Todeskind: Thriller (German Edition)
Meine Nummer habt ihr ja.«
Daphne legte auf und starrte auf das Telefon in ihrer Faust. Das hatte sie geschafft. Immerhin hatte sie nicht mit Travis sprechen müssen.
Sie hatte kaum Atem geholt, als ihr Telefon zu klingeln begann. Auf dem Display stand »Nummer unbekannt«.
Ihr Herz setzte aus, dann begann es zu jagen. Der Entführer. Bestimmt. Er hat Ford. »Ich kriege gerade einen Anruf von einer blockierten Nummer.«
Coppola wandte den Kopf und begegnete Daphnes Blick. »Ich schicke Bo Lamar eine SMS. Beschäftigen Sie den Anrufer so lange wie möglich. Wir versuchen ihn aufzuspüren.«
»Ich kann das Gespräch aufzeichnen. Soll ich?«
»Gehen Sie ran, während ich versuche herauszufinden, ob eine Aufnahme unsere Messung beeinflusst.«
»Okay.« Daphne holte tief Luft und nahm das Gespräch an. »Hallo.«
»Was zum Teufel ist da los, Daphne?«
Sie zuckte zum zweiten Mal in den vergangenen fünf Minuten zusammen und blickte mit einem leichten Kopfschütteln zu Coppola. »Nur mein Ex«, sagte sie ruhig.
Travis’ Mutter hatte sie Elizabeth genannt, weil sie fand, dass »Daphne« viel zu ordinär für eine Elkhart klang. Als sie noch verheiratet gewesen waren, hatte sich Travis dem Wunsch seiner Mutter gefügt und sie ebenfalls Elizabeth genannt. Wenn er sie überhaupt angesprochen hatte, verstand sich. Meistens hatte er sie ignoriert. Sobald aber die Scheidungspapiere unterzeichnet gewesen waren, hatte er damit angefangen, sie auf eine Art Daphne zu nennen, die ihren Namen wie … wie Abschaum klingen ließ. Allerdings hatte er sie in den zwölf Jahren, die sie seinen Familiennamen getragen und seinen Sohn aufgezogen hatte, auch genauso behandelt.
» Nur dein Ex?«, fragte Travis eisig.
»Ja, Travis, nur mein Ex. Ein Agent Lamar wird sich bei dir melden, um deine Telefone anzuzapfen. Ich würde dir vorschlagen, bis dahin deine Gespräche anzunehmen, falls man dich statt mich anruft.«
»›Man‹ wäre dann vermutlich die Person, die meinen Sohn gekidnappt hat.«
Daphne drückte sich die Fingerspitzen gegen die pochende Schläfe. »So sieht’s aus.«
»Wie konntest du das zulassen?«, fragte er zornig.
Wieder musste sie sich auf die Zunge beißen. »Ford ist zwanzig. Ich habe nichts ›zugelassen‹.« Allerdings haben die Millhouses ihn entführt, um mich damit zu treffen.
Eigentlich hätte sie es Travis sagen müssen, aber sie brachte die Worte nicht über die Lippen.
»Das kommt davon, wenn man im Ghetto aufs College geht. Wäre er nach Princeton gegangen …«
Sie ließ ihn zetern. Mit ihm zu diskutieren hatte noch nie etwas genutzt. Nicht, wenn Travis der Überzeugung war, dass er es besser wusste. Also immer. Als er kurz verstummte, um Luft zu holen, schnitt sie ihm das Wort ab. »Ich muss jetzt Schluss machen. Wenn ich das nächste Mal anrufe, schieb bitte keine Ausreden vor.« Sie drückte das Gespräch weg und legte ihren Kopf zurück. »Wow. Das hat Spaß gemacht.«
Hector hatte die Stirn gerunzelt. »Mein Respekt. Und ich dachte, meine Ex wäre anstrengend.«
»Tja. Vielleicht sollten Sie auf seinem Anwesen auch das Telefon anzapfen lassen. Für alle Fälle.« Für den Fall, dass es nicht um mich geht. Aber natürlich geht es um mich. Es ist meine Schuld.
»Anwesen?«, fragte Hector vorsichtig.
»River Oaks, im Norden Virginias, Loudoun County. Ungefähr eine Stunde westlich von hier.«
»Pferdeland«, sagte Hector. »Eine Ranch?«
Daphne lachte verbittert. »O nein. Das wäre viel zu vulgär. Es ist ein Familienanwesen. Es gibt zwar Ställe und Stallburschen, aber das Land ist kein ›Wirtschaftsunternehmen‹.«
»Aha«, sagte Hector gedehnt. »Snobistische Oberschicht?«
»Snobistischer geht’s nicht. Sie werden kooperieren, weil mein Ex-Mann politisch versiert ist. Er will das Gesetz nicht verärgern. Seine Mutter wahrt die Form.«
Hector wirkte aufrichtig verwirrt. »Aber es geht doch auch um seinen Sohn.«
»Ja. Aber die Beziehung ist … angespannt. Bei der Scheidung musste Ford sich entscheiden.«
»Und er hat Sie gewählt.« Hector seufzte. »Schlimm, dass man Kinder vor eine solche Wahl stellen muss.«
»Ms. Montgomery.« Kate Coppola ließ den mittäglichen Verkehr, der links und rechts von ihnen dahinkroch, nicht aus den Augen. »Warum zeichnen Sie Ihre Gespräche auf?«
»Wegen der Drohungen der Millhouses. Dafür hatte ich mir einen Beschluss besorgt. Ich wollte ihnen keine Munition liefern.« Sie verzog das Gesicht, als ihr ihre Wortwahl bewusst wurde.
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