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Todesmarsch

Titel: Todesmarsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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nicht weiter darüber nachzudenken.
    Die Zeiger seiner Uhr standen auf Punkt zwölf. Sie überquerten eine rostige Eisenbrücke, die über eine tiefe, ausgetrocknete Schlucht führte, und fanden ein großes Schild auf der anderen Seite: LIMESTONE STADTGRENZE - HERZLICH WILLKOMMEN, GEHER!
    Ein paar Jungen jubelten, aber Garraty sparte seinen Atem.
    Die Straße wurde etwas breiter, und die Jungen verteilten sich fröhlich; die festen Gruppen lösten sich auf. Schließlich lag Curley jetzt schon drei Meilen hinter ihnen.
    Garraty holte seine Plätzchen heraus und drehte das Aluminiumpäckchen einen Augenblick nachdenklich in den Händen. Er hatte Heimweh nach seiner Mutter, aber schnell schob er den Gedanken an sie beiseite. Er würde seine Mutter und Jan ja in Freeport sehen. Sie hatten es versprochen. Er aß ein Plätzchen und fühlte sich gleich etwas wohler.
    »Soll ich dir mal was sagen?« fragte McVries ihn.
    Garraty nickte. Er trank einen Schluck Wasser aus seiner Feldflasche und winkte einem älteren Paar zu, das mit einem kleinen GARRATY Pappschild am Straßenrand saß.
    »Ich habe keine Ahnung, was ich tun werde, wenn das alles hier vorbei ist«, sagte McVries. »Es gibt nichts, was ich dringend brauche. Ich meine, ich habe keine alte, kranke Mutter, die allein zu Hause herumsitzt, oder einen Vater, der an eine künstliche Niere angeschlossen ist oder so was. Ich habe nicht einmal einen kleinen Bruder, der tapfer an Leuk-ämie dahinstirbt.« Er lachte und schnallte seine Feldflasche los.
    »Ja, da ist etwas dran«, stimmte Garraty ihm zu.
    »Du meinst, da ist eben nichts dran. Die ganze Sache ist völlig zwecklos.«
    »Das meinst du nicht im Ernst«, entgegnete Garraty zuversichtlich. »Wenn du das ganze noch mal machen solltest -«
    »Ja, ja, dann würde ich es trotzdem wieder tun, aber -«
    »He!« Ein Junge vor ihnen, Pearson, deutete auf die Straße. »Bürgersteige!«
    Sie kamen endlich in die Stadt. Hübsche, von der Straße zurückgesetzte Häuser blickten von leicht ansteigenden Grashängen auf sie herab. Die Vorgärten waren alle mit Leuten bevölkert, die ihnen winkten und zujubelten. Garraty kam es so vor, als ob sie alle sitzen würden, auf dem Boden, auf Klappstühlen, wie die beiden alten Männer vorhin an der Tankstelle, auf den Picknicktischen. Einige saßen sogar auf Schaukeln und Gartentoren. Plötzlich spürte er einen Anflug von Neid und Ärger.
    Nur zu, winkt, bis ihr nicht mehr könnt. Ich will verdammt sein, wenn ich noch einmal zurückwinke. Immer an Hinweis 13 denken. Kraft sparen, wann immer es möglich ist.
    Doch dann fand er sich ziemlich dämlich. Die Leute könnten den Eindruck gewinnen, daß er hochnäsig sei. Schließlich war er >Maines Stolz<. Er beschloß, allen Leuten mit einem GARRATY Schild zuzuwinken. Und> allen hübschen Mädchen.
    Nebenstraßen und Kreuzungen folgten jetzt in regelmäßigem Abstand. Sycamore Street, Clark Avenue, Exchange Street und Juniper Lane. Sie kamen an einem kleinen Lebensmittelladen an einer Straßenecke vorbei, der eine Nar-ragansett-Bierreklame im Fenster hatte, und an einem billigen Supermarkt, der mit Bildern vom Major vollgepflastert war.
    Auf den Bürgersteigen standen Zuschauer, aber die Reihen waren eher dünn. Alles in allem war Garraty ent-täuscht. Er wußte zwar, daß die richtigen Mengen sich erst später einstellen würden, aber trotzdem empfand er Limestone wie einen feuchten Feuerwerkskörper. Und der arme Curley hatte sogar das hier verpaßt.
    Der Jeep des Majors tauchte plötzlich aus einer Seitenstraße auf und fuhr langsam neben der Hauptgruppe her. Die Vorhut war immer noch weit voraus.
    Ein ungeheurer Jubel brach aus, und der Major nickte lächelnd und winkend der Menge zu. Dann neigte er den Kopf elegant nach links und begrüßte die Jungen. Garraty lief ein Schauer über den Rücken. Die Spiegelgläser des Majors blitzten in der Mittagssonne auf.
    Der Major hob das batterieverstärkte Megaphon an den Mund: »Ich bin stolz auf euch, Jungs. Stolz!«
    Irgendwo hinter Garraty sagte eine Stimme leise, aber deutlich: »Blödsinn!«
    Er wandte den Kopf, aber hinter ihm gingen nur noch vier oder fünf Jungen, die den Major alle aufmerksam ansahen. Einer von ihnen hatte sogar die Hand gehoben, um den Major zu grüßen, ließ sie aber, als er es bemerkte, ungeschickt wieder fallen. Auch Stebbins war da, aber der schien den Major nicht einmal wahrzunehmen.
    Der Jeep raste mit aufheulendem Motor weiter. Im nächsten Augenblick war der

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