Todeskind: Thriller (German Edition)
viel zu viele verschiedene Behörden beteiligt, dachte Joseph. Und alle brauchten dieselben Informationen. Sosehr er Meetings hasste, so unumgänglich war es, dass er eines einberief.
Deacon betrachtete die Kunststoffplatte. »Ich könnte mir vorstellen, dass Fingerabdrücke darauf sind.«
»Lass das Ding untersuchen und warte auf eine SMS von mir. Ich trommele unser Team und die Leute vom BPD zum Debriefing zusammen.« Und danach statten Grayson und ich den Millhouses einen Besuch ab.
Dienstag, 3. Dezember, 14.10 Uhr
Ich glaube daran. Ich glaube daran. Wieder und wieder formulierte Daphne im Stillen den Satz, während sie von Hector und Kate Coppola nach Hause gefahren wurde. Er lebt.
Sie stellte sich vor, wie sie die Tür öffnete und Ford ihr entgegenkam. Lächelnd. Gesund und munter. Am Leben. Nur so konnte sie weiteratmen, ein und aus, genau wie Joseph es gesagt hatte, und brach nicht zusammen.
Joseph. Was hat man ihm wohl genommen? Der Gedanke stahl sich in ihre Litanei der positiven Botschaften. Er hatte behauptet, er verstünde sie besser, als sie glaubte. Nun wusste sie, dass er die Wahrheit gesagt hatte.
Dass die Person, die er verloren hatte, eine Frau gewesen war, war nur eine Vermutung. Aber Daphne kannte sich ganz gut mit anderen Menschen aus. Leider hatten viele, denen sie im Zuge ihrer Arbeit begegnete, den Menschen verloren, der sie ergänzte. Geliebte und Partner trugen einen anderen Ausdruck zur Schau als Elternteile oder Geschwister. Es war die nackte … Einsamkeit. Das Wissen, dass man nie wieder der werden konnte, der man einmal gewesen war, weil einem ein Teil von sich selbst herausgerissen worden war.
Und einen Moment lang hatte Joseph eben in der Gasse genauso ausgesehen.
Der Wagen hielt. »Wir sind da«, sagte Hector.
Mit Wucht kehrte die Angst zurück und walzte all die sorgfältig vorgetäuschte, wunderschön positive Energie platt. Bitte. Bitte, lass meinem Sohn nichts geschehen!
Coppola streckte den Arm aus und schüttelte sie sanft an der Schulter. »Daphne. Wir sind bei Ihnen zu Hause.«
»Ich weiß«, flüsterte sie und blickte zu dem eleganten viktorianischen Haus hinüber, in das sie sich damals auf den ersten Blick verliebt hatte. Unverständlicherweise sah es ganz genauso aus wie immer. Trotzdem fühlte es sich nicht mehr so an. Sie zwang sich, das Bild in ihrem Inneren zu rekonstruieren. Sie würde die Tür öffnen, und Ford würde ihr entgegengehen. Lächelnd. Ich glaube daran. Und wenn es mich umbringt – ich glaube daran.
»Moment.« Hector aktivierte die Zentralverriegelung, als sie nach dem Türgriff fasste. »Bevor die Sache nicht vorbei ist, gehen Sie nirgendwo unbewacht hin. Wenn Sie draußen sind, nehmen wir Sie in die Mitte. Jetzt aber fahren wir in die Garage, und Sie bleiben sitzen, bis das Tor wieder unten ist. Okay?«
Sie nickte. »Okay.«
Hectors strenge Miene wurde milder. »Ich weiß, dass Sie sich Sorgen um Ihren Sohn machen, aber heute Morgen waren Sie selbst Ziel von Anschlägen. Meine Aufgabe ist es, Sie zu beschützen. Das erlaubt es Agent Carter, sich auf Ihren Sohn zu konzentrieren.« Er wählte eine Nummer auf seinem Handy. »Wir sind da. Lasst uns rein.«
Das Tor ging auf, und sie fuhren hinein. Hector schaltete den Motor ab, als das Tor wieder herabglitt. Daphne blieb, wo sie war, bis sie eine vertraute Stimme hörte.
»Daphne! Daphne, warte!«
Bevor sie noch blinzeln konnte, war Coppola schon aus dem Auto und mit geschulterter Waffe zur Seitentür hinaus.
Hector wandte sich blitzschnell auf dem Fahrersitz um, drückte Daphne mit einer Hand nach unten und richtete gleichzeitig die andere mit der Pistole auf die Heckscheibe. Widerwillig beeindruckt, wehrte Daphne sich gegen seinen Griff.
»Hector, lassen Sie das. Ich kenne den Mann. Alles okay.«
Er ließ locker. »Wer ist das?«
»Ein Freund. Er heißt Hal Lynch.«
» Ihr Freund?«
»Oh, nein – nein. Nur ein alter Freund. Er war früher der Sicherheitsmanager meines Ex-Mannes. Hal war die meiste Zeit meiner Ehe mein Leibwächter. Inzwischen ist er im Ruhestand.« Sie zuckte zusammen, als ein dumpfer Schlag gegen das Garagentor ertönte.
»Lassen Sie mich los!« Hals Stimme klang gedämpft, dennoch war sein Zorn herauszuhören. »Daphne!«
»Er will sich nur vergewissern, dass es mir gutgeht. Alte Leibwächterangewohnheit.«
Hector verschwand durch die Seitentür, die auch Coppola genommen hatte, und eine Minute später schoben Hector und Coppola Hal, dem man die
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