Todeskleid: Thriller (German Edition)
Aktivitäten oder Vergewaltigung«, ergänzte Grayson.
»Wenigstens das.« Sie fuhr fort: »›Crystal war auf dem Community College gewesen, wo sie ihren Abschluss in Wirtschaft machte, besuchte jedoch auch eine Vorlesung in Politikwissenschaften an der Georgetown University. Dort begegnete sie Rex McCloud, der sie zu dieser Party einlud‹.«
»Ah, Rex McCloud«, murmelte Grayson. »Der Enkel des pensionierten Senators James McCloud. Sobald das Wort ›Senator‹ im Raum stand, duckten sich die damaligen Behörden, und mir kam es vor, als bewegte ich mich tagtäglich durch ein Minenfeld.«
»Hier im Protokoll steht nicht viel über diesen Rex«, stellte Paige zögernd fest.
»Die Polizei hat ihn recht früh von der Liste der Verdächtigen gestrichen, und man legte uns nahe, die Familie nicht weiter zu behelligen.«
»Sonderbehandlung?«, hakte sie nach.
»Ja und nein. Es gab und gibt einige Mitglieder der Oberschicht, die sich von den McClouds politische Unterstützung erhofften, und diese waren natürlich bestrebt, ›Unannehmlichkeiten‹ von der Familie fernzuhalten. Wenn Rex für uns interessant gewesen wäre, hätte ich ihn dennoch in die Mangel genommen. Aber er war es nicht.«
»Zumindest damals nicht«, sagte sie.
»Zumindest damals nicht«, stimmte er zu. Er warf einen Blick auf seine eigenen Notizen. »Crystal hatte sich Rex als Amber vorgestellt und behauptet, dass sie genau wie er an der Universität studierte. Dass sie gelogen hatte, erfuhr er erst nach ihrem Tod. Sie hatte nur eine Eintrittskarte für diese Party haben wollen. Man munkelt, Rex’ Partys seien in den entsprechenden Kreisen legendär gewesen.«
»Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll, nehme ich an.«
»Wohl mehr Sex and Drugs«, sagte Gray. »Die Musik hatte bestenfalls Alibi-Funktion. Rex hat natürlich behauptet, er habe niemanden Drogen konsumieren sehen.«
»Und du hast ihm geglaubt?«
»Nein, aber er war ja nicht wegen Drogenmissbrauch oder Dealerei angeklagt, sondern Zeuge im Mordprozess gegen Ramon Muñoz. Rex hatte an diesem Abend ziemlich viel getrunken und Crystal irgendwann aus den Augen verloren. Er nahm an, sie wäre gegangen, weil er sich mit einem anderen Gast vergnügt hatte.«
»Und wo waren die Erwachsenen auf dieser Party?«, fragte Paige.
»Rex war schon volljährig – einundzwanzig damals. Seine Mutter war geschäftlich unterwegs, sein Stiefvater hatte ein Schlafmittel genommen. Die Großeltern sagten, sie hätten sich früh hingelegt und nichts mitbekommen.«
Paige blickte skeptisch auf. »Sie wollen nichts von Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll in ihrem Garten mitbekommen haben?«
»Das Anwesen ist sehr groß. Der Pool liegt ein gutes Stück vom Haus entfernt, also haben sie wahrscheinlich wirklich nichts gehört. Aber ich gehe davon aus, dass sie vor allem nichts hören wollten. Der Junge war ein Draufgänger, die Mutter nicht da, der Stiefvater offenbar eine Null – zumindest aber unbedeutend. Vielleicht waren die Großeltern unwillig – oder unfähig –, dem Burschen Paroli zu bieten.«
Sie runzelte die Stirn und dachte nach. »Ich habe ein paar Recherchen zu den McClouds angestellt.«
Ihr Tonfall ließ ihn stutzen. »Warum?«
Sie sah ihm direkt in die Augen. »Weil Rex’ Name im Protokoll kaum auftaucht, obwohl er mit dem Opfer an diesem Abend verabredet war, und weil es mir schwerfiel zu glauben, dass niemand auf dem Anwesen mitbekommen haben wollte, was während der Party abging.«
»Rex hatte ein Alibi«, erklärte Grayson ruhig.
Sie zuckte die Achseln. »Wenn man reich genug ist, kann man sich Alibis kaufen. Die McClouds sind reich.«
Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und betrachtete sie. Er hatte Rex’ Alibi höchstpersönlich überprüft, weil er damals genau dasselbe gedacht hatte. Trotzdem wollte er gern wissen, welche Schlüsse sie gezogen hatte und weshalb. »Okay, du hast also recherchiert. Mit welchem Ergebnis?«
Ihr Blick besagte, dass sie seine Absicht durchschaut hatte. »Die McClouds haben ihr riesiges Vermögen ursprünglich mit Kohle gemacht. Ihnen gehören noch immer einige Minen in West-Maryland, außerdem halten sie die Aktienmehrheit bei verschiedenen Energieversorgern in den USA und Europa. Sie spenden hohe Summen an gemeinnützige Organisationen und haben Anfang der Achtziger die McCloud-Stiftung gegründet. Sie rufen zu Spenden auf, vermitteln Stifter an die richtigen Projekte – solche Dinge. Im Jahr 2000 verabschiedete sich der Senator nach dreißig
Weitere Kostenlose Bücher