Todeskommando Solar
schlechter gehen könne als da, woher er gerade komme, und schließlich mit den exakt-wissenschaftlichen Angaben Captain Keefauvers, der ihm mehrere Male versichert hatte, außer einem Loch im Schutzanzug oder einem Methan-Ammoniak-Sturm von mehr als Windstärke 10 gebe es auf dem Neptun nichts, wovor er Angst zu haben brauche.
Der Einschnitt in der Hügelkette war von ihrem gegenwärtigen Rastplatz nur noch fünf Kilometer entfernt. Eugenio brauchte dazu kaum mehr als eine Stunde. Er fühlte sich müde und zerschlagen; aber die Neugierde trieb ihn weiter. Von Zeit zu Zeit informierte er Joyce darüber, daß der Weg immer noch so aussehe wie bisher: eine felsige Fläche mit mehr oder weniger großen Steinen darauf.
Die Hügel erregten Eugenios besondere Aufmerksamkeit. Sie waren wild zerklüftet, wie es auf der Erde höchste Bergspitzen zu sein pflegten; dabei ragten sie kaum hundert Meter über die Ebene auf.
Eugenio verstand wenig von Chemie. Aber er vermochte sich vorzustellen, daß ständige Ammoniakregen andere Formen der Erosion hervorriefen wie die Verwitterungseinflüsse der Erde.
Die Lücke erwies sich als ein etwa hundert Meter breites Tal, das zwischen den Hügeln hindurchführte. Auf der anderen Seite der Kette begann sich die Ebene zunächst langsam, dann immer schneller zu senken.
Eugenio rief Joyce an und riet ihr, bis zu dem Einschnitt vorzurücken. Sie war damit einverstanden.
Das Gefälle wurde schließlich so stark, daß Eugenio auf allen vieren, mit den Füßen voran, zu klettern begann.
Als er den Neigungswinkel auf fünfundvierzig Grad schätzte, schwenkte der Boden jedoch zurück und ging langsam wieder in die Waagrechte über.
Eugenio fiel über eine flache Bodenschwelle, die wie ein Straßengraben aussah, und stand dann auf einem Stück Boden, das sich im Schein seiner Lampe deutlich von dem unterschied, was er bisher unter den Füßen gehabt hatte.
Er bückte sich und kratzte mit den verstärkten Fingerspitzen seiner Handschuhe auf dem Boden herum. Das Material war weich; von seinem Kratzen blieben Spuren zurück.
Er zog das Messer aus der Tasche, das zur Standardausrüstung gehörte, und löste ein würfelförmiges Stück aus dem Boden. Interessiert hob er es auf und betrachtete es dicht unter der Lampe.
Plötzlich lachte er hell auf. Joyce, die sein Lachen über den Helmsender hörte, fragte erschrocken:
„Was ist los mit Ihnen, Marchese?“
Eugenio lachte noch immer.
„Ich habe etwas entdeckt. Zunächst schien es mir sehr rätselhaft; aber nachdem ich meinen müden Geist genügend angestrengt hatte, fand ich heraus, daß es Wasser ist, ganz simples, gefrorenes Wasser!“
„Wasser?“
„Ja, Wasser; ich meine natürlich Eis! Aber wenn wir es ein bißchen warm machen, wird es das schönste Trinkwasser sein!“
Joyce zeigte sich aufgeregt.
„Wir kommen! Ist das Gelände geeignet, ein Lager aufzuschlagen?“
„Das Gelände ist so wie sonst überall. Wenn wir die Steine beiseitetragen, können wir hier unsere Zelte aufbauen!“
„Gut, wir kommen!“
„Wie weit sind Sie jetzt?“
„Noch ungefähr einen Kilometer bis zum Einschnitt!“
„Dann brauchen Sie noch anderthalb bis zwei Stunden! Ich warte hier auf Sie. Warnen Sie die Leute, das Gelände fällt stark ab! Ich gebe Lichtzeichen!“
„Einverstanden!“ antwortete Joyce.
Eugenio streifte eine Weile ziellos in der Gegend umher und setzte sich dann am Seeufer nieder – jene straßengrabenartige Böschung, über die er vorhin gefallen war.
Der Neptun-Tag war zu Ende gegangen. Der helle Fleck der Sonne war hinter dem Horizont verschwunden; was blieb, waren die trüben Lichtpunkte der Sterne.
In der Helligkeit bestand nicht viel Unterschied. Der Tag war kaum heller als die Nacht gewesen.
Eugenio setzte sich über den Zweitsender mit Keefauver in Verbindung.
Dann gab er sich dem endlosen Schweigen hin, das die Landschaft ausstrahlte. Nicht einmal ein Windzug setzte die Membran der Außenmikrophone in Bewegung. Es war still wie auf dem Mond.
Dabei wußte Eugenio, daß die Stürme der Methanplaneten gefürchtet waren.
Seltsames, heimliches Grauen kroch in ihm hoch. Die glatte, spiegelnde Eisfläche vor ihm, von der der letzte Wind selbst das kleinste Staubstückchen hinweggefegt hatte, schien ihn hypnotisieren zu wollen. Er sah die reflektierten Lichtpunkte der Sterne, seine Gedanken verloren sich, und manchmal glaubte er in der erschreckenden Finsternis, er habe den Himmel zu seinen Füßen.
Er riß sich
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