Todeskommando Solar
geringe Menge Zusatzenergie, um die mörderischen Temperaturen der Planetoberfläche vom Zeltinnern abzuwehren.
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Im Laufe der Tage beruhigten sich die Leute. Man sah, daß alles reibungslos funktionierte. Es zeigte sich, daß das Leben in den Zelten noch weitaus angenehmer war als im Schiff.
Joyce bemühte sich, ihre Herrschsucht nicht allzu offen an den Tag treten zu lassen, und so war es kein Wunder, daß in dem kleinen Zeltdorf eine Zufriedenheit einzog, die Eugenio zwar in gewissem Maße geheuchelt und mehr ein Mittel zu sein schien, die im Herzen der Menschen schwelende Unruhe zu überdecken, die aber dennoch für ein ruhiges, von keinem Zwischenfall belastetes Leben sicherte.
Während eines Ausflugs, den er rund um das Seeufer unternahm, berichtete Eugenio darüber dem Kommandanten, und Keefauver zeigte sich über den Bericht äußerst befriedigt.
„Wir treffen Vorbereitungen“, erklärte er Eugenio, „eine H-Bombe zu zünden. Vielleicht wird die Beobachtungsstation auf Ceres darauf aufmerksam. Ceres steht im Moment in günstiger Position. Es ist die einzige Möglichkeit, Hilfe zu bekommen!“
So schien alles aufs beste geregelt, bis jenes Ereignis eintrat, wie sie der Mensch, seine eigene Welt gewohnt und bisher über ihren Bannkreis nie hinausgekommen, sich nicht auszudenken und vorzustellen wagte.
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Eine Frau wurde plötzlich krank. Am Morgen des etwa fünfzehneinhalbstündigen Neptuntages verspürte sie nur leichtes Unwohlsein, gegen Mittag konnte sie kaum mehr auf den Beinen stehen, und gegen Abend starb sie, ohne daß jemand hätte ergründen können, was ihr fehlte.
Dieser Vorfall scheuchte das ganze Lager aus seiner Pseudo-Zufriedenheit auf. Eine Delegation von zwei Frauen und einem Mann wurde zur Solar geschickt, um Keefauver um Medikamente zu bitten.
Bevor die Gruppe zurückkehrte, waren zwei weitere Frauen gestorben, und bei dem vierten Fall, der das Anfangsstadium kaum überschritten hatte, erwiesen sich die mitgebrachten Mittel als völlig nutzlos. Auch die vierte Frau starb siebeneinhalb Stunden, nachdem sie das erste Anzeichen von Übelkeit festgestellt hatte.
Im Lager herrschte eine unbeschreibliche Verwirrung und Niedergeschlagenheit. Es war ebenso rätselhaft, woran die vier Frauen gestorben waren, wie man es sich nicht erklären konnte, warum die Krankheit nur Frauen befiel.
Zwei Tage später kam Keefauver selbst vom Schiff herüber. Eugenio bewunderte seinen Mut; aber Keefauver hielt den Helm seines Schutzanzuges auch innerhalb der Zelte geschlossen und versprach Joyce über den Augenlautsprecher, er werde beim geringsten Anzeichen von Aufsässigkeit ein Loch in die Zeltwand schießen und dann zusehen, wie den Leuten die Methan-Ammoniak-Atmosphäre des Neptun bekomme.
Sein Besuch war nur insofern ein Mißerfolg, als auch er nicht ergründen konnte, woran die vier Frauen gestorben waren und wahrscheinlich auch die fünfte, sechste und siebte, die sich gerade hingelegt hatten, sterben würden, wenn nicht in der Zwischenzeit ein Wunder geschah.
Eugenio war der einzige, den die allgemeine Panik nicht erfaßte, und er beschäftigte sich damit, seine Umwelt scharf zu beobachten.
Das erste, was ihm auffiel, war die Tatsache, daß der Trinkwasserverbrauch zu steigen begann. Dies war eine Erscheinung, die in so auffälliger Weise zeitlich mit den ersten seuchenhaften Erkrankungen unter den Frauen zusammenfiel, daß sie nicht unbemerkt bleiben konnte.
Die Lagergruppe bezog, nachdem man festgestellt hatte, daß der See vor den Zelten wirklich aus echtem Eis ohne jede Beimengung bestand, das Trinkwasser aus dem See. Mit den Werkzeugen, die sie vom Schiff mitgenommen hatten, hackten die Männer große Eisblöcke aus der Seeoberfläche, warfen sie in den Zelten in Eimer und warteten, bis sie geschmolzen waren. Das Wasser schmeckte besser als irdisches Leitungswasser; niemand fand es nötig, es vor dem Genuß abzukochen.
Etwa zur gleichen Zeit stellte Eugenio fest, daß der hypnotische Zwang, der ihn bisher jedesmal befallen hatte, wenn er das Zelt verließ und sich dem See näherte, schwächer wurde.
Er war weit davon entfernt, die Zusammenhänge zu durchschauen oder sich aus den verschiedenen Einzelbeobachtungen auch nur annähernd ein Bild machen zu können; aber er ging dazu über, sein eigenes Trinkwasser abzukochen, bevor er es zu sich nahm.
Alles, was in den letzen Tagen
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