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Todesnacht - Booth, S: Todesnacht - Scared to Live

Titel: Todesnacht - Booth, S: Todesnacht - Scared to Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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sichergestellt haben. Wahrscheinlich hat er einige Zeit damit verbracht, Onkel für die Kinder zu spielen, meinen Sie nicht?«
    »Ja«, sagte Fry. »Vermutlich.«
     
     
    An der Tür des Vernehmungsraums Eins war das »Besetzt«-Zeichen zu sehen. Darin saß John Lowther und schwitzte. Unter seinen Achseln hatten sich feuchte Flecken gebildet, und seine Brille rutschte auf der Nase nach unten. Er sah aus wie jemand, der bei einer schändlichen Tat ertappt worden war. Dabei saß er nur in einem Vernehmungsraum der Polizei und wartete auf die Fragen.

    Mit Cooper als Beisitzer begann Fry mit der Befragung, indem sie Lowther bat, seinen Namen, sein Alter und seine Adresse zu bestätigen. Dann sah sie ihn an und war sich kurzzeitig unsicher, wie sie die Befragung angehen sollte, um ihn zum Sprechen zu bewegen.
    »Ich nehme an, bei Ihrer Adresse handelt es sich um eine Wohnung, Sir?«
    »Ja, ich wohne in einer neuen Siedlung in Matlock. In einer umgebauten Innerei, ich meine Spinnerei. Recht hübsch.«
    »Ich verstehe. Gehört Ihnen die Wohnung, Mr. Lowther?«
    »Sie ist auf neunhundertneunundneunzig Jahre gepachtet. Von denen noch neunhundertsiebenundneunzig übrig sind. Zwei Jahre weniger, wissen Sie. Aber das ist nicht schlimm.«
    Fry runzelte die Stirn. »Gut. Und Sie sind Aktuar von Beruf?«
    »Anruf? Ja, ich habe umfangreiche Erfahrung auf dem Gebiet.«
    »Tatsächlich?«
    »Ich habe drei Jahre lang in Leeds in West Yorkshire gearbeitet. Aber diesen Job habe ich vor einem Jahr an den Nagel gehängt.«
    »Dann sind Sie also derzeit arbeitslos?«
    Er lächelte. »Man könnte sagen, ich ruhe mich aus. In dieser Gegend gibt es nicht viel Arbeit für Aktuare.«
    »Ich verstehe.«
    Fry hatte sich bei einer Vernehmung noch nie so unsicher gefühlt. Sie konnte sich selbst zu oft »ich verstehe« sagen hören, ein sicheres Anzeichen für jeden Zuhörer, dass sie fast gar nichts von dem verstand, was Lowther sagte. Fiel ihm das ebenfalls auf? Handelte es sich um einen bewussten Trick von ihm, um ihre Befragungsstrategie zu stören? Wenn ja, war es äußerst subtil. Aber es funktionierte.
    Plötzlich schien Lowther irgendetwas hinter ihr an der Wand anzustarren.

    »Ist hier irgendwo ein Hund?«
    Fry wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie warf Cooper einen Blick zu, um zu sehen, wie er reagierte, doch er saß ruhig da und beobachtete aufmerksam.
    Sie legte eine Pause ein, um vor der nächsten Frage ihre Gedanken zu sammeln. Doch Lowther gestattete ihr keine Pause.
    »Einer meiner Nachbarn hat einen Hund. Einen Schäferhundmischling. Langhaarig und zottelig, wissen Sie? Seit ich in meiner Wohnung wohne, habe ich ihn noch nicht ein einziges Mal bellen hören. Er bellt nicht mal, wenn die Müllmänner durchs hintere Tor kommen.«
    »Warum beunruhigt Sie das, Sir?«
    »Woher soll man denn wissen, was ein Hund ist und was nicht? Hunde sind domestizierte Wölfe. Wenn ein Hund nicht bellt, ist er dann eigentlich ein Wolf? Das ist eine Frage von Identität, verstehen Sie?«
    »Mr. Lowther, wann haben Sie Ihre Schwester zum letzten Mal gesehen?«
    »Oh, Lindsay? Letzte Woche. Es könnte auch vorletzte Woche gewesen sein.«
    »Waren Sie bei dieser Gelegenheit zu Besuch im Haus in der Darwin Street?«
    Er zögerte und verzog den Mund, als bemühte er sich, Worte zu vermeiden, die er nicht aussprechen konnte.
    »Ich kann mich nicht mehr erinnern.«
    »Sie können sich doch sicher erinnern, wo Sie Ihre Schwester zum letzten Mal gesehen haben.«
    Lowther starrte sie an. Ihr fiel auf, dass seine Pupillen hin und her wanderten, als versuchte er, einen Gegenstand zu fixieren, der ständig in Bewegung war. Bei Fry machte sich das Gefühl breit, dass sie für ihn gar nicht wirklich da war. Zumindest nicht die ganze Zeit.
    »Ich kann mich nicht mehr erinnern. Hatte ich das schon gesagt?«

    Fry wechselte absichtlich ihre Sitzposition, schob demonstrativ ihre Unterlagen auf dem Tisch hin und her und gestikulierte mit den Händen vor dem Gesicht. Alles, um sicherzugehen, dass sie John Lowthers volle Aufmerksamkeit hatte.
    »Ich weiß, dass Sie Ihrer Schwester sehr nahestanden, Sir. Aber was für ein Verhältnis haben Sie zu Ihrem Schwager, Brian Mullen? Würden Sie sagen, dass es zwischen Ihnen Unstimmigkeiten gab?«
    Doch Lowther schien sie kaum gehört zu haben. Er machte abermals jene kauende Mundbewegung. Fry kam zu dem Schluss, dass er nicht versuchte, Wörter auszusprechen, sondern sie zu verschlucken, sie in den Mund zurückzusaugen, ehe

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