Todesnacht: Thriller (German Edition)
Polizei bei der Durchsuchung seines Wohnwagens angerichtet hatte. Aber Maggie hielt es für wahrscheinlicher, dass er einfach nur seinem Vater aus dem Weg gehen wollte.
Als sie am Wohnzimmer vorbeikam, wo Emily und Tabitha mit dem Rücken zur Tür auf dem Sofa saßen, blieb Maggie stehen und lauschte. Em bat Tabitha, ihr zu erzählen, was alles passiert war. Zumindest das, was sie wusste. Und Tabitha fing an zu erzählen. Doch schon vor dem Ende ihrer Schilderungen brach sie in Schluchzen aus.
Em legte ihr den Arm um die Schulter und drückte sie an sich. Ihre gebrochenen Rippen mussten ihr dabei höllische Schmerzen bereiten. Doch selbst wenn das der Fall war, dann ignorierte sie es. » Das mit deinen Schwestern und deinen Eltern ist wirklich schrecklich « , sagte sie. » Ich kann dir gar nicht sagen, wie leid es mir tut. «
» Das Problem ist « , sagte Tabbie mit tränenerstickter Stimme, » ich weiß nicht, wo ich jetzt hingehen soll. Meine ganze Familie ist weg, meine Eltern, meine Schwestern, alle. Und ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass sie an einem besseren Ort sind. Ich glaube, sie sind überhaupt nirgends, bloß unter der Erde. Und Onkel und Tanten habe ich auch keine. Was soll ich denn jetzt tun? Ich bin doch erst elf, weißt du? Ich kann mir doch noch keine Arbeit suchen. Irgendwie wäre ich gerne bei Harlan geblieben, aber ich glaube nicht … «
» Ich glaube, das wäre nicht leicht für Harlan « , sagte Em. » Aber vielleicht kannst du ja eine Weile bei mir wohnen. «
Tabitha sah zu der Ärztin auf, die noch größer war als die Polizistin. Sie war sogar noch größer als Harlan. » Würdest du das denn wollen? «
» Ja, sicher. Ehrlich gesagt, wenn ich darüber nachdenke, dann hätte ich dich sogar sehr gerne bei mir. «
» Bist du dir sicher? «
» Ja, bin ich. Aber vielleicht fällt es dir ja leichter, wenn wir einfach sagen, wir probieren es für eine Weile aus. Mal sehen, wie wir miteinander klarkommen. «
» Meinst du, das ist erlaubt? «
» Wir müssten natürlich noch mit dem Jugendamt sprechen, aber ich glaube nicht, dass es ein Problem wäre. «
» Ich weiß nicht « , entgegnete Tabitha. » Ich bin ein bisschen seltsam. Das sagen alle. Vielleicht magst du mich ja gar nicht … «
» Das ist schon okay. « Emily lächelte. » Ich bin selbst auch ein bisschen seltsam. Und ich glaube, dass ich dich sehr wohl mag. Aber ich muss dich warnen: Im Moment habe ich nur die kleine Wohnung über meiner Praxis. Am Anfang hätten wir also nicht allzu viel Platz. Du müsstest erst mal auf einem Bettsofa schlafen. Aber ich denke gerade darüber nach, ein wunderschönes Haus direkt am Meer in Roque Bluffs zu kaufen. Also, wenn das klappen und du dich entscheiden würdest, bei mir zu bleiben, dann hätten wir dort jede Menge Platz. «
» Wärst du dann meine Mutter? «
» Deine richtige Mutter könnte ich dir niemals ersetzen. Und das würde ich auch gar nicht wollen. Ich könnte so etwas wie eine Ersatzmutter für dich werden. Aber nur, wenn du das auch willst. «
Tabitha blieb stumm.
» Ich mache dir einen Vorschlag « , sagte Emily. » Warum fahren wir nicht heute Nachmittag zusammen nach Roque Bluffs und sehen uns das Haus an? Wenn es dir gefällt, dann probieren wir’s aus. Einverstanden? «
Tabitha stand auf und schlang die Arme um Emily. Sie weinte immer noch, aber es sah so aus, als würde ihr Leben gerade eine Wendung zum Besseren nehmen. » Einverstanden « , sagte sie.
Maggie verzog sich, bevor eine der beiden sie sehen konnte. Es war ihr peinlich, dass sie gelauscht hatte. Sie wollte den beiden diesen Augenblick der Zweisamkeit lassen. Sie ging nach oben in ihr Zimmer, klappte den Laptop auf und rief ihre E-Mails ab. Nichts Interessantes – bis auf eine Nachricht von Billy Webb. Die Auswärtstour ging in einer Woche zu Ende, dann würde er zurück nach Portland kommen. Er hoffte, dass er sie dann zum Essen einladen dürfe.
Sie wünschte sich immer noch einen Menschen, mit dem sie ihr Leben teilen mochte, aber wer immer das war: Billy Webb war es ganz sicher nicht.
» Vielen Dank für die Einladung « , schrieb sie zurück. » Aber ich fürchte, ich muss ablehnen. Du bist ein netter Kerl, Billy, und ich mag dich, aber ich glaube nicht, dass wir eine gemeinsame Zukunft haben. «
Sie klappte den Laptop zu, ging nach unten, zog die Kühlschranktür auf und nahm sich ein kaltes Geary’s. Nachdem sie die Flasche aufgemacht hatte, ging sie nach draußen auf die Veranda.
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