Todeslauf: Thriller (German Edition)
sich Mila zu. »Die Bar ist ja geöffnet – ich hätte gerne einen Scotch.«
Mila beachtete sie nicht. Ich ging um den Schreibtisch herum, um zu sehen, was sie machte. Sie schaltete den Computer ab.
»Deine Frau hat recht«, sagte sie. »Wir müssen in Zaids Haus.«
»Warum?«
»Komm«, sagte sie mit einem kurzen Blick zu Lucy, »wir holen den Scotch für deine Frau.« Sie beugte sich hinunter und rollte Lucy auf ihrem Stuhl in ein kleines leeres fensterloses Zimmer. Sie schlug die Tür zu und schloss ab.
»Was ist los?«
»Meine Vorgesetzten bestehen darauf, dass ich in Zaids Landhaus fahre und die Hinweise auf seine Verbindung zu uns beseitige.«
»Wie meinst du das? Willst du seinen Computer säubern?«
»Ja.«
»Er wurde gerade in aller Öffentlichkeit auf einem Bahnhof ermordet. In seinem Haus wird es bald von Polizei wimmeln.«
»Darum müssen wir uns beeilen. Zaid hat uns doch erzählt, dass sein Anwesen mit einem Bunker ausgestattet ist, in dem die britische Regierung im Zweiten Weltkrieg Zuflucht gefunden hätte, falls England besetzt worden wäre. Wenn er uns irgendwelche Geheimnisse vorenthalten hat – über das, was er Edward gegeben hat –, dann werden wir dort die Antwort finden. Es ist das beste Versteck.«
»Aber warum wollen sie auch dorthin?«
»Weil Yasmin ja offiziell nie entführt wurde. Zaid hat erwähnt, dass niemand davon weiß, nicht einmal ihre Mutter. Also wird Yasmin da sein. Was immer sie vorhaben – sie muss sich jetzt zu Hause sehen lassen, sonst macht sie sich verdächtig.«
Ich fuhr mir mit der Hand durch die Haare.
»Du hast recht. Dieser unterirdische Komplex wäre das perfekte Versteck. Wissen wir, wer auf dem Landsitz wohnt?«
»Das Personal, nehme ich an. Er hatte einen großen Pferdestall.«
»Ich liebe Pferde«, sagte ich.
83
Zaids Tod und die Schießerei am Bahnhof St. Pancras waren in allen Medien das große Thema. Durch die Schüsse war niemand schwer verletzt worden, doch die Täter waren entkommen. Die Polizei hatte bereits Zaids Londoner Haus aufgesucht und befragte die Angehörigen. Ich sah einen Bericht, in dem Zaids blonde Frau gerade ihr Haus in Belgravia betrat. Yasmin ging – nun mit unverhülltem Gesicht – an der Seite ihrer Mutter, den Arm um ihre Schultern gelegt. Mrs. Zaid hatte ausgesagt, dass ihr Mann ihre Tochter vom Bahnhof abholen wollte. Yasmin hätte sie angerufen und ihr gesagt, ihr Zug habe sich verspätet, doch bei ihrer Ankunft war ihr Vater bereits verstorben, offenbar an einem Herzinfarkt.
Sie hatte ihn umgebracht, war geflüchtet und dann mit unverhülltem Gesicht zurückgekehrt, um mit der Familie zu »trauern«.
»Sie vergiftet ihren Vater, und jetzt spielt sie die liebende Tochter.« Mir wurde schlecht bei dem Anblick. Yasmin würde verschwinden müssen, bevor man das Gift im Blut ihres Vaters entdeckte. Wir hatten nicht viel Zeit.
Im Fernsehen sah ich, wie Yasmin Zaid und ihre Mutter sich von den Reportern entfernten, die sich vor dem Haus versammelt hatten, und sich in ihr hübsches Haus zurückzogen. Meine Tochter gehört mir, hatte Zaid gesagt, damals in Amsterdam. Er hatte sich gründlich geirrt.
Ganz früh am nächsten Morgen fuhr ich am Landsitz der Zaids in Kent vorbei, der nicht weit entfernt von Canterbury war. Hohe Steinwände hoben und senkten sich mit den sanften Hügeln der Landschaft. Ich sah mich nach eventuellen Kameras oder Monitoren um, die in den Bäumen oder auf der Mauer angebracht sein konnten. Mila hatte mir eine Satellitenkarte der Gegend gezeigt, außerdem Pläne des Hauses, die sie am Vorabend irgendwie besorgt hatte. Ich verschaffte mir auch einen Eindruck vom näheren Hinterland und kehrte dann wieder um. Die unterirdische Tunnelanlage befand sich unter dem georgianischen Haus und erstreckte sich bis zum Westrand des Anwesens. An einem Ende waren die Stallungen untergebracht, ganz im Westen lag ein Privatflugplatz. Mehrere Bäche und ein kleiner Fluss durchzogen das weitläufige Gelände. Es sah so aus, als würde ein Tunnel in der Nähe der Stallungen enden, die etwa zweihundert Meter von der Mauer entfernt waren. Eine private Straße führte von der Mauer an den Ställen vorbei. Es gab keine Sicherheitsleute, zumindest hatte ich keine entdeckt. Das massive Tor war mit einem Schlüsselkartenleser versehen.
Ich fuhr ins nächste Dorf zurück.
Ich tippte die Telefonnummer ein.
»Hallo?«, meldete sich eine energische Frauenstimme, die kein Anzeichen der Erschütterung nach dem
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