Todeskind: Thriller (German Edition)
ging.«
»Irgendeine Idee, wer seine rechte Hand sein könnte?«
»Ich habe das dumpfe Gefühl, dass es keine gibt. Bei ihm weiß jeder immer gerade nur so viel, wie er muss.«
»Selbst Frau und Söhne?«
»Bill traut Cindy nicht, was das Geld angeht. Sie gibt einfach zu viel aus.«
»Und die Söhne? Kann er nicht einem von ihnen vertrauen?«
»Reggie wäre wohl die rechte Hand, wenn er nicht im Knast säße. Aber seinen Bruder, George, mag Bill nicht. Er benutzt ihn, kann ihn aber nicht leiden. Weil Bill im Prinzip niemandem traut.«
»Also ist er nicht nur Rassist, sondern auch ein paranoider Mistkerl.«
»Paranoid definitiv. Mistkerl? Absolut. Aber es steckt mehr dahinter. Ganz am Anfang, lange bevor der Prozess anfing, sah er seinen Kreuzzug noch als Mittel zum Zweck – wenn die Leute so blöd waren zu spenden, dann hatten sie auch verdient, dass man ihnen das Geld aus der Tasche zog. Aber im Laufe der Zeit schien er seiner eigenen Rhetorik immer mehr zu glauben. Er hörte auf, eine Rolle zu spielen, und wurde zum einsamen Rufer in der Nacht, zu dem einen Messias, der die Scharen zum Sieg führen konnte.«
»Was darin seinen Höhepunkt fand, dass er mit einem ganzen Waffenarsenal vor Gericht erschien.«
»Richtig. Bill war immer ein paranoider Mistkerl, und wahrscheinlich hat ihn nur sein Misstrauen davor bewahrt, im Knast zu landen.«
»Bis jetzt.«
»Ganz genau. Denn jetzt ist er befördert worden und trägt ab sofort den Titel ›irrer Mistkerl‹.«
Dienstag, 3. Dezember, 15.45 Uhr
»Dieser Bill Millhouse ist wirklich ein irrer Mistkerl«, sagte Joseph, als er den Verhörraum betrat, in dem besagter Mistkerl wartete. Bill saß in einiger Entfernung vom Tisch auf einem Stuhl. Seine Handgelenke waren hinter seinem Rücken, seine Fußgelenke an den Stuhl gefesselt, der mit dem Boden verschraubt war. Hinter ihm standen zwei bewaffnete Officer. Niemand war gewillt, ein Risiko einzugehen.
Bill Millhouse war ein großer, massiger Mann, und er hatte Größe und Statur beiden Söhnen vererbt. Sein Gesicht war zerschlagen, das linke Auge fast zugeschwollen, die Oberlippe aufgeplatzt. Er hielt den Blick starr geradeaus, als sei außer ihm niemand im Raum.
Joseph hatte sich in Daphnes Akte die Profile der Familienmitglieder sowie die Mitschriften ihrer Aussagen durchgelesen und sich außerdem ein paar Ausschnitte aus Talkshows angesehen, in denen Bill zu Wort gekommen war. Josephs Verhörstrategie war recht einfach. Er würde ihn nach den Waffen fragen, die er zum Gericht mitgebracht hatte, und warum es so viele hatten sein müssen. Von den Pistolen in seinem Wagen würde er zu den Tasern in der Gasse überleiten und dann auf Ford kommen.
Er nahm sich einen Stuhl und plazierte ihn in kalkuliertem Abstand zu Bill. »Wirklich ein irrer Mistkerl.« Er setzte sich locker auf die Kante. »So heißt es im Moment jedenfalls. Die Medien nennen Sie so. Kann man ihnen nicht verübeln. Es ist einfach verrückt, wenn jemand versucht, seinen Sohn aus dem Gericht freizuschießen. Ich meine, wer macht so was heute noch? Na ja, Sie ganz offensichtlich. Hat zwar nicht ganz geklappt, aber Sie haben es wenigstens versucht.«
Millhouse zuckte mit keiner Wimper und schwieg.
Okay, dann spielen wir eben anders. » Sie haben es wenigstens versucht. Ihre Leute ja weniger.«
Er sah ein winziges Zucken in Millhouse’ Wange.
Aha. Jetzt reden wir miteinander. Während er die TalkshowAusschnitte gesehen hatte, hatte Joseph immer wieder an die vielen Waffen im Kofferraum denken müssen. Nie im Leben hätte Bill all diese Gewehre einsetzen können. Wahrscheinlich hatte er eine große Party geplant, war aber nicht mehr dazu gekommen, seine Gefolgsleute auszustatten, da J.D. ihn vorher erwischt hatte.
»Nicht dass Sie ihnen nicht ausreichend Gelegenheiten geboten hätten. Mit den zehn Sturmgewehren hätte man jede Menge Schaden anrichten können. Feiger Haufen, wenn Sie mich fragen. Sind alle abgehauen, als Sie sie am meisten gebraucht hätten.«
Keine Reaktion.
Offenbar ist es nicht sein Team, auf das er wütend ist. Oder ich bin auf dem falschen Dampfer, und Bill hat draußen gar keine Gefolgsleute in Wartestellung gehabt. Dass Bill Pläne für den Gerichtssaal gehabt hatte, stand allerdings fest.
»Na ja, ich schätze, Ihre Gewehre hätten ohnehin nicht viel geändert, da Ihre Frau und Ihre Söhne die Sache im Gerichtssaal völlig verbockt haben. Obwohl Reggie einem Deputy mit dem Messer, das Sie reingeschmuggelt haben,
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