Todesmut - Gardiner, M: Todesmut - N.N. (Jo Beckett 4)
Sie wies mit dem Kinn auf den Fahrer und senkte die Stimme. »Der weiß wahrscheinlich alles über uns. Hast du nicht auch so ein Gefühl? Dass er … uns schon mal gesehen hat?«
Lark beobachtete Kyle, der die Spur wechselte. »Für mich wirkt er einfach wie jemand, der uns pünktlich zum Treffpunkt bringen will.«
»Okay.«
Larks Mundwinkel zuckten nach unten. »Autumn, alles in Ordnung?«
»Schon gut, vergiss es.«
Autumn verschränkte die Arme vor der Brust. Dustin und Peyton ließen den Champagner kreisen. Grier tippte eine SMS – hoffentlich nicht an seinen Drogendealer. So eine Komplikation konnten sie an diesem Wochenende wirklich nicht gebrauchen. Noah beobachtete Lark aus dem Augenwinkel.
Ihr Vater war der Meinung, dass sie und ihre Freunde nicht einmal in der Lage waren, nach einer Fahrt durch die Stadt pünktlich zu einem Treffen zu erscheinen. Also hatte er sie zusammentreiben lassen wie Schafe. Der Knoten in ihrem Magen wurde härter.
Sie fragte sich, was Dad den Leuten von Edge Adventures über sie erzählt hatte.
A m Jachthafen Emery Cove ging Terry Coates seine Checkliste durch. Sein Bruder und andere Spielleiter bereiteten das Schnellboot vor. Treibstoff. Schwimmwesten. Verbandskasten. Abgehakt. Anruf beim SFPD , um die Beamten auf den Beginn des Rollenspiels hinzuweisen. Abgehakt.
»Sieht gut aus«, sagte Coates.
Über das sonnenglitzernde Wasser zog eine starke Brise. Hinter der Bucht ergossen sich Häuser über die Hänge, die weiß wie Kreide im Herbstlicht glänzten. Coates genoss die Aussicht.
Mit Edge Adventures hatte er es gut getroffen. Disneyland für reiche Leute, die an Adrenalinmangel litten. Selbstfindung und Konfrontation mit Phobien inbegriffen. Und es machte viel mehr Spaß als das Patrouillieren in einem Streifenwagen im Zentrum von Oakland.
Coates war klar, dass er mit seinem ergrauenden Haar und dem in die Jeans gesteckten Polohemd von Edge Adventures exakt wie ein Excop aussah. Aber er besaß auch die Statur eines Sportlers, und manchmal hielten ihn die Leute sogar für einen ehemaligen Footballspieler. Haben Sie nicht mal bei den Raiders gespielt?
In einem anderen Leben hätte er es vielleicht tatsächlich zum Profi gebracht. In diesem Leben hatte er immerhin eine rentable Nische gefunden: Er half anderen Leuten beim Ausleben ihrer manchmal verdrehten Fantasien. Für ihn gab es nur eine feste Regel: In einem Spiel von Edge Adventures machte sich Verbrechen nie bezahlt.
Außer für ihn natürlich.
Er ließ nicht zu, dass Kunden ein Szenario arrangierten, in dem Mörder ungestraft davonkamen. Verdeckte Operationen waren in Ordnung. Auch Gesetzlose mit einem eigenen Ehrenkodex. Robin Hood. Butch und Sundance. Aber keine Szenarien, in denen Serienmörder ihre Opfer abschlachteten oder Straßengangs Polizisten niederknallten. Seine Spiele sollten zu Begeisterung und Erbauung führen und es möglich machen, dass die Kunden mit einem Gefühl von aufrechtem Gang in ihre Vorstandsetagen zurückkehrten.
Aber heute musste er wohl den Impresario bei einer Zirkusnummer spielen. Peter Reiniger war der Ansicht, dass seine Tochter einen heilsamen Schock erleben musste, um erwachsen zu werden.
In diesem Szenario gab es viele unbekannte Faktoren. Die Recherchen zu den sechs jungen Leuten, die in dieses Wochenende fuhren, waren ziemlich unergiebig ausgefallen, weil sie praktisch keine Geschichte hatten. Ihren Antworten auf dem Fragebogen von Edge hatte er nur entnehmen können, dass sie unerfahrene, behütete Studenten waren. Autumn Reiniger und Dustin Cameron stammten aus höchst privilegierten Familien – was bei ihm sofort die Alarmglocken schrillen ließ. Die Sprösslinge superreicher Eltern dachten oft, dass jede Krise mit einem Scheck von Daddy bewältigt werden konnte.
Hinter den anderen – Peyton Mackie, Lark Sobieski, Noah Holloway und Cody Grier – stand ein Fragezeichen. Sie waren noch nie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Es gab gesundheitliche Probleme bei …
»Terry?«
Coates drehte sich um.
Sein Bruder stand am Steuerpult des Schnellboots. »Wir können loslegen.«
»Hervorragend.« Coates ging daran, die Leinen loszumachen. In diesem Augenblick piepte sein Telefon. Eine SMS .
6 PaB
Die Nachricht kam von Kyle Ritter, der die Limousine steuerte. Sechs Personen an Bord. Sie waren unterwegs zum Sammelpunkt.
Erneut spähte Coates über die Bucht. Am südlichen Zipfel von San Francisco lag kaum sichtbar die Schiffswerft Hunters Point. Dahinter erstreckte
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