Todesläufer: Thriller (German Edition)
gekreuzten Händen an dessen Lehne gedrängt.
Sein Telefon fiel zu Boden.
»Dad? Dad, ist alles in Ordnung?«
Kelly Coopers ferne Stimme war voll Unruhe, weil niemand auf ihre ängstliche Frage antwortete.
»Ruf Benjamin an! Mach schon!«, gebot Salz seinem Assistenten Roy.
Zwei in Erster Hilfe ausgebildete, stämmige Geheimdienstleute entnahmen einem Lackkoffer in Windeseile eine Stahlflasche und setzten dem Präsidenten eine Sauerstoffmaske auf. Einen Augenblick später brachten sie ihn aus dem »Bunker« in das Behandlungszimmer des Weißen Hauses.
Roy Patrow hielt seinem Vorgesetzten ein schnurloses Telefon hin.
»Guten Tag, Harold. Der Präsident hat soeben einen Schwächeanfall erlitten.«
Da der Rest des Gesprächs vertraulich war, zog sich Salz in den kleinen Salon zurück. Während der Arzt dem Stabschef anvertraute, was er zu sagen hatte, schloss dieser, einem inneren Bedürfnis gehorchend, hinter sich die Tür. Dann setzte er sich, totenblass und benommen.
»Wollen Sie damit sagen, dass sein Gesundheitsbericht … geschönt wurde?«
12 UHR 00 – WASHINGTON DC – WEISSES HAUS – BEHANDLUNGSZIMMER
Die allgemeine Unruhe war von kurzer Dauer gewesen.
Schon bei seinem Eintreffen im Behandlungszimmer hatte Präsident Cooper das Bewusstsein so weit wiedererlangt, dass er sich kategorisch dagegen verwahrte, vom Bereitschaftsarzt Dr. Schwarb abgehört zu werden. Während sich seine Frau und beide Töchter bei kleinen Unpässlichkeiten von Schwarb hatten behandeln lassen, hatte er selbst ihn während seiner gesamten Amtszeit im Weißen Haus noch nie hinzugezogen. Er verließ sich in jeder Beziehung auf Dr. Benjamin, der als einziger Arzt zu ihm vorgelassen wurde.
Schwarb beschwor ihn: »Mr. President, seien Sie vernünftig. Ich habe mit Harold Benjamin gesprochen. Er wird frühestens in zwanzig Minuten eintreffen.«
Adrian Salz stürmte herein.
»Lassen Sie mich mit dem Präsidenten allein.«
»Ich wollte gerade …«
»Sofort!«
Der Ton des Stabschefs duldete keinen Widerspruch.
Stanley Cooper lag auf der Untersuchungsliege und schien nicht in bester Verfassung zu sein. Zwar war er bei Bewusstsein, doch der heftige Schmerz in seiner Brust hatte nicht nachgelassen.
»Verflucht noch mal, Stan, wann hatten Sie vor, es mir zu sagen?«, knurrte Salz wütend. »Vielleicht, wenn Sie sich in den Ruhestand verabschieden?«
Der Präsident sah ihn lange schweigend an. Seine scharf geschnittenen Gesichtszüge wirkten mit einem Mal aufgedunsen, zweifellos vor Ermattung. Benjamin war also schwach geworden und hatte es ausgeplaudert.
»Ist Ihnen klar, was es bedeutet, wenn diese Information bekannt wird?«
»Selbstverständlich … Was glauben Sie, warum ich sie Ihnen bisher vorenthalten habe?«
»Gott im Himmel, ich bin Ihr Wahlkampfleiter! Ich muss alles wissen.«
»Addy, Sie haben genug Erfahrung mit dem Politikbetrieb, um sich auszumalen, was vor Jahren aus dem Gouverneur Stanley Cooper geworden wäre, wenn er sich den Wählern des Landes mit einem angeschlagenen Herzen präsentiert hätte. Ich hätte nicht einmal die Möglichkeit gehabt, den Wahlkampf zu führen, denn meine Gegner hätten mich sofort als untauglich für das Amt hingestellt.«
»Aber das sind Sie doch …« Hastig verbesserte sich Salz: »Ich meine, nach den Buchstaben des Gesetzes.«
»Wie lange hätten wir Ihrer Ansicht nach warten müssen, bis wieder ein schwarzer und glaubwürdiger Kandidat eine Gelegenheit gehabt hätte, das Amt zu gewinnen? Zehn Jahre? Zwanzig? Vielleicht am Sankt Nimmerleinstag …«
»Das sind müßige Spekulationen.«
»Mir blieb keine Wahl. Ich habe diese Entscheidung nicht für mich getroffen, Addy. Sie müssen mir glauben, dass das weit über die Frage meines persönlichen Ehrgeizes hinausgeht.«
Es fiel Salz schwer, seinen Zorn zu besänftigen. Selbstverständlich waren Coopers Argumente vom geschichtlichen Standpunkt aus gesehen richtig. Aber trotzdem …
»Wann sind Sie operiert worden?«
»Was für eine Rolle spielt das?«
»Mr. President, wenn Sie wollen, dass ich jeden möglichen Angriff Ihrer Feinde abwehre, dürfen Sie nichts mehr dem Zufall überlassen.«
»Vor knapp zwei Jahren.«
»In Ihrem Hawaii-Urlaub?«
»Ja.«
»Aber was ist mit den Fotos, die Sie am Strand zeigen, beim Golfspiel …?«
»Die stammen aus dem Sommer vor der Wahl. Auch nach zwei Jahren bleibt ein Strand ein Strand und ein Golfplatz ein Golfplatz. Auf Hawaii habe ich zehn Tage in der Straub-Klinik von Honolulu
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