Todesläufer: Thriller (German Edition)
offensichtlich, dass man auf diese Weise nichts aus ihm herausbekommen würde.
Sicherheitshalber wurden seine beiden Gefährten nacheinander der gleichen duldsamen Behandlung unterzogen, ebenfalls erfolglos, bevor der Alte erneut auf den kleinen Kunststoffhocker gesetzt wurde.
Benton nahm wenige Zentimeter von ihm entfernt auf dem Tisch Platz. Er sprach mit ihm, wie man mit einem alten Freund über die näheren Lebensumstände eines gemeinsamen Bekannten plaudert.
»Zahra hat nicht die geringste Chance zu entkommen … Ein Schütze der Küstenwache hat sie verwundet. Als wir ihr Schlauchboot gefunden haben, war es voller Blut.«
Der Graubart zeigte nicht die Spur einer Reaktion. Nichts, was der FACS -Polygraph hätte aufzeichnen oder interpretieren können.
»Das scheint dem Burschen nicht besonders nahezugehen … Ich vermute, dass er gelernt hat, seine Empfindungen zu verbergen.«
Garys Kommentar im Ohrhörer war überflüssig. Benton hatte selbst schon gemerkt, wie weit sich der Mann unter Kontrolle hatte.
»Die Frau interessiert mich im Augenblick nicht, du aber schon …«
Die plötzliche Bewegung hatte alle überrascht. Auch die Beamten hinter der Scheibe. Mit zusammengekniffenen Augen verzog der Mann das Gesicht vor Schmerz. Benton drehte die Hand, mit der er die Hoden des Alten gepackt hielt, nach rechts, als wollte er eine ebenso schwere wie schwergängige Tresortür öffnen.
»Du glaubst wohl, dass du uns über bist, was?«, stieß er hervor. Er war so nahe herangerückt, dass er beinahe das Gesicht des Mannes berührte. »Du glaubst, dass du damit durchkommst?«
Er hatte die Drehbewegung noch ein wenig verstärkt. Der hinter dem Rücken gefesselte Mann wand sich unter dem stechenden Schmerz wie ein Bogen, womit er seinem Folterknecht eine noch bessere Angriffsfläche bot.
»So, jetzt bin ich auf zwei Uhr … Was meinst du, bis wohin ich drehen muss, um sie dir abzureißen? Vier? Fünf? Einmal ganz rum?«
Ungehemmt flossen Tränen über die wettergegerbten Wangen des Alten hinab in den grauen Bart.
»Ach, wie dumm von mir! Ich hab dich ja gar nichts gefragt! Das hättest du wohl gerne, was? Dass ich dir eine Frage stelle!«
Der Mann mit der Kufiya biss sich die Lippen blutig.
»Hast du etwa angenommen, ich zerquetsch dir die Eier, weil mir das Spaß macht? Nein, dass ich so sadistisch bin, glaubst du ja wohl selber nicht?!«
»Francis! Francis, aufhören! Auf diese Weise erreichen wir nichts … nicht bei dem … Sie sehen ja selbst …«
Augenblicklich lockerte Benton den Griff. Er versetzte seinem Opfer noch einen heftigen Fußtritt zwischen die Beine und verließ unter dem erstickten Schluchzen des Mannes wortlos den Raum.
Auf dem Flur trat Lance Devroe kleinlaut auf ihn zu.
Als hätte er mit dem Verhörten eine Tasse Tee getrunken und ihn nicht die Hölle durchleiden lassen, fragte Benton beiläufig: »Hat man die drei fotografiert?«
»Ja … ja, ich hab die Aufnahmen an die NSA geschickt und vorsichtshalber auch an die CIA . Ebenfalls die Fotos von den beiden, die bei dem Feuergefecht an Bord des Kutters umgekommen sind. Jetzt warten wir auf Antworten.«
Schon bald bekamen sie fünf Blätter mit Personalangaben. Benton konzentrierte sich auf die drei Männer, die sie in Gewahrsam hatten. Die Bilder stimmten mit den Gesichtern überein. Weitere Einzelheiten sowie Hinweise auf Internetlinks am Fuß der Seite verwiesen auf Artikel in World News Connection, dem öffentlichen Pressedienst der CIA , sowie in Intellipedia, dem geheimen Wiki der amerikanischen Nachrichtendienste. Beide Quellen belegten eindeutig, dass es sich nicht um frisch aus dem Trainingslager gekommene obskure Dschihadisten handelte, alle drei waren den Diensten bekannt. Es bestand keinerlei Beziehung zwischen ihnen und diesem Kampf für das Heil des Islam , wie die falsche Bekennerbotschaft den Behörden hatte verkaufen wollen.
»Herr im Himmel! Das sind Sepah!«, rief Benton aus, während er ein Blatt nach dem anderen in die Hand nahm.
»Was sind die?«
»Sepah, Angehörige der iranischen Revolutionsgarde. Sieh dir das mal an!«
Ayatollah Khomeini hatte 1979 die paramilitärische iranische Revolutionsgarde als eine Art Staat im Staat ins Leben gerufen. Seither hatte sie einen unübersehbaren Einfluss auf Wirtschaft und Politik des Landes gewonnen. Fünfzig der größten iranischen Unternehmen unterstanden ihrer unmittelbaren Kontrolle. Vierzehn der einundzwanzig Regierungsmitglieder waren aus ihren Reihen
Weitere Kostenlose Bücher