Todesmelodie: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
mit geschlossenen Augen. Er weinte nicht, aber als der Kreislauf sich langsam beruhigte, schwor er sich, dass sich etwas ändern musste.
Als Frank Hellmer eine Viertelstunde später, frisch geduscht und in einen Hausanzug gekleidet, mit noch immer gerötetem Gesicht und leicht hervorgetretenen Adern am Esstisch saß, musterte Nadine ihn eine Weile und sagte dann: »Mein lieber Schwan, da hat sich jemand das Essen aber redlich verdient.«
Sie durchschnitt den mit Käse überbackenen Auflauf, unter dessen Oberfläche sich Brokkoli und Kartoffeln abzeichneten, und hob mit einer Kelle eine Portion auf Franks Teller. Am Tisch saßen nur sie beide, was Frank sehr recht war.
»Lass es dir schmecken. Aber ich möchte eine ehrliche Meinung, hörst du? Ist ein ganz einfaches Rezept von der Lehrküche, frag mich nicht, warum ich das ausgerechnet heute ausgegraben habe«, plapperte Nadine fröhlich. Dann, nach einem Blick auf ihren schweigenden Ehemann, fügte sie leise hinzu: »Willst du drüber reden?«
»Ja, ich glaube schon«, antwortete Frank, und dann erzählte er die ganze Geschichte über Bergers Auszeit, dessen Entscheidung, Julia als Vertretung zu bestimmen, und seinen Frust, dass er nicht wenigstens in Betracht gezogen worden war. Nadine stellte keine Zwischenfragen, auch nicht, wenn Frank sich eine Gabel Auflauf in den Mund schob und eine Sprechpause einlegte.
»Na, und dann«, schloss er, »können wir nicht mal mehr über irgendeinen Aspekt des Falles reden, ohne dass einer von uns gleich an die Decke geht. So, das ist der ganze Scheiß von nur einem Tag, und dabei habe ich noch nicht einmal erwähnt, dass wir auch noch einen heftigen Mordfall auf dem Tisch liegen haben.«
»Erwähnt hast du ihn schon, aber irgendwie scheint euer Fall ja total von eurem ganzen internen Kram überlagert zu sein, oder?«
»Klar, ich kann ja nicht mal was dazu beitragen, wenn mir immer gleich über den Mund gefahren wird.«
»Warum, meinst du denn, macht Julia das?«
»Keine Ahnung. Steigt ihr wohl zu Kopf, der Chefposten, ich meine, Macht ist ja auch eine Stimulanz, richtig?«
»Na jetzt aber. Wir reden doch noch immer von unserer Freundin Julia Durant. Kann es nicht vielmehr sein, dass ihr der Posten nicht zu Kopf steigt, sondern ihr eher über den Kopf wächst?«
»Ein Grund mehr …«, hob Hellmer an, doch Nadine fiel ihm ins Wort. »Ein Grund mehr, weshalb sie jetzt einen Partner braucht, einen Verbündeten meinetwegen, der ihr hilft, diese Verantwortung zu tragen. Ich meine, wen hat sie denn schon?«
»Aber warum kommt sie dann nicht zu mir?«
»Vielleicht schämt sie sich, keine Ahnung, sie hat auch nie auf mich gewirkt, als würde sie von sich aus um Hilfe bitten. Und mal ehrlich, Hand aufs Herz, hast du ihr signalisiert, dass sie sich gerne an dich wenden kann?«
»Hmmm, wohl eher nicht.« Hellmer stopfte sich eine besonders volle Gabel in den Mund.
»Schau mal, wie lange ist es her, dass wir uns hier zu dritt einen Abend um die Ohren geschlagen haben? Wie lange ist es her, dass du mir erzählt hast, wie lustig inmitten all der trübseligen Ermittlungen die Arbeit mit Julia doch sein kann?« Sie beantwortete ihre Frage sogleich selbst: »Viel zu lange, sag ich dir. Sprecht euch aus, ganz in Ruhe, und lade sie ruhig mal wieder ein.«
»Am besten zu so einer Fleischwurst-Brokkoli-Pampe«, sagte Hellmer und lugte verstohlen über den Tisch. In Wirklichkeit schmeckte ihm diese Kombination ganz hervorragend, und er hatte sich zwischenzeitlich sogar einen Nachschlag genommen.
»Hey«, lachte Nadine und trat ihn sanft gegen das Schienbein. »Du schaufelst diese sogenannte Pampe ganz schön gierig in dich rein! Na, und Julia würde das bestimmt auch schmecken.«
Allerdings, dachte Hellmer, griff zu seinem Glas und trank einen großen Schluck Cola. Wobei sie sich wohl niemals alleine einen Auflauf zubereiten würde. Ein Grund mehr, einmal wieder gemeinsam loszuziehen, vielleicht hatte Nadine ja wirklich recht, und Julia brauchte nur ein entsprechendes Signal. Dann fiel ihm die Sache mit der Kleinmarkthalle wieder ein.
»Und du wärst auch nicht eifersüchtig oder so, ich meine, man bekommt ja nicht jeden Tag Beziehungstipps für gutaussehende Kolleginnen von der eigenen Frau.«
»Wäre es nicht viel schlimmer, wenn ich die vergangenen fünfzehn Jahre mit einem Magengeschwür hätte herumlaufen müssen, weil ich nicht mit deiner Dienstpartnerin zurechtkomme?«
Gut gekontert, dachte Hellmer. »Na ja, ich habe ja
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