Todesmut - Gardiner, M: Todesmut - N.N. (Jo Beckett 4)
hat es mir geschenkt. Ich wollte … tut mir so leid.«
»Spar dir die Entschuldigungen für später auf, wenn wir wieder zu Hause sind. Dann kannst du mich zu einem Bier einladen.«
»Eine ganze Kiste.« Sie holte tief Luft. »Wenn ich einundzwanzig werde.«
Jo strich ihr das Haar hinters Ohr. »Abgemacht.«
Eine Viertelstunde ließen sie Peyton in der Seitenlage. Die Rötung und der Juckreiz vergingen. Ihr Gesicht war zwar immer noch schmerzverzerrt, aber nicht mehr verquollen. Der Puls blieb weiterhin stabil, und die Atmung wurde regelmäßig.
Gabe stand auf und winkte Jo zu sich, wo das Mädchen sie nicht hören konnte. »Wir müssen eine Entscheidung treffen.«
Peyton wälzte sich herum. »Ich will nicht hierbleiben.«
»Ruh dich einfach aus. Wir überlegen uns was.«
»Nein, lasst mich nicht hier.« Mühsam setzte sie sich auf. »Ich kann gehen.«
Mit zweifelnder Miene musterten sie sie.
»Wirklich.« Sie streckte die linke Hand aus. »Helft mir auf.«
Jo überlegte. Mit einem Klapperschlangenbiss herumzulaufen war alles andere als ideal. Noch schlimmer war es, wenn man gerade einen anaphylaktischen Schock überstanden hatte. Aber wichtiger als Ruhe war für Peyton, dass sie ins Krankenhaus kam. Je schneller das gelang, desto besser standen die Chancen, dass sie überlebte und sich wieder erholte.
Unbeholfen stemmte sich Peyton auf die Füße. »Ich kann gehen. Bitte. Wir müssen zusammenbleiben. Ich tue alles, was ihr sagt. Versprochen.«
Natürlich war ruhiges Liegen an einem Ort, wo man sie gut wegtransportieren konnte, das Beste für Peyton, aber man durfte sie nicht allein lassen. Jo konnte bei ihr ausharren, aber Gabes Miene brachte unzweideutig zum Ausdruck, dass er das nicht dulden würde. Entweder sie blieben alle, oder sie gingen alle. Bloß sich hier gemeinsam zu verstecken, wo Kyle sie entdecken konnte, kam nicht infrage.
Gabe spähte hinauf in den Wald am Hang.
Auf einmal merkte Jo, wie ihre Zuversicht zurückkehrte. Sie würden die anderen finden. »Gehen wir.«
49
Evan spürte einen stupsenden Finger an der Schulter und roch verbrannten Kaffee. Sie fuhr aus dem Plastikstuhl neben Tangs Schreibtisch hoch. In den Fenstern spiegelte sich das summende Neonlicht. Der Himmel draußen war schwarz. Tang drückte ihr einen Becher Kaffee in die Hand.
Sie nahm einen heißen Schluck. »Styropor. Danke.«
Tang war bestimmt müde, aber das merkte man nur an den Augenringen. Sie hatte sich eine Brille mit schwarzem Rand aufgesetzt und sah aus wie Buddy Holly. Sie reichte Evan ein zwanzig mal fünfundzwanzig Zentimeter großes Foto: eine grobkörnige Aufnahme, die die Armaturenkamera in Deputy Gilberts Streifenwagen gemacht hatte. Sie hatte nach hin ten fotografiert, durch das Trenngitter und die Heckscheibe. Die Nachtsichtbeleuchtung war grün und unheimlich wie in einem Horrorfilm.
Hinter dem Streifenwagen stand mit grell weißen Scheinwerfern der Volvo-Geländewagen.
Plötzlich war Evan hellwach. »Zwei Insassen. Nein, drei – auf der Rückbank sitzt auch jemand.«
Der Fahrer war weiß und männlich. Auf dem Beifahrerplatz saß eine weiße Frau.
Trotz ihrer Erschöpfung machte Tang einen aufgedrehten Eindruck. »Ragnarok Investments ist eine Fassade, hinter der sich ein Rattennest von weiteren Briefkastenfirmen verbirgt.«
»Und du hast was rausgefunden.«
Tang gab ihr einen Ausdruck. »Sabine Jurgens. Sie ist als Minderheitseigentümerin eines Unternehmens vier Ebenen unter Ragnarok eingetragen.«
»Wer ist sie? Die Frau, mit der ich am Nachmittag telefoniert habe?« Evan hob das Kamerafoto hoch. »Die da?«
Tang setzte sich neben sie an den Schreibtisch und tippte mit flüssigen Bewegungen auf ihrer Tastatur. Kurz darauf erschien auf dem Monitor Sabine Jurgens’ kalifornischer Führerschein. Sie hatte kurzes rotes Haar und einen Blick, der alles auseinandernahm – Firmen, Männer, ein Maschinengewehr –, bis nur noch Krümel übrig waren.
»Sie hat die deutsche und die US -amerikanische Staatsbürgerschaft. Auf den ersten Blick sauber, aber tief in ihrer Biografie vergraben gibt es so eine schwammige Geschichte. Hab’s noch nicht geknackt. Auf jeden Fall ist Interpol mit im Spiel.«
»Klingt nicht gut.« Evan verglich das Führerscheinfoto mit der unscharf grünen Gestalt auf der Kameraaufnahme. Sie konnte nicht erkennen, ob es dieselbe Frau war.
Tang zog weitere Blätter heraus. »Ich hab auch den Namen des Mehrheitseigners.« Sie drückte auf eine Taste, und auf dem
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