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Todesnähe

Todesnähe

Titel: Todesnähe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. J. Tracy
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programmieren, als eingehenden Anruf die Nummer des McDonald’s am Moskauer Puschkinplatz anzugeben.
    Sein Telefon hatte ziemlich lange geschwiegen, doch gestern hatte er die Nachricht erhalten, dass er heute Abend mit einem Anruf rechnen müsse, der ihn zum Einsatz rief. Er war bereit. «Ich hab schon gewartet, dass du endlich anrufst, Mann», sagte er zur Begrüßung.
    «Soll ich das als Zusage nehmen?»
    Juan hob den Kopf und sah zu, wie die einzige Deckenlampe flackerte und dann endgültig ausging. «Nimm’s als ‹Worauf du einen lassen kannst›.» Er klemmte sich das Telefon zwischen Ohr und Schulter, schaltete die Taschenlampe ein und folgte ihrem schwachen Lichtstrahl zum Fenster, wo er durch die Schlitze der staubigen Plastikjalousie spähte. Das ganze Viertel war dunkel, und auch der Rest der Stadt, den er sonst in der Ferne erkennen konnte, war schwarz. L. A., oder zumindest ein großer Teil davon, hatte keinen Strom mehr. Die Pacific Gas & Electric hatte klein beigeben müssen. «Hast du eine Adresse für mich?»
    Der Mann rasselte eine Anschrift herunter, die gut drei Kilometer von Juans Bungalow in Culver City entfernt lag, und Juan prägte sie sich ein und wiederholte sie dann. Er wollte nichts aufschreiben, aber natürlich auch keinen Fehler machen. «Das Timing ist perfekt. Wir haben gerade einen großflächigen Stromausfall, und das Ziel scheint sich auch in der betroffenen Zone zu befinden. Scheint so, als hätte ich heute das große Los gezogen.»
    Am anderen Ende der Leitung wurde merklich gezögert. «Eins musst du noch wissen. Unsere Quelle hat drei verschiedene Rechner und drei verschiedene Mobilfunksignale in dem Haus isoliert. Wechselnde Benutzernamen und Internetprovider, mit jeweils eigenen Scheinkonten.»
    «Dann sind es also drei.»
    «Mindestens.»
    «Kein Problem. Das kriege ich in den Griff. Schau dir morgen den täglichen Polizeibericht von L. A. an, dann hast du die Bestätigung, dass der Auftrag ausgeführt ist.»
    Der namenlose, gesichtslose Anrufer, mit dem er jetzt seit zwei Monaten in Kontakt stand, schwieg lange, und Juan glaubte, im Hintergrund eine Tastatur klappern zu hören. «Dann viel Glück», sagte der andere schließlich. «Pass auf dich auf.»
    «Semper fi.»
    «Semper fi.»
    Juan beendete das Gespräch und zog eine Tasche unter dem Sofa hervor. Dazu brauchte er keine Taschenlampe – er wusste immer auf den Millimeter genau, wo diese Tasche war. Sie sah aus wie eine Sporttasche, denn in L. A. wunderte sich niemand, wenn ein durchtrainierter Mann spätnachts mit einer Sporttasche durch die Gegend lief, vor allem nicht, wenn er dazu noch Sportklamotten trug, so wie Juan. Die perfekte Tarnung. Kein Mensch würde darauf kommen, was wirklich in der Tasche war. Zeit zu gehen.
    Juan brauchte keine Stunde, um zu Fuß mit der Tasche in der Hand an sein Ziel zu gelangen, sich im Schutz einer wuchernden Oleanderhecke in Position zu begeben und die Zielpersonen auszukundschaften. Auf der Ostseite des Hauses waren die Jalousien nicht heruntergelassen, er konnte direkt in die Küche sehen. Das Nachtsichtgerät zeigte ihm die grünlich schimmernden Umrisse von fünf Männern, die um einen Tisch saßen. Perfekt. Das war ja leichter als früher bei den Schießübungen.
    Als die erste Kugel traf, erstarrten die anderen vier am Tisch. Der Schuss hatte sie aufgeschreckt, doch sie konnten das Loch in der Stirn ihres Kumpels natürlich nicht sehen. Verflixt, war das toll mit diesem Stromausfall!
    Zwei, drei, vier … sie fielen wie die Fliegen … O nein. Verdammt! Wo war der fünfte hin?

[zur Inhaltsübersicht]
KAPITEL 19
    A m Dienstagmorgen war die Schießerei in Little Mogadishu die meistabgerufene Nachricht im Internet – alle Medien stürzten sich auf das Video von den Frauen, die schreiend vor dem Polizisten wegrannten, und sowohl auf den staatlichen Kanälen als auch auf den Kabelsendern lief es rauf und runter. Und als wäre das noch nicht genug, hatte irgendwer ein bisschen zu viel über den Inhalt des Waffenlagers und die Identität der Opfer ausgeplaudert. Ein gefundenes Fressen für die Verschwörungstheoretiker, die praktisch über Nacht zu dem Schluss gelangten, Minneapolis beherberge eine unbekannte Kernzelle des weltweiten Terrorismus, die sich hier, im ahnungslosen Herzen des Landes, zusammengefunden hatte.
    Die Stadt war im Kampf gegen den Terrorismus ins Zentrum gerückt. Schon wieder. Das war nicht gut für ihr Image und noch viel schlechter für das

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