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Todesopfer

Todesopfer

Titel: Todesopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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attraktiv aus. Nicht unbedingt hübsch, doch apart mit ihrem markanten Kinn und den braunen Augen. Schlagartig wurde mir klar, dass sie mir sehr ähnlich sah. Sie schaute sich um und sank dann auf eins von Danas Sofas.
    Ich zwang mich, eine Weile zu schweigen. Ich hatte so viel zu sagen, dass ich Sorge hatte, nicht alles verständlich rüberzubringen. Als ich glaubte, sprechen zu können, ohne sinnloses Zeug zu schwafeln, fuhr ich fort.
    Â»Vor ungefähr vier Jahren habe ich mal eine Zeit lang mit Suizidpatienten gearbeitet. Mit Patienten, bei denen der Suizidversuch nicht geklappt hat, natürlich, ist ja auch schwer, mit denen zu reden, die … na ja, also, sie haben verschiedene Gründe, kommen aus ganz unterschiedlichen Situationen, aber eins haben sie gemeinsam.«
    Helen hatte sich vorgeneigt, die Arme vor dem Körper gekreuzt, die Hände um die Oberarme gekrallt. »Und was? Verzweiflung?«
    Â»Wahrscheinlich. Aber das Wort, das ich benutzen wollte, ist Leere. Diese Menschen schauen in ihre Zukunft, und sie sehen nichts. Sie glauben, sie haben nichts, wofür es sich lohnt zu leben, also tun sie’s nicht.«
    Sie sah mich an. »Und das war bei Dana nicht so.«
    Ich beugte mich näher zu ihr und zwang mich, langsam zu sprechen. »Auf gar keinen Fall war das bei Dana so. In ihrem Leben ist einfach zu viel passiert. Sie war wild entschlossen, dieser Geschichte auf den Grund zu gehen, diesem Fall … war stinkwütend, weil sie so wenig Unterstützung gekriegt hat. Ich habe im Lauf der letzten Tage mehrmals mit ihr gesprochen. Es ging ihr gut; sie hat sich Sorgen gemacht, war sauer, gereizt – aber ganz bestimmt nicht leer. Heute Vormittag hat sie mir einen Zettel geschrieben. Ich zeige ihn Ihnen, er ist irgendwo oben. Ganz bestimmt nicht die Nachricht einer Selbstmörderin. Dana war keine Selbstmörderin.«
    Â»Sie haben mir erzählt, sie hätte Schwierigkeiten gehabt, sich
anzupassen, wäre mit ihren Kollegen nicht zurechtgekommen, hätte ihre alte Dienststelle vermisst … hätte mich vermisst.« Ihre Stimme bebte.
    Â»Das stimmt wahrscheinlich auch alles. Aber es reicht nicht aus, nicht mal annähernd.«
    Â»Gestern Abend hat sie mich angerufen. Sie war besorgt, wollte, dass ich ihr helfe, aber Sie haben recht, sie klang nicht …«
    Wir hingen eine Weile unseren Gedanken nach, und ich überlegte, ob ich anbieten sollte, Tee zu machen, als sie das Schweigen brach.
    Â»Dieses Haus ist ganz ihr Stil. Sie konnte Wohnungen toll einrichten. Ihr Apartment in Dundee war genauso. Sie sollten mal meine Bude sehen. Das totale Chaos.«
    Â»Bei mir auch«, warf ich ein, doch innerlich wurde ich allmählich wieder kribbelig. Meine Erleichterung, auf Helen gestoßen zu sein, machte Beklommenheit Platz. Früher oder später würde man mich finden, mich aufs Polizeirevier schaffen – angeblich um meine Aussage aufzunehmen – und mich dort festhalten, solange es ihnen beliebte. Ich war der Meinung, dass ich Helen brauchte, aber nicht trauernd und hilflos, sondern entschlossen und einsatzfähig.
    Â»Was zum Teufel ist denn das?«, wollte sie wissen.
    Ich folgte ihrem Blick zum Boden. »Ein Bolzenschussgerät«, antwortete ich. »Um Pferde auf humane Art zu töten.«
    Einen Augenblick lang dachte ich, sie würde lachen.
    Â»Großer Gott«, sagte sie. »Ist das legal?«
    Ich zuckte die Achseln. »Früher war’s mal legal. In den Fünfzigern.«
    Â»Was dagegen, wenn ich das Ding irgendwo hintue, wo es keinen Schaden anrichtet?«
    Â»Tun Sie sich keinen Zwang an.«
    Sie stand auf, hob das Gerät auf und legte es auf eine Kommode. Als sie sich wieder zu mir umdrehte, war die Haut um ihre Augen rotfleckig, doch ich konnte sehen, dass sie weit davon entfernt war zusammenzubrechen.

    Â»Haben Sie sie umgebracht?«, fragte sie.
    Ich fühlte, wie mein Mund aufklappte, war jedoch nicht in der Lage, etwas zu erwidern. Was immer meine Miene ausdrückte, veranlasste sie dazu, sich zu entspannen, sogar ein kleines Lächeln zustande zu bringen.
    Â»â€™tschuldigung. Musste fragen. Also, wer war’s dann?«
    Â»Ich weiß es nicht genau. Aber wahrscheinlich nicht nur eine einzige Person. Und es hatte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit dieser Geschichte zu tun, in der sie ermittelt hat. Meiner Meinung nach war Dana drauf und dran,

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