Todesläufer: Thriller (German Edition)
Beamten nicht, dass er und seine Leute unverrichteter Dinge abziehen mussten. Fast überall kamen sie zu spät. Das FBI hatte gemeinsam mit dem Heimatschutz anhand der Unterlagen über Patienten, die der Aufforderung ihres Krankenhauses nicht gefolgt waren, eine Liste möglicher oder bereits aktivierter Läufer erstellt. Wer sich weder zu einer »Überprüfung« seiner Batterie eingefunden hatte noch zu Hause war, dürfte sich bereits auf den Weg gemacht haben.
Der in Atlantic City aufgefundene Umschlag war für die Ordnungskräfte aufschlussreich gewesen: Obwohl sämtliche Fernsehsender in Endlosschleife grauenerregende Bilder von in Stücke gerissenen Läufern zeigten, war nicht Angst allein ausschlaggebend dafür, dass die Implantierten ihr Zuhause verließen. Ihnen wurde zugesagt, sie würden an ihrem Bestimmungsort etwas vorfinden, womit sie den Sprengsatz in ihrem Brustraum entschärfen könnten. Eine Inspektion der sensiblen NSA -Standorte hatte allerdings nichts ergeben, das auch nur im Geringsten dazu getaugt hätte …
Endlich senkte der Beamte die Waffe.
»Hat er heute schon Post bekommen?«
»Ja …« Sie wies auf ein Lacktischchen in der Diele.
Auf eine gebieterische Handbewegung seines Vorgesetzten hin durchsuchte einer der Männer in Schwarz, auf dessen Rücken die Buchstaben SWAT prangten, rasch den Briefstapel.
»Nichts, Chef. Der Umschlag ist nicht mehr da.«
Las Vegas
Shad Stevens hatte gar nicht erst das Eintreffen des für ihn bestimmten Briefs abgewartet, sondern gleich das Nötigste zusammengerafft und sich auf den Weg gemacht. In den breiten Straßen der Stadt waren Fußgänger selten und daher rasch zu identifizieren.
Möglicherweise hatte ja die Post nicht zuverlässig gearbeitet, so dass ihn die unheilvollen Anweisungen nicht rechtzeitig erreicht hatten. Zweifel konnte er sich nicht leisten, nicht, wenn so viel auf dem Spiel stand.
Er ging ziellos dahin, wusste nicht, wann – oder ob überhaupt – der Mechanismus in seiner Brust ausgelöst würde. Man hatte ihm den Schrittmacher vor fünf Jahren eingesetzt, und er hatte stets einwandfrei funktioniert. Aber Shad gehörte nicht zu den Menschen, die warten, bis das unausweichliche Schicksal zuschlägt.
Er war noch keine zwei Kilometer weit gekommen, als er in einer benachbarten Wohnsiedlung zum ersten Mal mit etwas beworfen wurde. Eine ungeöffnete, volle Cola-Dose. Da der Wurf nicht gut gezielt war, platzte sie einige Schritte von ihm entfernt am Boden auf und setzte eine Wolke klebriger Tröpfchen frei. Weitaus beunruhigender waren die Worte, die das Geschoss begleiteten.
Hinter einem dunklen Fenstervorhang drohte eine Männerstimme: »Verpiss dich!«
Eine Frauenstimme kam hinzu: »Wenn Sie schon in die Luft fliegen müssen, dann tun Sie das gefälligst woanders! Hier wohnen Kinder!«
Während er einen Schritt zulegte, traf ihn ein Stein an der Schulter, der vermutlich seinem Kopf gegolten hatte. Er wusste noch nicht, dass das der erste einer endlosen Reihe war.
Miami
Schon gut, nur keine Panik .
Je öfter sich Lora Santiago das vorsagte, desto kürzer ging ihr Atem, und desto mehr bedrückte sie das Gewicht auf ihrer linken Brust. Dem Brief zufolge, den sie gerade erhalten hatte, sollte der Sprengsatz in zwei Minuten automatisch scharfgemacht werden.
Die Anweisungen waren unmissverständlich: Sie sollte den Umschlag vernichten, bevor sie das Haus verließ. Aber dazu blieb ihr keine Zeit. Da ihr außerdem nicht klar war, wie sie das gefahrlos tun konnte, steckte sie ihn schließlich hinter den Gummizug ihrer Jogginghose. Dort schmiegte er sich an ihren flachen Bauch, dessen Muskeln sie dreimal pro Woche trainierte.
Auch wenn mir das jetzt nichts mehr nützt …
Nachdem sie die Wohnungstür hinter sich zugezogen hatte, ging sie mechanisch zum Aufzug und drückte auf den Rufknopf. Zum Glück öffneten sich die Türen sogleich. Im bleichen Kunstlicht sah Lora ihr Spiegelbild an der Rückwand der Kabine. Der Ausdruck der Angst auf ihrem Gesicht gefiel ihr überhaupt nicht; sie wirkte viel älter als zweiundvierzig. Sie drückte den Knopf für das Erdgeschoss, und als sie sich umwandte, hatte sie gerade noch Zeit zu sehen, wie sich die Falle schloss.
Nein …! Blitzartig ging ihr auf, welchen Fehler sie begangen hatte.
Sie explodierte zwischen der vierten und dritten Etage. Ihr tödlicher Irrtum erschütterte das gesamte Treppenhaus und weckte die letzten Bewohner, die noch geschlafen hatten.
San Francisco
Der
Weitere Kostenlose Bücher