Todesläufer: Thriller (German Edition)
Kennedy-Flughafen ereignet hat.«
»Sie meinen den Affenzirkus, den diese Verschwörungstheoretiker da veranstaltet haben?«, erkundigte sich General Bryant. Er gab sich nicht die geringste Mühe, seine Belustigung zu verbergen. »Das ist hoffentlich ein Witz. Oder nehmen Sie diese Komiker etwa ernst?«
»Der Leiter unseres New Yorker Büros, Special Agent Benton, hat schon seit einer Weile ein Auge auf die verschiedenen revisionistischen Gruppen, die den Kean-Bericht und seine Schlussfolgerungen anzweifeln.«
»Gibt es dafür einen bestimmten Grund?«, erkundigte sich Harris erstaunt.
»Durchaus. Wir haben Grund zu der Annahme, dass diesen Gruppen ehemalige Nihilisten angehören, die früher gegen ein vermeintliches ›Staatskomplott‹ gekämpft haben. Der 11. September ist ihr neuestes Steckenpferd.«
»Lächerlich!«, platzte Bryant heraus. »Das sind Salon-Agitatoren, aber nie im Leben Bombenleger!«
»Denken Sie an den ›Unabomber‹, General!«, erwiderte Larry Douglas scharf. »Bei dem hat es genauso angefangen, und dann ist er eines Tages hergegangen und hat seine kleinen Höllenmaschinen über das Land verteilt. Und das zu einer Zeit, in der es noch so gut wie kein Internet gab und die Möglichkeit, über soziale Netzwerke Anhänger zu rekrutieren, in weiter Ferne lag. Damals hatte noch nicht jeder mordlüsterne Fünfzehnjährige Zugriff auf Rezepte zum Bombenbasteln so wie heute!«
Sein Ausbruch ließ alle Anwesenden erstarren. Keiner von ihnen hatte das Treiben des berüchtigten Chicagoer Mathematikers Theodore Kaczynski vergessen, der zwischen Ende der siebziger und Mitte der neunziger Jahre sechzehn Briefbomben verschickt und sein Treiben mit obskuren ökologischen Forderungen verbrämt hatte. Zwar hatten sich die Zeiten seit damals geändert, und auch die Möglichkeiten, die zur Verfügung standen, um solchem Gelichter das Handwerk zu legen, waren nicht mehr dieselben, doch diese Geschichte diente nach wie vor als Beleg dafür, dass selbst ein Einzelner mithilfe im Großen und Ganzen recht simpler Mittel das ruhmreiche Amerika in Angst und Schrecken versetzen konnte.
»Glauben Sie, dass diese Leute heute Morgen … allesamt ihr Kool-Aid getrunken haben?«, fragte Adrian Salz beunruhigt.
Liz kramte in ihrem Gedächtnis, um den Hinweis zu entschlüsseln. Im Polizeijargon stand der Ausdruck »sein Kool-Aid trinken« für einen kollektiven Selbstmord. Im November 1978 hatte Jim Jones, der Gründer und Führer des Peoples Temple, dieses aus gefriergetrocknetem Pulver hergestellte Fruchtsaftgetränk im Urwald von Guyana mit hochgiftigem Zyankali versetzt und damit neunhundertvierzehn seiner Anhänger getötet.
»Na ja, als Sekte kann man die Leute nicht betrachten. Sie sind eher so etwas wie die Anarchistengruppen im zaristischen Russland zu Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts.«
Bryant ging hoch: »Großartig, Larry, dann erklären Sie uns doch mal, welche Gründe und welche Mittel eine solche Bewegung haben könnte, um das ganze Land gewissermaßen mit Feuer und Schwert zu verwüsten.«
»Wenn Sie damit Geldmittel meinen – darüber ist uns noch nichts bekannt.«
»Aha!«, triumphierte der General.
»Andererseits zeigt uns ihre kleine Demonstration von heute früh, dass sie bestens informiert sind und die höchstentwickelten Kommunikationstechniken beherrschen.«
»Bedaure, aber das macht sie noch lange nicht zu potenziellen Selbstmordattentätern! Sie haben es selbst gesagt: Heutzutage hat der letzte Trottel Zugang zu dem erforderlichen Wissen.«
»Potenzielle Selbstmordattentäter«. Der Leiter der Geheimdienste hatte als Erster gewagt, in Gegenwart des Präsidenten diesen Ausdruck zu verwenden. Manch einer seiner Vorgänger – und die waren zahlreich, das Amt erwies sich als wahrer Schleudersitz – war für bedeutend Geringeres abgehalftert worden.
»Darauf wollte ich zu sprechen kommen«, gab Douglas zurück, der jetzt seine Worte sorgfältig abwog. »Die ›Wahrheitsbewegung zum 11. September‹ mit ihren Verschwörungstheorien hat ihren Zenit zwischen 2004 und 2008 überschritten.«
» Loose Change ?«, warf Stanley Cooper ein.
Dieser über das Internet verbreitete Dokumentarfilm bildete gewissermaßen die Spitze des Eisbergs der zahllosen Verschwörungstheorien, die über die Ereignisse des 11. September 2001 in Umlauf waren.
»Unter anderem, ja. Die bis heute wichtigste Zusammenkunft zu diesem Thema fand im Juni 2006 in Chicago statt. Von den ungefähr fünfhundert
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