Todesmut - Gardiner, M: Todesmut - N.N. (Jo Beckett 4)
das mit der Möglichkeit winkte, dass hinter der Geldschranke etwas Handfestes wartete.
Aber sie hatte keine Lust, 59,99 Dollar zum Fenster hi nauszuwerfen. Und sie hatte eine Regel, an die sie sich manchmal sogar hielt: Stolpere nicht blind in ein Dickicht, aus dem ein Knurren dringt.
Zurzeit kannte sie nicht viele Leute, die sie um einen Gefallen bitten konnte. Zumindest nicht bei den Strafverfolgungsbehörden. Da war Raffinesse gefragt. Charme. Über zeugungskraft. Sie rief beim Sheriff’s Office von Santa Barbara an, um eine Kontaktperson zu erreichen, Detective Lilia Rodriguez.
Rodriguez war nicht im Dienst, also sprach sie ihr eine Nachricht auf Band. »Ich schreibe einen Artikel über Phelps Wylie, und ich bin auf eine Spur gestoßen. Was Großes, Lily. Der Detective, der den Fall unter Dach und Fach bringt, könnte glatt die Treppe rauffallen.« Sie hinterließ den Namen Ruby Ratner und bat Lily um Rückruf.
Dann sammelte sie ihre Sachen zusammen.
R uby Ratners Haus war ein trister gelber Kasten in einer tristen Gegend nahe einem erhöhten Abschnitt der I-280. Der Vorgarten war zubetoniert und mit Plastikwindrädern dekoriert, die leuchtend wie Buntstifte gleich dutzendweise im Maschendrahtzaun steckten. Evan schob das knarrende Gartentor auf, und unmittelbar darauf brach im Haus jaulendes Gebell los.
Als sie den unkrautverzierten Weg zur Hälfte hinter sich hatte, öffnete sich die Tür einen Spalt. Ein kläffendes Fellbündel erschien, geparkt zwischen den stämmigen Beinen einer Frau mit grauer Dauerwelle.
Das Gesicht der Frau war umrahmt vom Dunkel hinter ihr. »Kommen Sie wegen der Party?« Sie hatte den Mund zusammengekniffen, als würde sie an einem Kiesel lutschen. Ihre Cateye-Brille war zu einer Zeit modern gewesen, als Harper Lee Wer die Nachtigall stört schrieb. Aber nur vielleicht. Und höchstens in Wohnwagensiedlungen, die die älteren Ausgaben des Sears-Katalogs bekamen.
Evan lächelte. »Ruby Ratner?«
»Sind Sie ein Gerichtszusteller?«
»Nein, Ma’am.« Heute nicht.
Der kleine Hund bleckte die Zähne und bellte, als würde er gleich einen Anfall bekommen. Die Frau schob ihn mit dem Fuß beiseite. Wie magnetisch angezogen hüpfte er sofort zum Türspalt zurück. Die Frau musterte Evan durch schmale Augenschlitze.
»Mrs. Ratner? Die Party?« Evan blieb freundlich.
Die Frau schien kurz zu überlegen. Der Hund fing an, ihr Fußgelenk zu bespringen.
Sie schüttelte ihn ab. »Pepito, hol dein Quietschspielzeug.«
Der Hund drehte sich um und trippelte davon. Nachdem die Frau Evan einen weiteren Moment finster fixiert hatte, trat sie wortlos zurück und öffnete die Tür.
»Er ist nicht da, aber wir können schon mal die Party besprechen.« Sie winkte Evan hinein. In den OK Corral.
19
Dane Haugen fixierte sein Display. Ein mit Holz beladener Peterbilt-Sattelschlepper rumpelte an dem geparkten Volvo-Geländewagen vorbei. Sie befanden sich in einer Fernfahrerkneipe in den Sierra-Ausläufern. Die Sonne war inzwischen hinter Gewitterwolken verborgen. Das Lokal hatte WLAN für die Trucker, Touristen und Bergwanderer, die sich mit Kaffee und Nachrichten abfüllen wollten, bevor sie zum Klettern aufbrachen, sich zum Vögeln zurückzogen oder einen Schwerlaster durch die Berge steuerten.
Haugen überprüfte online sein Bermuda-Konto. Er warf Sabine einen Blick zu. »Flugradar von Reinigers Ma schine?«
Sie leerte ihren Bildschirm. Nachdem sie Echtzeit-Radardaten aufgerufen hatte, erkannte sie das kleine gelbe Bild des Flugzeugs, das Peter Reiniger nach New York brachte.
»Sie ist über Ost-Ohio. Planmäßig.«
Haugen knurrte bestätigend. Er bearbeitete gerade den Film mit dem Lockmaterial, das er Reiniger in einigen Stunden vorführen wollte. Der Trailer für seinen neuen Katastrophenfilm sozusagen.
Fotos, Film, Ton – der Trailer zeigte ihn mit Autumn und ihren Freunden, die gefangenen Spielleiter von Edge Ad ventures und – auf äußerst plastische Weise – die Konsequenzen der Nichterfüllung seiner Forderungen. Reiniger würde das Ganze als die unwiderstehlichste Anlage seiner Finanzkarriere betrachten. Er würde investieren. Das letzte Hemd würde er hergeben und sein eigenes Rückenmark verkaufen, um diese Chance beim Schopf zu packen.
Das Geschäft lief, auch wenn Reiniger noch nicht davon gehört hatte. Und ihm den Filmtrailer Autumn! Teil 1 zukommen zu lassen war der erste Schritt des Plans.
Haugen hielt das Video an, um eine elegante Aufnahme zu bewundern: die
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