen, dazu ist jetzt keine Zeit.« Seit der Scheidung hielt er es für lustig, sich nicht an sie zu erinnern. »Ich muss mit Travis über Ford reden.«
»Er ist im Augenblick nicht zu erreichen«, erwiderte der Butler schnippisch.
»Dann verbinden Sie mich mit irgendwem. Das hier ist kein Höflichkeitsanruf. Es geht …« Sie atmete kontrolliert aus, um nicht die Beherrschung zu verlieren. »Es geht um Leben und Tod.«
»Einen Moment, bitte.« Kurzes Schweigen, dann klickte es.
»Hier spricht Nadine. Was ist eine Sache von Leben und Tod, Elizabeth?«
O nein, nicht heute. Bitte nicht. Travis’ Mutter konnte sie nicht ausstehen. Was auf Gegenseitigkeit beruhte. Aber hier geht es nicht um dich, Daphne. Noch nicht einmal um Elizabeth – ihr Zweitname, auf den Nadine seit Beginn der erzwungenen Ehe mit Travis bestanden hatte. Hier geht es um Ford. Und obwohl Nadine eine Tyrannin war, liebte sie Ford doch auf ihre ganz eigene Weise.
»Ford ist entführt worden.«
Nadine schnappte hörbar nach Luft. »Was? Was soll das heißen?«
»Genau das, was ich gesagt habe. Ford ist entführt worden. Ich muss mit Travis reden.«
»Er ist nicht da. Er ist bei Gericht. Oh, mein Gott.«
Daphne konnte Remington im Hintergrund hören. »Madam? Madam, geht es Ihnen nicht gut?« Das Herz der alten Dame war nie besonders stark gewesen.
Daphne konnte sie nicht ausstehen, wollte aber nicht für einen Herzanfall verantwortlich sein. »Alles in Ordnung?«
»Nein«, flüsterte Nadine. »Nichts ist in Ordnung. Elizabeth, was hast du getan?«
»Ich weiß keine Einzelheiten«, antwortete sie, ohne auf die Anschuldigung einzugehen. »Ich halte euch auf dem Laufenden.«
»Wag es ja nicht, einfach aufzulegen, Elizabeth. Ist schon eine Lösegeldforderung eingegangen?«
»Meines Wissens nicht.«
»Hast du das FBI informiert?«
Nein. Das FBI hat mich informiert. »Die Ermittlungen laufen bereits.«
»Wann ist es passiert?« Nadines Stimme klang immer dünner. Sie mochte jeden Augenblick hysterisch werden, was Daphne ihr nicht verübeln konnte.
»Gestern Abend. Er ist ins Kino gegangen und nicht ins Wohnheim zurückgekehrt.«
»Wie konntest du das zulassen?«, fuhr Nadine sie schrill an.
Daphne verbiss sich eine scharfe Bemerkung – sie hätte ohnehin nichts gebracht. »Wenn du das an Travis weiterleiten könntest, wäre ich dir dankbar. Wie ich schon sagte – ich halte euch auf dem Laufenden. Falls ihr etwas hört, ruft mich bitte an.
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