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Todesmelodie: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)

Todesmelodie: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Todesmelodie: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz , Daniel Holbe
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musste her, wieder einmal.
    »Ach, so ein Mist«, säuselte sie ins Telefon. »Das war echt die letzte Chance für mich, um Antworten zu finden. Ich meine, es geht hier ja nicht darum, jemanden vorzuführen, aber ich kann auch niemand anderen fragen, Sie sind der Einzige, der mir hier helfen kann, wissen Sie? Ich muss in einer Stunde im Chefbüro sitzen und habe jetzt schon Bauchschmerzen, wenn ich daran denke, wie ich da den Kopf gewaschen kriege.« Am anderen Ende der Verbindung erklang ein unentschlossenes Räuspern, aber sie setzte noch einen drauf. »So eine blöde Idee aber auch, diese Musik zu erwähnen. Da hab ich mich schön in die Nesseln gesetzt.«
    »Gut, hören Sie«, ertönte es plötzlich. »Ich kann Ihnen nicht sagen, wer da gedrückt oder gedreht hat, aber es lief tatsächlich Musik, als wir eintrafen. Irgend so ein Gedudel, es hat ziemlich genervt, weil die Anlage genau neben dem Bett stand.«
    Treffer! Die Anlage. Sabine erinnerte sich, dass sie damals für einige Augenblicke unmittelbar in deren Nähe verharren musste, weil die Spurensicherung sie umzingelt hatte. Doch war da Musik gewesen? Aufgeregt wollte sie nachhaken, doch Hesse kam ihr zuvor.
    »Ich verpfeife hier keinen, weder mich noch jemand anderen. Ich kann Ihnen aber eines versichern: Es wurden keine Spuren vernichtet oder sonst etwas, wir haben am Tatort nichts verändert! War es das?«
    »Ja, danke, Sie haben mir sehr geholfen.«
    »Und?«, fragte Hellmer ungeduldig, als Sabine mit einem breiten Lächeln das Handy zuklappte.
    »Bingo«, sagte sie. »Ich brauche alle Fotos aus Masons Zimmer, vor allem diejenigen, die das Mobiliar in der Nähe des Betts zeigen.«

Dienstag, 11.25 Uhr
    P eter Kullmer hatte sich dazu entschlossen, alleine in den Frankfurter Osten zu fahren. Vor ihm lag kein leichter Hausbesuch, so viel war klar, und die traurige Situation von Helga Stiegler ging ihm ungewohnt nah. Lag es daran, dass er bald Vater wurde und zu einer Frau fuhr, die gerade ihr einziges Kind verloren hatte? Das wird es sein, dachte Kullmer, niemand sollte sein Kind zu Grabe tragen müssen. Selbst ohne die grausigen Umstände von Carlos Ableben wäre es ein Drama gewesen, aber so musste es noch um ein Vielfaches schlimmer sein. Bestimmt hatte Frau Stiegler, eine kleine, mollige Witwe Ende fünfzig mit einem einfachen Job als Verkäuferin, niemanden, der ihr beistand. Höchstens die Nachbarn, doch die würden das Interesse auch bald wieder verlieren, und Frau Stiegler würde in ihren tristen Tagesrhythmus zurückkehren, weiterhin ihre Arbeit verrichten, den Schmerz in sich hineinfressen und sich vor jedem schämen, der ihr mitleidige Blicke zuwarf.
    So zumindest schätzte Kullmer das Siedlungsleben im Riederwald ein, jenem alten Arbeiterviertel mit engen, hellhörigen Reihenhäusern, in denen sich kein Geheimnis lange verbergen ließ. Bald würde man Carlo Stiegler verurteilen, ihm sogar selbst die Schuld geben, warum musste er auch in solchen Kreisen verkehren, es zwang einen ja schließlich niemand zur Homosexualität.
    Der Dienstwagen passierte den großen Bogen des Torhauses in der Schäfflestraße, ein imposantes, rot getünchtes Gebäude, das die Hauptzufahrt zur Siedlung bildete. Danach, in plötzlichem Kontrast zu der tristen Durchfahrtsstraße, über die er gekommen war, durchfuhr Kullmer eine schattige Platanenallee, dicke, gerade Stämme, deren Blätterdach trotz der Hitze frisch und kräftig wirkte. Dahinter lugten unzählige Fenster mit hölzernen Läden hervor, eines wie das andere, ein Markenzeichen der Siedlung. Am Ende der Allee blinkte er links, bog in die Raiffeisenstraße, dann rechts in die Karl-Marx-Straße. Noch immer glich eine Häuserreihe der anderen, trotz des einfachen Stils hatten sie auch einen gewissen Charme. Kein Gebäude höher als drei Etagen, kein Durchgangsverkehr, auf den Gehsteigen spielten Kinder. Bunte Vereinsplakate kündigten ein Event nach dem anderen an, Straßenfeste, Kinderfeste, Kirchenfeste, Sportfeste, und all das inmitten der lauten, hektischen und oftmals so abgründigen Großstadt. Vielleicht bekomme ich tatsächlich einen anderen Blick auf die Dinge, dachte sich Kullmer. Noch vor einem Jahr wäre die Vorstellung, so zu leben, undenkbar für ihn gewesen, und vor fünf Jahren hätte er es wohl als Folter angesehen. Aber heute …
    Er lenkte zwei weitere Male nach rechts, erreichte die Motzstraße, die nur einseitig bebaut war und auf der anderen Seite an ein Wäldchen grenzte, ja, es gab

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