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Todesmarsch

Titel: Todesmarsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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ein. Seine Gedanken wurden immer unzusammenhängender. Er sah Freaky D'Allessio zusammengekrümmt in einem winzigen Sarg auf dem Schaukelstuhl von Bakers Tante liegen. Sein Körper hatte die plumpe Gestalt einer Cheshire Katze. Er zeigte grinsend seine Zähne, und auf der haarigen Stirn zwischen den grünen Augen war die geheilte Narbe seiner Baseballwunde zu erkennen. Die Augen beobachteten Garratys Vater, der von den Soldaten abgeführt wurde. Er hatte nur seine Unterhose an. Einer der beiden Soldaten war der Blonde. Der andere blickte kurz über seine Schulter zurück, und Garraty glaubte, den Major zu sehen. Doch dann erkannte er, daß es Stebbins war. Er blickte zum Schaukelstuhl zurück und sah, daß die Katze mit Freaky D'Alessios Kopf verschwunden war. Übrig war nur noch das in der Luft hängende Grinsen, das sich wie eine weggeworfene Melonenschale unter dem Schaukelstuhl versteckte ...
    Die Gewehre schössen wieder, Gott, diesmal war er dran. Er spürte den Luftzug der Kugel ganz genau. Er war überall, an seinem ganzen Körper, er wurde - Er wachte mit einem Ruck auf und rannte zwei Schritte, die einen ungeheuren Schmerz von seinen Sohlen bis hinauf in seinen Bauch jagten. Dann erst erkannte er, daß sie auf jemand anderen geschossen hatten, und dieser Jemand lag jetzt tot mit dem Gesicht im Matsch auf der Straße.
    »Gegrüßt seist du, Maria«, murmelte McVries.
    »Voller Gnaden«, fügte Stebbins hinzu. Er war nach vorn gekommen, um sich den Toten genauer anzusehen, und er grinste genauso wie die Cheshire Katze in Garratys Traum. »Hilf mir doch, dieses Rennen zu gewinnen.«
    »Ach Gott«, sagte McVries. »Sei nicht so naseweis.«
    »Meine Nase ist nicht weiser als deine«, antwortete Stebbins feierlich.
    McVries und Garraty lachten unlustig.
    »Hm«, sagte Stebbins nachdenklich. »Vielleicht doch ein bißchen.«
    »Heb sie hoch, setz sie wieder auf die Straße und halt den Mund«, herrschte McVries ihn an. Er fuhr sich mit zitternder Hand übers Gesicht und marschierte, die Augen stur geradeaus gerichtet, weiter. Seine Schultern waren jetzt eingesunken.
    Vor drei Uhr erwischte es wieder einen - er wurde irgendwo in der Nähe von Portland erschossen, als er sich in Wind und Regen auf die Straße gekniet hatte. Abraham hustete ununterbrochen und taumelte im Fieber. Er hatte einen hellen Todesschimmer um sich, einen Schein, der Garraty an vorbeihuschende Meteoriten erinnerte. Er würde innerlich verbrennen - so weit war er schon gediehen.
    Baker marschierte mit grimmiger Entschlossenheit weiter und versuchte, seine Warnungen loszuwerden, bevor man beschloß, ihn loszuwerden. Garraty konnte ihn gerade eben durch den prasselnden Regen erkennen. Er humpelte und hatte beide Hände in die Seite gestemmt.
    Und McVries fiel langsam in sich zusammen. Er wußte nicht, wann es angefangen hatte; es mußte in der Sekunde passiert sein, als er sich einmal umgedreht hatte. Einen Augenblick war er noch stark gewesen - er erinnerte sich noch gut an den festen Griff um seinen Arm -, und im nächsten Moment war er ein alter Mann geworden. Es war entnervend.
    Stebbins war Stebbins geblieben. Er lief und lief und lief wie Abrahams Schuhe. Zwar schien er das eine Bein ein wenig zu schonen, aber das konnte auch nur Einbildung sein.
    Von den restlichen zehn hatten sich fünf in das Niemandsland zurückgezogen, das Olson früher entdeckt hatte - einen Schritt jenseits der Schmerzen und des Verständnisses dessen, was um sie herum vorging. Sie liefen wie gespenstische Schatten durch die regnerische Finsternis, und Garraty hatte keine Lust mehr, sie anzusehen. Sie waren gehende Tote.
    Kurz vor der Morgendämmerung fielen drei gleichzeitig. Die Menge johlte erneut vor Begeisterung, als die Körper wie von der Axt zerteilte Holzstücke auf den Asphalt aufschlugen. Garraty fürchtete schon, das sei der Anfang einer schlimmen Kettenreaktion, die sie alle erledigen würde, aber es ging vorüber. Es endete damit, daß Abraham mit blinden Augen auf den Knien auf das Panzerfahrzeug und die Menge dahinter zukroch. Er hatte vor Schmerzen den Verstand verloren. Seine Augen blickten so wirr um sich wie die eines im elektrischen Stacheldraht gefangenen Schafes. Dann fiel er aufs Gesicht. Seine festen Halbschuhe trommelten noch in einer Aufwallung auf die nasse Straße, dann hörte auch das auf.
    Kurz danach begann die wässrige Symphonie der Morgendämmerung. Der letzte Marschtag kündigte sich feucht und mit bedecktem Himmel an. Der Wind

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