Todeslauf: Thriller (German Edition)
schuldig.«
»Nein, wir sind Ihnen gar nichts schuldig«, entgegnete Howell. »Sie waren so blind, dass Sie einfach nicht gesehen haben, was direkt vor Ihrer Nase war.«
»Lucy ist schuldig? Sagen Sie’s mir.« Oh Gott, hatte sich wirklich das Unmögliche bestätigt – dass meine Frau eine Verräterin war?
»Wollen Sie Ihre Freiheit zurück, Sam?«
»Ja.«
»Dann seien Sie still und hören Sie auf zu fragen, auch nicht nach Lucy.« Er räusperte sich. »Wir müssen darüber reden, wie es jetzt mit Ihnen weitergeht.«
Ich setzte mich langsam auf. »Wie es weitergeht? Ich werde meine Frau finden. Und mein Kind.«
»Das werden Sie nicht. Lucy bleibt eine Angelegenheit der nationalen Sicherheit. Und Sie übrigens auch. Sie werden tun, was man Ihnen sagt.«
Gut, ich würde mitspielen – fürs Erste zumindest … Ich verkniff mir meine Fragen. »Meine Eltern …«
»Ihre Eltern glauben, dass Sie nichts mit ihnen zu tun haben wollen, Sam. Lassen wir’s dabei.«
Ich schwieg. Leider passte das, was Howell von mir verlangte, durchaus zu der vertrackten Beziehung, die ich zu meinen Eltern hatte.
»Natürlich wurden Ihre Eltern gründlich durchleuchtet. Die beiden sind ein bisschen … unkonventionell.«
»Halten Sie sich von ihnen fern.«
»Oh, das wäre ein Verlust für mich. Ich finde sie wirklich sympathisch; wir sitzen manchmal zusammen im Garten beim Tee. Ich habe sie öfters besucht. Meine Abteilung in der Company hat das Haus neben dem ihren gekauft; ich bin ihr neuer Nachbar, ein Vertreter, der viel unterwegs ist. Ihr Haus ist seit Monaten verwanzt, ihr Telefon wird abgehört, wir haben sie eingehend beobachtet. Nur für den Fall, dass ihre schwangere Schwiegertochter sich an sie wendet oder dass die beiden Nachforschungen über Sie anstellen. Aber es ist nichts dergleichen geschehen. Nachdem sie zu Weihnachten nichts von Ihnen gehört haben, machen sie sich nun ein bisschen Sorgen, dass sich das Ganze nicht mehr kitten lässt.« Er zuckte mit den Schultern. »Nehmen Sie’s nicht zu schwer. Es kann eben passieren, dass man mit Menschen, die man liebt, einfach nicht klarkommt.« Er sagte es so, als würde er mir damit ein Geschenk machen.
»Meine Eltern – lassen Sie sie einfach in Ruhe.«
»Tun Sie, was ich Ihnen sage – dann hören wir sofort auf, sie zu überwachen.« Er hob die Hände, die Handflächen mir zugewandt. »Ich will Ihre Eltern da nicht reinziehen. Es sind feine Leute, Sam.«
Also gut, ich würde meine Eltern schützen. »Abgemacht.« Ich räusperte mich.
»Sie haben Glück. Offiziell wurden Sie nie gefeuert. Sie sind immer noch Angehöriger der Company, ab jetzt in meiner Abteilung. Ich bin Ihr Chef.«
Ich hätte am liebsten gesagt: Ich kündige, aber stattdessen antwortete ich: »Dann lassen Sie mich Ihnen helfen, sie zu finden.«
Howell hob eine Augenbraue. »Wollen Sie Ihren Job bei uns wirklich, Sam?«, fragte er.
»Ja.« Es war meine erste bewusste Lüge seit Monaten. Die Lügen, die ich vielleicht unter der Waterboarding-Folter herausgeschrien hatte, zählten nicht. Mit diesen falschen Informationen hatte die Company offenbar wenig anfangen können.
»Ich habe folgende Anweisungen für Sie. Sie bleiben in New York. Wir haben ein Bankkonto mit einem namhaften Betrag für Sie eröffnet. Genug, um davon leben zu können – trotzdem würde ich vorschlagen, dass Sie sich eine Arbeit suchen. Es wird Sie ablenken, wenn Sie etwas zu tun haben.«
»Arbeit. Sie haben doch gesagt …«
»Sie bleiben auf unserer Gehaltsliste. Aber Sie werden nicht mehr eingesetzt, Sam. Also suchen Sie sich einen Job, mit dem Sie beschäftigt sind. Einen, bei dem Sie nicht herumfahren müssen und der nicht zu anspruchsvoll ist.«
»Ich kann nicht einfach stillsitzen. Meine Familie steckt in großen Schwierigkeiten.«
»Sie wollen mithelfen, dass Lucy gefunden wird?«, entgegnete Howell. »Dann tun Sie, was ich Ihnen sage. Bleiben Sie hier und suchen Sie sich einen Job. Einen simplen.«
»Ich habe immer nur für die Company gearbeitet. Seit dem College.«
»Sie haben in der Collegezeit als Barkeeper gejobbt. Schenken Sie Bier ein, mixen Sie Martinis. Die Jobs sind leicht zu finden.« Er zuckte mit den Schultern. Meine harte Ausbildung und meine Jahre draußen im Einsatz schienen nicht mehr zu zählen.
Ich wusste, ich musste mich beherrschen; mochte ich auch noch so wütend sein – wenn ich Howell erwürgte, würde ich wieder in der Zelle landen. Langsam setzte ich mich auf. Howell stützte
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