Todesmut - Gardiner, M: Todesmut - N.N. (Jo Beckett 4)
verschlang und nur Leere hinterließ.
Jo konnte den Fluss hören. Schäumend wand er sich um Felsen und stürzte kalt zu Tal. Sie konnte es nicht begreifen, es wollte ihr nicht in den Kopf. Bisse von Klapperschlangen führten einfach nicht so schnell zum Tod. Nicht einmal bei einer Mojave.
Noch einmal beugte sie sich über Peyton und ließ den Strahl der Taschenlampe über ihre Augen ziehen. Die Pupillen zogen sich zusammen.
Sie war noch am Leben.
»Reanimation«, sagte Gabe.
Er lehnte sich vor und fing an, Peyton Luft in die Lunge zu blasen. Ihre Brust regte sich nicht. Immer noch keine Atmung. Kein Geräusch, kein Zeichen, dass Peyton Sauerstoff aufnahm. Sie blieb schlaff.
»Atemwege total blockiert. Der Hals ist zugeschwollen«, stellte er fest.
Jo versank in einer schwarzen Wolke. Peyton trieb hinüber auf die andere Seite, war vielleicht schon dort. Jo hörte es wie ein Echo im Kopf. Wir müssen gehen. Er ist tot. Es tut mir leid.
Nein. Sie konzentrierte sich. Ihr Blick fand zu Gabe. »Wir werden es ihren Eltern nicht erzählen müssen.«
Er betrachtete Peyton. »Auf keinen Fall.«
Die Vehemenz seiner flüsternden Stimme drückte wie ein Keil gegen Jos Brust.
»Luftröhrenschnitt?«, fragte er.
Es war eine verzweifelte Idee, aber Peytons Zustand war kritisch.
Er zog sein Jagdmesser und tastete über ihren Hals. »Pass auf, ob jemand kommt.«
Jo behielt den dunklen Hang im Auge. Sie erkannte nur wabernde Schatten im Mondlicht. Dann nahm sie Peytons Handgelenk und fühlte ihren Puls. Er war da, fest und stark. Was ist die Ursache für diesen Zusammenbruch?
»Vielleicht hat sie eine besonders große Ladung Gift abbekommen?«
Das Ganze war einfach falsch, falsch – aber zugleich real, hier vor ihrer Nase. Plötzlich fiel Jo eine Äußerung von Peyton ein. Als ich klein war …
Sie erstarrte. O mein Gott. »Anaphylaktischer Schock?«
Das Gift einer Mojave-Klapperschlange konnte die At mung des Opfers lähmen. Aber dass dabei der Hals zuschwoll, war undenkbar.
Anders bei einer starken allergischen Reaktion. Einem anaphylaktischen Schock.
Gabe wirkte überrascht und skeptisch. »Eine allergische Reaktion auf einen Schlangenbiss?«
Tatsächlich war ein anaphylaktischer Schock bei einem Schlangenbiss eine äußerst seltene Komplikation, zu der es nur kommen konnte, wenn das Opfer dem Gift nicht zum ersten Mal ausgesetzt war.
Jetzt erinnerte sich Jo wieder genau, was Peyton gesagt hatte: »›Als ich klein war, wäre ich bei einem Campingausflug mit meiner Familie fast von einer Klapperschlange vergiftet worden.‹ Ich dachte, da hätte sich eine Schlange ins Zelt geschlichen. Aber …«
»Du meinst, sie wurde damals tatsächlich von einer Schlange gebissen ?«
Schnell griff Jo nach dem Erste-Hilfe-Kasten. Gleich darauf hatte sie die Adrenalinspritze gefunden.
Gabe schnitt ein Loch in Peytons Velourshose und riss den Stoff auf, um ihren Schenkel freizulegen. Jo ließ den Deckel von der Spritze schnappen und bohrte ihr die Spritze in den Quadrizeps, um das Adrenalin direkt in den Muskel zu injizieren.
Sie drückte und zählte langsam bis zehn. Es dauerte schier ewig. Dann zog sie die Nadel heraus und massierte den Einstich.
Anschließend konnten sie nur warten. Jo überwachte Peytons Puls. Das Jagdmesser hing dicht über ihrem Hals in Gabes Hand und glänzte im Strahl der Taschenlampe.
Plötzlich atmete Peyton wieder.
Sie keuchte. Ihre Brust hob sich.
»Komm schon, Schätzchen«, flüsterte Jo. »Komm schon.«
Ächzend sog die junge Frau die Luft ein.
»Stabile Seitenlage«, sagte Gabe.
Sie rollten sie in die Notfallposition. Ihre Lunge arbeitete wieder. Die Atemwege waren frei. Sie öffnete den Mund, dann die Augen.
»So ist es gut«, sagte Jo. »Weiter so, Peyton.«
Gabe ließ sich auf die Fersen fallen. Trotz der Kälte schwitzte er.
Peyton fixierte Jo. »Was ist passiert?«
»Allergische Reaktion. Wir haben dir Adrenalin gespritzt.«
Sie schloss die Augen. »Danke.«
Vorsichtig schob Jo dem Mädchen mit den Fingerspitzen verklebte Haarsträhnen aus dem Gesicht. »Als du klein warst, hat dich die Klapperschlange da gebissen?«
»Trockener Biss.«
Jo runzelte die Stirn.
»Hab sie abgeschüttelt, bevor sie mir die Zähne reingebohrt hat. Aber diesmal …«
Jo und Gabe tauschten Blicke aus. Bei dem Kindheitsbiss musste ein wenig Gift in ihr Blut gelangt sein.
Die Augen immer noch geschlossen, flüsterte Peyton: »Es tut mir leid.« Ihre Lippen zitterten. »Mein Armband. Grandma
Weitere Kostenlose Bücher