Todesnacht: Thriller (German Edition)
raffinierte Typ bekannt. Wenn er es geschafft hätte, Harlan an Ort und Stelle umzubringen – und ich glaube, genau das hatte er vor –, dann wäre der Fall abgeschlossen gewesen. Wir kennen die Schlagzeilen ja zur Genüge: Bewaffneter Tatverdächtiger leistet Widerstand und wird bei der Festnahme erschossen. Schlüssige Beweise in der Wohnung des Tatverdächtigen entdeckt. Und so weiter und so fort. «
» Interessant. Ich will das gar nicht ganz ausschließen. Hören Sie, Maggie « , sagte Sean, und seine Stimme wurde sanfter, vertraulicher. » Vielleicht könnten wir das Ganze heute Abend beim Essen besprechen? Es gibt in Ellsworth ein hübsches, kleines Lokal. Mediterrane Küche. Das Cleonice. «
Es fiel ihr schwer, Interesse zu heucheln, aber sie schaffte es. » Soll das etwa ein Date sein, Sean? « , fragte sie ihn mit einer Stimme, die koketter klang als alles, was McCabe jemals von ihr zu hören bekommen hatte.
» Selbstverständlich nicht « , erwiderte Sean, doch auch das hörte sich ein klein wenig nach Flirt an. » Das wäre unangebracht. Ich bitte Sie um ein Treffen als meine vertrauliche Informantin. Um über den Fall zu sprechen. «
Und nach dem Essen?, dachte Maggie. Hatte er vor, seine vertrauliche Informantin mit nach Hause zu nehmen, ihr ein Gläschen Cognac mit Schuss zu servieren, gefolgt von einer kleinen Runde unfreiwilligem Sex und einem ebenso kleinen unfreiwilligen Mord? Man konnte über diesen Kerl sicherlich alles Mögliche sagen, aber eines stand fest: Er hatte cojones, und zwar große.
» Ach Gott, Sean, liebend gern, aber ich glaube nicht, dass ich es heute schaffe. Sie haben sicherlich gehört, dass Emily einen Pfeil mit einem Betäubungsmittel abbekommen hat. Und da muss ich bei ihr sein. «
» Ja, das habe ich gehört. Das verstehe ich. «
» Okay. Also dann, ein andermal. «
» Ja. Sehr gerne. Ein andermal. «
» Wie ist deine Einschätzung? « , wollte McCabe wissen, nachdem sie das Gespräch beendet hatte.
» Ich bin mir so sicher wie nie zuvor. Er ist unser Mann. Erstens hat er behauptet, dass er gestern Abend nicht zu Hause gewesen wäre und nicht mit Alice Spaulding gesprochen hätte. Eine glatte Lüge. Susan Marsh hat er auch nicht erwähnt. Was mir Sorgen bereitet. Carroll kann gestern Abend nur aus einem einzigen Grund nach Hause gefahren sein: weil Marsh ihn darum gebeten hat. Weil sie etwas Dringendes mit ihm besprechen wollte. «
» Unsere Vorwürfe? «
» Ja. Und wenn das so war, dann kann es sein, dass sie in Schwierigkeiten steckt. Ob du’s glaubst oder nicht: Carroll hat mich gefragt, ob ich heute Abend mit ihm essen gehen will. «
Zwanzig Minuten später klingelte Maggies Handy. Burt Lund war am Apparat. Er hatte Tiffany Stoddards Verbindungsdaten besorgt. » Sie sind wirklich interessant « , sagte er. » Tiff hatte nicht nur ein, sondern sogar zwei Handys angemeldet. Beide bei AT &T. Bei dem einen hat sie selbst den Begrüßungstext auf die Mailbox aufgesprochen, bei dem anderen eine andere Person, eine gewisse Tabitha. «
Maggie erzählte Burt von dem Anruf, den sie von Tabithas Handy aus bekommen hatte, in der Nacht, als ihre Eltern ermordet wurden.
» Ja, genau. Hier in der Liste steht auch Ihre Nummer. «
» Was lässt sich sonst noch feststellen? «
» Tja, Tiff hat zahlreiche Handynummern gewählt, die sich nicht zurückverfolgen lassen, und ist auch oft von Handys mit unterdrückter Nummer angerufen worden « , sagte Burt. » Aber nur selten hat jemand auf die Mailbox gesprochen. Meistens irgendwelche harmlosen Dinge, Freundinnen oder Familienangehörige. Aber drei Nachrichten waren interessant – weil sie nämlich erst nach Tiffs Tod aufgesprochen wurden. «
» Von wem? «
» Von ihrer Schwester. Und jedes Mal war Tabitha sich vollkommen im Klaren darüber, dass sie einer Toten eine Nachricht hinterlässt. «
Mein Gott, dachte Maggie, was dieses Kind alles durchmachen musste!
» Könnten Sie mir die Nachrichten vorspielen? «
Lund tat, worum sie ihn gebeten hatte. Dann spielte er sie noch einmal ab, und Maggie nahm jedes Wort mit ihrem Digitalrekorder auf.
» Gibt es auch irgendwelche neueren Nachrichten von meinem Bruder Harlan? «
» In den letzten Wochen nicht. Auch keine SMS . «
» Haben Sie sich bei AT &T erkundigt, ob sonst noch jemand die Verbindungsdaten angefordert hat? «
» Habe ich. Und die Antwort ist Nein. «
» Nicht einmal Sean Carroll? «
» Nicht einmal Sean Carroll. «
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Dienstag, 25. August 2009, 19.12
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