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Todesnacht - Booth, S: Todesnacht - Scared to Live

Titel: Todesnacht - Booth, S: Todesnacht - Scared to Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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zu versorgen. An diesem Abend reflektierte das Glas allerdings nur den Lichtstrahl seiner Taschenlampe und das vereinzelte Funkeln von Maschinen in der Weberei.
    Cooper schnüffelte instinktiv. Der Geruch von Schmieröl und Leder schien im Dunkeln stärker zu sein. Vielleicht lag es aber auch an der Stille. Er war sich nicht sicher, was mehr Unterschied machte. Seine Jacke streifte raschelnd die Wand, und jeder seiner Schritte brachte die Dielen zum Knarren. Auf dieser Ebene konnte er ein tiefes, grollendes Geräusch hören und spüren, dass der Fußboden leicht vibrierte. Sein gesunder Menschenverstand sagte ihm, dass die Turbinen laufen mussten. Wenn sie nachts eingeschaltet waren, versorgten sie vermutlich das Überlandnetz mit überschüssigem Strom. Doch ihr Grollen klang eher wie das Herz des gewaltigen Spinnerei-Gebäudes, das durch die Wände hindurch pochte und viel zu schnell schlug.
    Cooper spürte, wie sein eigener Herzschlag im Rhythmus mit den Turbinen schneller wurde und wie ihm Beklemmung die Brust zusammenschnürte. Er hatte den Eindruck, als würde sich von dem Gebäude selbst Furcht auf ihn übertragen.
Sei vorsichtig . Bin ich das nicht immer? Nein, das bist du nicht .
    Er blieb wie angewurzelt stehen, da er plötzlich einen Widerwillen verspürte, weiter in die Weberei hineinzugehen. Dabei wusste er nicht, wovor er Angst hatte. Doch das Unbekannte war immer am beängstigendsten. Man kann nur vor etwas Angst haben, das noch nicht geschehen ist . Verdammt richtig, Dr. Sinclair. Es war jedoch schon eine Menge geschehen. Wie viele Menschen waren bereits gestorben? Zu viele, um sie zu zählen.
    Für einen Augenblick verschwammen und verzerrten sich die Reihen von Webstühlen. Sie schienen ihre Form zu verändern und sich in geduckte, kantige Tiere zu verwandeln, die einen Tunnel säumten, der von ihm wegführte. Sie winkten ihn weiter in die Dunkelheit und flüsterten ihm mit ihren ledernen Zungen zu, die sich aus den Antriebsriemen und Rollen gebildet hatten.
    Cooper schüttelte den Kopf und versuchte, die Illusion zu vertreiben und die Lügen zu verneinen, die ihm seine Sinne vorgaukelten. Dann entdeckte er am anderen Ende der Webhalle das, was seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Der unstete Lichtstrahl seiner Taschenlampe war an einer Form auf dem Boden hängen geblieben. Ein Bündel Lumpen, ein Haufen Sackleinen? An diesem Ort wäre das durchaus möglich gewesen. Alles war möglich. Doch Cooper wusste, dass es sich nicht um ein Bündel Lumpen oder um einen Haufen Sackleinen handelte und auch nicht um eine Täuschung des Lichts. Es handelte sich um einen menschlichen Körper.
    »Oh, Scheiße.«
    Er erkannte den Geruch von Blut. Das musste der Auslöser für seine Beklemmung gewesen sein, die Botschaft, die seine Sinne ihm geschickt hatten. Blut bedeutete Gefahr. Sei vorsichtig .
    Plötzlich rückte seine Ungebung wieder in eine normale
Perspektive, und seine Beine trugen ihn wieder voran. Cooper schob sich vorsichtig an den Webstühlen und den anderen Maschinen vorbei und kontrollierte die dunkelsten Ecken des Raums, ehe er sich über den Körper beugte und dessen Puls fühlte. Trotz der großen Menge Blut, die das Haar verfilzte und sich auf dem Betonfußboden ausbreitete, war noch ein Lebenszeichen zu erkennen.
    Da Coopers Ohrhörer seit einigen Minuten schwieg, wusste er, dass der Kontakt abgebrochen war. Er griff zu seinem Handy und betete, dass er Empfang hatte. Dafür gab es keine Garantie, weil er sich unterhalb der Straße befand. Doch er hatte ausnahmsweise einmal Glück. Als Erstes rief er einen Krankenwagen, dann wählte er Frys Nummer.
    »Diane, ich habe Brian Mullen gefunden.«
    »Gott sei Dank. Geht es dem Kind gut?«
    »Nein, hör mir zu. Ich habe gesagt, ich habe Mullen gefunden. Er ist bewusstlos – es sieht aus, als hätte er einen heftigen Schlag auf den Kopf bekommen, und er hat ziemlich viel Blut verloren. Aber er atmet. Ich habe bereits einen Krankenwagen gerufen.«
    »Und Luanne?«
    Cooper konnte einen Augenblick lang nicht antworten. Er starrte die langen Reihen von Webstühlen und die schimmernden Spulen an. Weiße Wände, verstaubte Regale und der Lichtstrahl seiner Maglite, der vom Glasdach der Webhalle reflektiert und vervielfacht wurde. Und in der Ferne, beinahe zu weit weg, eine Türöffnung, die aus der Spinnerei hinaus zu den tiefen Kanälen führen musste, die mit Wasser aus dem Fluss gespeist wurden.
    »Ben, bist du noch da? Was ist mit dem Kind?«
    »Keine Spur

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