Todeskleid: Thriller (German Edition)
Grayson, die Stirn zu runzeln. »Was spielt denn das für eine Rolle?«
Sie blickte zu ihm auf. »Es geht mir nicht darum, dass ihr Kleid angeblich ›Nimm mich!‹ geschrien hat, keine Sorge. Ich frage mich bloß, wo sie das Pfefferspray versteckt haben soll. Das Kleid sieht nicht aus, als hätte es Taschen.«
»Du gehst also davon aus, dass es ihr Spray war.«
»Na ja, dass Männer so etwas bei sich haben, ist doch eher untypisch.«
»Hast du so was dabei?«
»Ja, immer. Heute nicht, weil ich ursprünglich ins Gericht wollte. Es ist in meinem Rucksack verstaut, es sei denn, ich fühle mich nicht sicher. Dann stecke ich es in meinen BH. Aber dieses Kleid hier kommt mir sehr kurz und sehr eng vor. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie irgendwo eine Dose Pfefferspray am Körper hätte verbergen können, selbst wenn diese nur Lippenstiftgröße hatte. Sie muss eine Tasche dabeigehabt haben.«
Er runzelte die Stirn. »Ich kann mich nicht erinnern, ob es eine Tasche gab oder nicht.«
»Der Bericht listet unter den Gegenständen, die man am Tatort gefunden hat, keine auf. Sie muss doch Kreditkarten bei sich gehabt haben. Vielleicht ein Handy. Schlüssel. Dazu braucht man eine Tasche.«
»Wir haben ihre Finanzen überprüft. Die Kreditkarten waren bis ans Limit ausgereizt, und ihr Konto war leer, also war sie womöglich wirklich ohne Karten unterwegs. Ein Handy besaß sie auch nicht, jedenfalls keines mit Vertrag.«
»Aber sie muss doch Autoschlüssel gehabt haben, Bargeld für den Bus oder ein Monatsticket. Irgendwie musste sie ja nach Hause kommen. Außerdem geht kein Mädchen auf eine Party, ohne nicht wenigstens einen Lippenstift mitzunehmen. Sie muss eine Tasche gehabt haben. Ob das Pfefferspray darin war, ist eine andere Frage.«
»Warum hältst du das für wichtig?«
»Wenn sie zu der Party gegangen ist, um sich zu amüsieren, dann hätte sie das getan. Aber sie wollte sich nicht unter die Gäste mischen. Sie ist weitgehend nüchtern geblieben und trug – wahrscheinlich – Pfefferspray bei sich. Sie hatte etwas vor.«
»Zum Beispiel?«
»Himmel, was weiß ich? Sie war pleite, hast du gesagt? Vielleicht wollte sie die Reichen auf dieser Party bestehlen. Vielleicht wusste sie von den Drogen und der Orgie und wollte die Gäste erpressen. Oder ihnen sogar etwas verkaufen.« Sie hielt plötzlich inne. »Moment mal. Auch auf der Bank war kein Geld mehr?«
»Weniger als fünfzig Dollar. Wieso?«
»Weil sie die Vorlesungen an der Georgetown University bezahlen musste, und die sind nicht billig. Warum sollte sie Geld, das sie nicht besaß, für die Uni ausgeben, wenn sie ihn genauso gut in der Mensa hätte abpassen können?«
Er blinzelte. »Keine Ahnung. Vielleicht hatte sie Angst, dass er Erkundigungen über sie einholte und feststellte, dass sie gar nicht dort studierte.«
»Möglich. Auf jeden Fall wird es umso wichtiger, den Grund herauszufinden, warum sie unbedingt auf diese Party wollte. Sie hat Rex nicht einfach angeschwindelt, sie hat ein paar hundert Dollar ausgegeben, um in seiner Nähe zu sein. Dann aber ist sie nicht in seiner Nähe geblieben, sondern in den Schuppen gegangen. Wieso?«
»Auf dem Zettel, den man bei ihr fand, stand ›Gärtnerschuppen um Mitternacht‹. Unterzeichnet mit ›R.M.‹.«
»Ramon Muñoz«, murmelte sie, »oder Rex McCloud.«
»Was der Grund dafür war, warum ich mir das ganze elend lange Video reingezogen habe: lauter betrunkene nackte Leute, die im Pool miteinander vögelten. Ich musste sicher sein, dass Rex die Party nicht zum Tatzeitpunkt verlassen hatte, wenn ich die politische Suppe nicht unnötig aufrühren wollte. Es wäre doch bloß viel Lärm um nichts gewesen.«
Zumal er sich sicher gewesen war, den Schuldigen gefunden zu haben. Ich habe nicht so gründlich gearbeitet, wie ich es hätte tun müssen. Das Eingeständnis erschütterte ihn. Beschämte ihn. Paige betrachtete ihn stumm, und er hatte das unbehagliche Gefühl, dass sie ahnte, was in ihm vorging.
»Hast du Crystal auf dem Video entdeckt?«, fragte sie.
»Nein. Sie ist anscheinend nie am Pool gewesen, und die Kamera war ausschließlich auf den Bereich gerichtet. Rex McCloud dagegen hat sich kein einziges Mal von dort entfernt.«
»Hast du das Band noch?«
»Nein. Aber ich kann es dir besorgen, wenn du es selbst überprüfen willst.« Ihm entging nicht, wie defensiv er klang.
Sie begegnete seinem Blick. »Ich würde einfach gerne wissen, wer sonst noch auf der Party war. Bei der Leiche
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