Todeskommando Solar
zusammen.
„Eugenio“, murmelte er, „nimm dich in acht! Keine Zeit für Neptun-Romantik!“
Das Gemurmel war zu schwach, als daß Joyce oder jemand anders es hätte hören können.
Eugenio horchte in sich hinein. Etwas Fremdes war dort; etwas, was ihm Furcht einjagte und ihm gleichzeitig den Drang einflößte, auf den See hinauszugehen.
Er stand auf und machte ein paar Schritte auf die glitzernde Fläche hinaus. Er rutschte aus, schlug lang hin und stand fluchend wieder auf.
Der Drang hatte nicht nachgelassen. Eugenio fühlte deutlich, daß er von außen kam. Wie er so dastand und auf sich selbst horchte, glich er einem, der aus seiner eigenen Haut gefahren war, neben sich stand und sich selbst beobachtete.
Er erkannte, daß das Fremde sich bemühte, seine Gedanken unter Kontrolle zu bringen. Und wenn Eugenio die Phänomene der Hypnose auch noch nie am eigenen Leib erfahren hatte, so hatte er doch viel darüber gelesen, und es war ihm fast augenblicklich klar, daß es etwas in dieser Stein- und Eiseinöde geben mußte, was ihn auf telepathischem Wege zu beeinflussen suchte.
Zum zweitenmal betätigte er Keefauvers Geheimsender und informierte den Kommandanten.
„Können Sie feststellen, wovon es ausgeht?“ fragte Keefauver.
„Es zieht mich auf den See hinaus, und ich habe nachgegeben. Ich bin jetzt etwa zweihundert Meter vom Ufer entfernt, aber der Drang hat noch nicht nachgelassen!“
„Hm! Ist es ganz gewöhnliches Eis?“
„Soweit ich erkennen kann, ja. Aber ich muß zugeben, daß meine chemischen Kenntnisse nicht allzu weit reichen.“
Keefauver schwieg eine Weile. Dann fragte er:
„Haben Sie eine Meinung?“
Eugenio überlegte sich seine Antwort.
„Es könnte irgend etwas in dem See sein, nicht wahr?“
„In einem gefrorenen See?“
„Er muß nicht bis auf den Grund gefroren sein!“
„Lieber Freund, Sie haben eine Außentemperatur von rund 150 Grad minus. Bei dieser Kälte friert ein See, wenn er aus Wasser besteht, sogar bis unter den Grund!“
„Dann weiß ich nichts mehr!“
„Gut. Ist der See groß?“
„Ich kann mit meiner Lampe das gegenüberliegende Ufer nicht erreichen!“
„Das ist großartig! Bei Gelegenheit werde ich selber kommen, um mir das Ding anzusehen. Ich sage Ihnen rechtzeitig Bescheid! Ende!“
„Ende!“ wiederholte Eugenio trocken.
Er schaltete den Normalsender wieder ein und hörte Joyces Befehle an ihre Leute deutlicher als zuvor. Sie konnten nicht mehr weit entfernt sein.
Er erinnerte sich plötzlich, daß er Lichtsignale geben wollte, und schwenkte seinen Handscheinwerfer hin und her, wobei er den Kegel in die Richtung lenkte, aus der er gekommen war.
Weiter oben antwortete eine andere Lampe.
„Sie sind richtig!“ sagte Eugenio.
* *
*
Die fünf Zelte aus Duroferrit waren kleine Wunderwerke. Nachdem sie den ersten Sturm überstanden hatten, der mit Windgeschwindigkeiten bis zu 300 km/h über den See daher- und zu den Hügeln hinaufbrauste, wußten sie es.
Das Material, aus dem die Zelte bestanden, war in seiner Struktur veränderlich; und zwar wurden die Gitterkräfte größer, je stärker die äußere Belastung war.
Dies alles hatte ihnen Keefauver, gesagt, bevor sie das Schiff verließen. Sie glaubten es nicht – bis nach diesem Sturm.
„Also scheinen wir hier recht sicher zu sein“, sagte Joyce befriedigt, nachdem das letzte Heulen der Böen verklungen war. „Ich dachte schon, es würde uns bis in den Himmel hinaufblasen!“
Sie bewohnte eines der Zelte zusammen mit dem leichtverwundeten Gwedlyn, Eugenio und ein paar Frauen.
Eugenio stellte fest, wie sie von Minute zu Minute sicherer wurde. Auch das Benehmen der Leute begann sich zu ändern. Bisher hatten sie mürrisch und zögernd ihre Befehle ausgeführt, als warteten sie darauf, einen neuerlichen Fehler zu entdecken, um sich ihrer dann völlig zu entledigen; aber mit Joyces Selbstbewußtsein kehrte auch der Respekt ihrer Leute zurück.
Innerhalb der Zelte wurde im allgemeinen keine Schutzkleidung getragen. In einer automatisch arbeitenden Reduktionskammer, einem im Vergleich zu seiner Leistung winzigen Apparat, den sie am Seeufer auf dem ohne Zweifel sauerstoffhaltigen Gestein aufgestellt hatten, wurden genügende Mengen Frischluft hergestellt und über Schläuche, die sie vorsichtshalber in die Erde versenkt hatten, in die Zelte geleitet.
Der Temperaturausgleich arbeitete ideal. Die zehnlagigen Zeltwände brauchten nur eine
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