Todesnacht - Booth, S: Todesnacht - Scared to Live
nicht sehr lange zu seinen Patienten gezählt, und er hat keinen Zugang zu Daten über etwaige frühere Erkrankungen. Miss Shepherd hat ihm gesagt, sie hätte im Ausland gelebt...« Hitchens machte eine Pause. »Außerdem, wovor auch immer Rose Shepherd Angst gehabt hat, ihre Furcht war nicht irrational. Die Kugeln, die sie getötet haben, waren echt.«
»Gibt es ein Update, was die Kugeln betrifft?«, fragte Kessen.
»Die sind inzwischen im Labor«, sagte Wayne Abbott. »Die Kugel, die aus der Wand im Schlafzimmer entfernt wurde, ist so stark beschädigt, dass sie unbrauchbar ist, aber auf den beiden, die die Pathologin entfernt hat, sind die Oberflächenspuren noch intakt. Mit ein bisschen Glück müsste uns der Schusswaffenexperte Marke, Modell und Kaliber des Gewehrs nennen können. Und wenn es uns gelingt, die Waffe ausfindig zu machen, können wir sie mit ziemlicher Sicherheit den Kugeln zuordnen.«
»Können wir die Kugeln denn nicht in die Ballistik-Datenbank eingeben?«
»Tja, das könnten wir schon machen – aber welches Ergebnis würden Sie sich davon erhoffen?«
»Eine Übereinstimmung, die uns helfen würde, die Waffe zu identifizieren, natürlich«, erwiderte Kessen.
Abbott schüttelte den Kopf. »Ich denke, hier liegt ein Missverständnis darüber vor, was eine Datenbank leisten kann. Man kann eine Waffe nur dann identifizieren, wenn sie irgendwo gefunden und im Labor probeweise abgefeuert wird. Aber diese Waffe ist noch irgendwo da draußen und wird benützt. Sie ist nicht in der Datenbank registriert.«
»Aber könnten wir vielleicht eine Verbindung herstellen,
falls dieselbe Waffe bereits bei einer früheren Straftat benutzt wurde und man die Kugeln gefunden hat?«
»Vielleicht. Vorausgesetzt, die Einzelheiten dieser früheren Straftat wurden in die Datenbank eingegeben.«
»Dann machen Sie einen Versuch«, sagte Kessen.
»Wie Sie wünschen.«
»Was steht im Obduktionsbericht, Paul?«
»Mehr oder weniger das, was wir erwartet haben. Eine Kugel ist neben dem linken Auge des Opfers eingedrungen und ein paarmal innen an der Schädeldecke abgeprallt, bevor sie sich hinter dem rechten Ohr festgesetzt hat. Die andere hat den linken Lungenflügel durchdrungen und wurde in der Nähe der Wirbelsäule entnommen. Ein Hochleistungsgewehr kann im menschlichen Körper eine Menge Schaden anrichten.«
Hitchens heftete weitere Fotos an die Tafel. Von der Stelle aus, an der die Kugel neben der Wirbelsäule zum Stillstand gekommen war, hatten sich kleine Wellen ausgebreitet, als hätte man einen Stein in einen Teich geworfen. Fleisch war eingerissen und Weichgewebe zerquetscht. Schließlich bestand der Körper fast ausschließlich aus Wasser – und die Aufpralldynamik einer Kugel wurde in hydrostatische Energie umgewandelt, die mit der zerstörerischen Kraft eines Tsunami zu vergleichen war.
»Bislang haben wir niemanden, der als Verdächtiger in Frage käme«, sagte der Detective Inspector. »Wir haben nicht einmal jemanden, der sie offiziell identifizieren könnte, bis ihr Hausarzt zurückkommt. Dem Obduktionsbericht zufolge war das Opfer, medizinisch betrachtet, nicht in der Lage, Kinder zu bekommen, deshalb sind keine Kinder auf der Bildfläche. Momentan ist der Aushilfshandwerker derjenige, der am ehesten an einen nächsten Verwandten herankommt.«
Nach der Einsatzbesprechung ging Fry mit Hitchens ins Büro des Detective Chief Inspector, um über ihre Fortschritte bei
den Ermittlungen zum Brand in der Darwin Street Bericht zu erstatten.
»Sobald es dem Ehemann wieder gut genug geht, möchte ich ihn zum Schauplatz bringen«, sagte sie, nachdem sie ihre Vorgesetzten auf den neuesten Stand gebracht hatte. »Nach Möglichkeit schon heute. Sofort nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus.«
»Warum?«
»Zunächst einmal, weil ich sehen möchte, wie er reagiert. Seine Reaktion auf den Tod seiner Frau und seiner Kinder war bislang schwer einzuschätzen, aber das könnte an den Beruhigungsmitteln liegen, die er im Krankenhaus bekommt. Außerdem habe ich ihm noch keine Einzelheiten genannt, wie das Feuer ausgebrochen ist. Ich möchte wissen, ob er von selbst zum Brandherd geht oder ob ihm irgendwas rausrutscht, was er eigentlich nicht wissen dürfte. Sollte er dagegen unschuldig sein, kann er uns vielleicht auf irgendeinen Gegenstand aufmerksam machen, der nicht ins Haus gehört und auf einen Eindringling oder einen Besucher hindeutet, von dem wir nichts wissen.«
»Dann ist in diesem Fall
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