Todeskleid: Thriller (German Edition)
nehmen.
Er hätte zu gerne gewusst, was Grayson Smith in diesem Pflegeheim zu suchen hatte. Die Mutter des Mannes war alles andere als krank. Judy Smith war sogar in hervorragender Form. Silas hatte sie schon oft bewundert.
Sie hatte viel für ihren Sohn geopfert. Und die wenigen Male, die Silas die beiden zusammen beobachtet hatte, hatten ihm klargemacht, dass sich Grayson dessen sehr wohl bewusst war. Es hätte ihn auch interessiert, wie lange es noch dauerte, bis der Dreckskerl, der glaubte, einen Anspruch auf Silas’ Leben zu haben, noch warten würde, bevor er Smiths Geheimnis ausplauderte.
Ob Smith wohl ahnte, wie viele Menschen tatsächlich davon wussten?
Für Silas hatte es nie eine Rolle gespielt, aber er konnte sich vorstellen, wie wichtig es für Grayson war. So tickte dieser Mann eben. Aber erst als sein Auftraggeber dieses Geheimnis Silas enthüllt hatte, war ihm der wahre Grund für Smiths beruflichen Feuereifer klargeworden.
Gleichzeitig hatte es Smith zum nichtsahnenden Bauernopfer prädestiniert. Willkommen im Club, Staatsanwalt.
Mittwoch, 6. April, 23.35 Uhr
Paige und Grayson warteten nun schon eine halbe Stunde, ohne dass Brittany sich hätte blicken lassen. Sue hatte Brittany schließlich auf dem Handy angerufen und ihnen mitgeteilt, sie sei wohl unterwegs, würde sich aber verspäten. Angeblich habe sie Mühe gehabt, einen Babysitter für heute Abend zu finden. Wenn man in Betracht zog, dass Brittany Hals über Kopf ihr Viertel verlassen hatte, war das glaubhaft. Zumindest anfangs. Inzwischen war sich Paige da nicht mehr so sicher.
Sue hatte angefangen, ihnen nervöse Blicke zuzuwerfen. Als sie das letzte Mal mit Brittany gesprochen hatte, hatte sie ihnen den Rücken zugekehrt, so dass sie ihr Gesicht nicht hatten sehen können.
Paige lehnte sich zu Grayson und legte ihre Lippen auf den Bartschatten unter seinem Ohr. Es gehörte zu der Rolle, die sie spielten, aber sie erlaubte sich dennoch, seinen Duft einzuatmen und das Kitzeln der Stoppeln auf ihren Lippen zu genießen. Nun, da sie wusste, was er so viele Jahre lang in sich eingeschlossen hatte, verstand sie, wie schwer es ihm fallen musste, sich jemandem anzuvertrauen.
Aber sie konnte geduldig sein. Grayson Smith war es wert, sich die Zeit zu nehmen, die es brauchte, um herauszufinden, ob aus dem unbestreitbar vorhandenen Funken zwischen ihnen mehr werden konnte.
Er hat trotzdem geklopft. Der Gedanke wollte ihr einfach nicht aus dem Sinn gehen. Obwohl er gewusst hatte, dass man ihn bloßstellen, dass sich sein Leben von Grund auf verändern würde, hatte er dennoch an Rex’ Tür geklopft. Weil er es für das Richtige hielt.
Sie wollte diesen Mann. Er sah gut aus. War sexy. Intelligent. Gütig. Er war ein Beschützer. Und er hatte einen Körper, mit dem sie sich stundenlang beschäftigen wollte. Aber es war vor allem seine Integrität, die ihr imponierte. Dieser Mann war es. Ich will ihn ganz. Und ich will, dass es ihm umgekehrt genauso geht. Sie wollte, dass er sie so wollte, wie David Olivia gewollt hatte. Ich will auch glücklich und zufrieden bis an mein Lebensende leben. Und zwar mit diesem Mann.
Um ihr wild hämmerndes Herz zu beruhigen, flüsterte sie ihm ins Ohr: »Meinst du, sie kommt überhaupt noch?«
Er drehte den Kopf, um sie anzusehen, und sie erkannte die Begierde in seinen Augen. Und eine Sehnsucht, die sie gut verstand, weil sie sie genauso empfand. »Ich weiß nicht«, flüsterte er zurück. Sein heißer Atem strich über ihren Hals, und sie schauderte leicht. »Probier mal, ob du Sue dazu bringen kannst, dir Brittanys Handynummer zu geben. Dann rufen wir sie selbst an.«
Paige erhob sich und stellte fest, dass Sue sie beobachtete. »Kommt Brittany wirklich noch rein?«, fragte sie und verlieh ihrer Stimme einen leicht klagenden Unterton. »Ich brauche die Unterlagen zwar, aber es gibt durchaus Dinge, die ich jetzt lieber täte. Falls Sie verstehen, was ich meine.«
»O ja«, erwiderte Sue mit kehliger Stimme. »Und ob. Ich habe ihr gesagt, dass Sie warten. Es ist äußerst ungewöhnlich, dass sie zu spät kommt. Sie ist sonst absolut zuverlässig.«
»Weiß ich. Deswegen wollte ich die Unterlagen ja auch von ihr. Sie kommt immer zum Unterricht.« Sie beugte sich vor und senkte verschwörerisch die Stimme. »Hören Sie, ich muss früh raus morgen und würde wirklich gerne nach Hause. Wäre es möglich, dass Sie mir Brittanys Handynummer geben? Dann kann ich mich morgen früh vielleicht noch mit ihr
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