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Todesmarsch

Titel: Todesmarsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Teilen von Schädelknochen. Sein Körper fiel wie ein Mehlsack auf den weißen Mittelstreifen.
    Da waren's, nur noch 99, dachte Garraty, und ihm wurde schlecht. 99 Flaschen hängen an der Wand, und wenn eine runterfallt, dann sind es nur noch. -. Oh, Gott... Oh, Gott...
    Stebbins schritt über die Leiche hinweg. Sein Fuß rutschte ein wenig im Blut aus, und als er weiterging, hinterließ sein Schuh blutige Abdrücke auf der Straße. Es sah aus wie eine Fotografie für ein Kriminalmagazin. Stebbins sah den auf der Straße liegenden Körper nicht einmal an; sein Gesichtsausdruck veränderte sich nicht. Steboins, du Mistkerl, dachte Garraty böse, du solltest doch der erste sein - wußtest du das nicht? Dann blickte er nicht mehr hin. Er wollte nicht, daß ihm schlecht würde. Er wollte sich nicht übergeben müssen.
    Eine Frau neben einem Volkswagenbus verbarg ihr Gesicht in beiden Händen und stöhnte leise. Garraty stellte fest, daß er durch ihr Kleid hindurch bis zu der Unterhose sehen konnte. Ihre blaue Unterhose. Unerklärlicherweise fühlte er sich davon erregt. Ein dicker Mann mit Glatze starrte auf Curleys Leiche und rieb sich heftig seine Warze neben dem Ohr. Er leckte sich kurz über die fetten Lippen und hörte nicht auf, Curley anzustarren und sich die Warze zu reiben. Als Garraty an ihm vorbeiging, tat er es immer noch.
    Sie gingen weiter. Unwillkürlich fand Garraty sich plötzlich in der alten Gruppe mit Baker, McVries und Olson wieder. Sie hatten sich wie schutzsuchend zueinander gesellt und blickten stur geradeaus, sorgsam darauf bedacht, sich nichts anmerken zu lassen. Das Echo der Gewehrschüsse schien immer noch in der Luft zu hängen. Garraty mußte unablässig an die Fußabdrücke denken, die Stebbins Tennisschuh auf der Straße hinterlassen hatte. Er hätte gern ge-wußt, ob die Spur immer noch rot wäre, und hätte sich fast umgedreht, um nachzusehen, doch dann wies er sich zurecht, sich nicht wie ein Narr zu benehmen. Dennoch konnte er nicht aufhören, sich Fragen zu stellen. Ob Curley wohl Schmerzen verspürt hatte? Ob er es gemerkt hatte, wie die gasgefüllten Patronen ihn getroffen hatten, oder ob er einfach in der einen Sekunde noch am Leben, in der nächsten schon tot gewesen war?
    Doch, natürlich hatte es ihm weh getan, und zwar vorher und in der schlimmsten, aufwühlendsten Weise. In dem Augenblick, in dem er gewußt hatte, daß es ihn nun nicht mehr geben und daß das Universum sich trotzdem ungerührt und ungestört weiterdrehen würde...
    Von vorn kam die Nachricht, daß sie beinahe neun Meilen geschafft hätten, bevor Curley ausgeschieden war. Man erzählte sich, daß der Major darüber äußerst erfreut sei. Garraty fragte sich, woher überhaupt jemand wissen wollte, wo der Major sich aufhielt.
    Er drehte sich um, um nachzusehen, was sie jetzt mit Curleys Leiche machten, aber sie waren schon wieder um eine Kurve gebogen. Von Curley war nichts mehr zu sehen.
    »Was hast du da in deinem Rucksack?« wollte Baker plötzlich von McVries wissen. Er bemühte sich um einen leichten Unterhaltungston, doch seine Stimme, klang hoch und durchdringend und war kurz davor, überzuschnappen.
    »Ein sauberes Hemd«, antwortete McVries. »Und rohes Hackfleisch.«
    »Rohes Hackfleisch?« Olson verzog angeekelt das Gesicht.
    »Da steckt viel Kraft und Energie drin« erklärte McVries.
    »Du mußt nicht ganz bei Trost sein. Du wirst dich fürchterlich übergeben.«
    McVries lächelte bloß.
    Garraty wünschte sich insgeheim, daß er selbst rohes Hackfleisch mitgenommen hätte. Er hatte keine Ahnung von der Kraft und Energie, aber er mochte es sehr gern. Es stellte die Schokoladentafeln und Nahrungskonzentrate weit in den Schatten. Plötzlich dachte er an seine Plätzchen, doch nach dem Vorfall mit Curley war er eigentlich nicht hungrig.
    Hatte er nach Curleys Tod tatsächlich daran denken können, rohes Hackfleisch zu essen?
    Dann kam die Nachricht, daß einer der Geher, der zum drittenmal verwarnt worden war, durch die Zuschauerreihen gerannt sei und daß die Menge daraufhin noch lauter gejubelt hätte. Sie hörten den dünnen Applaus, der wie aufgehendes Popcorn knisterte. Garraty fragte sich, ob es peinlich wäre, vor den Zuschauern erschossen zu werden, doch wenn man erst soweit war, kümmerte einen das sicher einen Dreck. Curley hatte ganz gewiß nicht so ausgesehen, als ob ihn das noch interessierte. Aber sich vor der Menge erleichtern zu müssen, das würde unangenehm werden. Garraty beschloß,

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