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Todesopfer

Todesopfer

Titel: Todesopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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fünf Stufen, nein, sechs. Meine rechte Hand war schweißnass. Ich überprüfte den Abzug. Entriegelte die Sicherungssperre.
    Die unterste Stufe knarrte.
    Ich huschte über die Diele in Danas Wohnzimmer. Dort war es dunkler, als es hätte sein sollen. Jemand hatte die Vorhänge zugezogen. Ich blieb stehen. Horchte. Die rechte Hand hatte ich jetzt gehoben, hielt sie vor mich, doch sie zitterte.
    Dann stieß etwas genau gegen meinen Rücken, und ich stürzte zu Boden.

27
    Ich lag auf dem Boden, den Kopf seitlich an Danas Eichendielen gepresst, und meine rechte Hand war leer.
    Das Gewicht, das mich niederdrückte, bewegte sich. Heftig stieß ich den Ellbogen nach hinten und hörte jemanden ächzen. Dann lag wieder das kompakte Gewicht auf mir. Mein rechter Arm war gepackt worden und wurde mir gerade auf den Rücken gedreht. Ich wand mich, bäumte mich auf und trat mit beiden Füßen hinter mich. Die ersten drei Tritte trafen, dann verlagerte sich das Gewicht nach vorn.
    Â»Polizei! Stillhalten!«
    Ja, klar doch! Eine der Hände, die meinen rechten Arm hielten, ließ los, wahrscheinlich, um meine Linke zu packen und mir Handschellen anzulegen. Doch er war nicht stark genug, um mich mit einer Hand festzuhalten.
    Ich holte tief Luft – nicht ganz einfach mit dem Gewicht auf meinem Rücken – und drehte mich herum. Die Gestalt über mir rutschte zur Seite. Ich war auf den Beinen. Mein Widersacher ebenfalls. In der Dunkelheit konnte ich eine hochgewachsene Gestalt erkennen, kurzes, blondes Haar, klare, ebenmäßige Züge. Ich widerstand der Versuchung zu sagen: »Dr. Livingstone, nehme ich an?«, weil ich jetzt wusste, mit wem ich mich geprügelt hatte.
    Â»Wer zum Teufel sind Sie?«, fragte sie.
    Â»Tora Hamilton«, antwortete ich. »Ich bin eine Freundin von Dana. Sie hat mir einen Hausschlüssel gegeben.«
    Mir kam der Gedanke, dass das vielleicht nicht die allerklügste Antwort gewesen war, doch anscheinend entspannte sich die Frau.
    Â»Ich arbeite im Krankenhaus«, fügte ich hinzu. »Ich habe Dana bei einem von ihren Fällen geholfen. Bei dem Mord. Die Leiche war in meiner Wiese gefunden worden. Ich habe sie entdeckt.«

    Ich hörte auf, hektisch draufloszuplappern.
    Die Frau nickte. »Davon hat sie mir erzählt.«
    Ich atmete wieder normal. Mein Kopf tat weh, hatte aber aufgehört, sich zu drehen.
    Â»Es tut mir wirklich sehr, sehr leid«, beteuerte ich mit brüchiger Stimme.
    Detective Chief Inspector Helen Rowley starrte mich lange an. Ich konnte hören, wie die Zentralheizung knackte, als sie im Nachtbetrieb abkühlte. Draußen bellte ein Hund.
    Â»Glauben Sie, dass sie sich umgebracht hat?«, fragte sie so leise, dass ich die Worte kaum verstand. Sie erwartete eigentlich gar keine Antwort, doch ich hatte fast acht Stunden lang auf die Chance gewartet, mich nach einer Gelegenheit gesehnt, auszusprechen, was ich als Nächstes sagte.
    Â»Das habe ich nicht den Bruchteil einer Sekunde geglaubt.«
    Helens Augen sahen mich verblüfft an, dann wurden sie schmal, als sie begriff. »Wovon reden Sie eigentlich?«, flüsterte sie.
    Â»Haben Sie den Kühlschrank gesehen?«, fragte ich, das Erste, was mir durch den Kopf ging. »Meinen Sie, Dana hätte wenige Stunden, bevor sie sich das Leben nimmt, noch den Kühlschrank aufgefüllt?«
    Wenn überhaupt, so wurde der unverwandte Blick noch eindringlicher. Sie glaubte mir nicht. Und jetzt wurde sie auch noch wütend. Doch ich war es schon. Helen sollte Dana doch eigentlich besser kennen als jeder andere. Wieso war ich es, die sie von etwas überzeugen musste, das doch absolut offensichtlich war.
    Â»Wenn Dana – die Dana, die ich gekannt habe – vorgehabt hätte, sich umzubringen, hätte sie den Kühlschrank leergemacht, alles in den Mülleimer geworfen, den unten an die Auffahrt gerollt und dann den Kühlschrank mit Putzmittel sauber gemacht«, sagte ich mit einer Bitterkeit, von der ich genau wusste, dass sie unfair war. »Ach ja, und ihre Bibliotheksbücher hätte sie auch zurückgebracht.«
    Helen trat einen Schritt zurück und schaltete das Licht ein, und jetzt konnte ich sie richtig sehen. Sie trug eine wattierte grüne
Jacke und weite Cargohosen. Sie war fast so groß wie ich. Ihr Haar war gar nicht kurz, sondern zurückgekämmt und zu einem Zopf geflochten. Sie sah

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