Todeskleid: Thriller (German Edition)
machte. Sie musste Grayson bitten, sie zu fahren. Und dann mache ich mich auf den Weg zu den Delgados.
Peabody stand auf und starrte zur Tür. Sie musste nicht nachsehen, um zu wissen, dass Grayson dort stand. Sie spürte, dass er sie beobachtete.
»Sind Sie so weit?«, fragte er.
Paige sah ihn nicht an. »Ich hatte einen harten Tag. Könnten Sie mich zur Detektei bringen, damit ich mein Auto holen kann? Dann fahre ich nach Hause, lege mich in die Wanne und gehe anschließend ins Bett.«
Sie hörte, wie er näher kam, und wappnete sich innerlich. Erst als er seine Hand an ihre Wange legte und zart darüberstrich, sah sie auf. Seine Augen wirkten in diesem Licht sehr, sehr grün. Hatte seine Berührung im Parkhaus etwa doch mehr zu bedeuten?
»Es tut mir leid, Paige. Sie hatten wirklich einen höllischen Tag.«
Heiße Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie versuchte, sie wegzublinzeln, doch sie liefen ihr bereits über die Wangen. Hastig wandte sie den Kopf ab. Nach einem Moment des Zögerns fuhr er ihr mit den Fingern durchs Haar. Sie schauderte.
Seine Hand war so warm an ihrem Kopf, und plötzlich wurde ihr bewusst, wie lange sie niemand mehr berührt hatte. Nun flossen die Tränen noch mehr. »Ich weine nicht, es ist nur …«
Er zog sie an sich und erstickte ihre Erklärung. Die Hand an ihrem Kopf drückte sie sanft an seine Brust, während die andere ihr Haar streichelte. »Schon gut.«
Nur einen kleinen Moment. Er fühlte sich so gut an. Einen Augenblick lang erlaubte sie sich, seinen Duft einzuatmen. Zu weinen. Und so zu tun, als habe sie heute nicht eine Frau sterben sehen und sei selbst nur knapp einem Anschlag entkommen.
Einen Augenblick erlaubte sie sich, so zu tun, als sei der Mann, der sie so zärtlich streichelte, jemand, der sich für sie interessierte. Als täte er es nicht nur aus Pflichtgefühl oder schlimmer – aus Mitleid.
Endlich versiegten ihre Tränen. »Ich möchte nach Hause, bitte«, flüsterte sie.
Er hörte nicht auf, sie zu streicheln. »Nachdem Sie bei den Delgados vorbeigefahren sind.«
Sie seufzte. »Ja.«
»Ich habe Ihnen bereits gesagt, dass ich mitkomme. Nehmen Sie Ihren Rucksack. Wir brechen gleich auf.«
Paige nickte und trat einen Schritt zurück.
»Da ist noch etwas.«
Sie blickte ihn fragend an.
»Ich muss die Polizei informieren. Jetzt, da ich die Fotos gesehen habe, habe ich eine gewisse Verantwortung.«
Paige schloss die Augen und spürte, wie ihr Herz schneller schlug. »Ich weiß«, sagte sie. »Aber ich habe einfach ein ungutes Gefühl.«
»Ich habe Morton und Bashears bereits heute Morgen mitgeteilt, dass Elena Muñoz vor ein paar Tagen bei mir war, um eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu erwirken.«
»Also wussten Sie es tatsächlich schon«, sagte Paige. »Und jetzt geben Sie ihnen die Ausdrucke der Bilder?«
»Nein.«
Sie sah verdutzt zu ihm auf. »Nein?«
»Ich habe eine Freundin bei der Mordkommission, ihr werde ich die Fotos geben. Sie heißt Stevie Mazzetti. Ihr vertraue ich blind.«
»Das ist gut«, sagte Paige langsam. »Aber ich möchte ihr ebenfalls vertrauen können.«
»Das verstehe ich. Stevie war an den Ermittlungen damals nicht beteiligt. Als Crystal getötet wurde, war sie gerade wegen eines Trauerfalls freigestellt, danach ging sie direkt in Mutterschaftsurlaub. Sie hat nichts von alldem mitbekommen.«
Das hatte Paige nicht erwartet. »Und woher wollen Sie das wissen?«
»Ihr Mann und ihr fünfjähriger Sohn wurden bei einem Raubüberfall getötet, als Stevie schwanger war. Danach hat sie sich nur noch auf das Baby in ihrem Bauch konzentriert und versucht, nicht verrückt zu werden. Sie hat nicht mal die Nachrichten gesehen – aus Selbstschutz. Ihr Mann und ich waren Kollegen. Er war ein verdammt guter Anwalt und ein guter Freund. Ich kenne Stevie schon seit vielen Jahren. Sie wird das Richtige tun.«
Mazzetti. Der Name kam Paige bekannt vor. Ihr fiel ein, was Clay heute Morgen gesagt hatte, und ihre Furcht legte sich ein wenig. Mazzetti hatte den Mordfall an Clays früherer Partnerin untersucht und war diejenige bei der Polizei, der Clay vertrauen zu können glaubte. »Also gut«, sagte sie daher. »Mir ist von Anfang an klar gewesen, dass Sie es jemandem sagen müssen. Dann tun Sie es.«
Etwas in seinem Blick veränderte sich. »Ich rufe Sie von unterwegs an. Pfeifen Sie Ihren treuen Spürhund zu sich.«
Sie musste lachen. »Meinen treuen Spürhund?«
Er zuckte die Achseln. »Auch ich lese zu viele
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