Todesopfer
besorgt machen und irgendwas von Beruhigungsmitteln brabbeln.«
Er sah mich unverwandt an. »Richard ist noch immer in Polizeigewahrsam.«
ScheiÃe, das hatte ich nicht kommen sehen. Würde ich je lernen, mein Gehirn einzuschalten, ehe ich den Mund aufmachte?
»Entschuldigung. Daran hätte ich denken sollen.«
Und dann lag diese groÃe, warme Hand auf meinem Oberarm, und ich gab keinen Mucks von mir.
»Sie haben sich im Lauf der letzten Woche mit mehr rumschlagen müssen als die meisten Menschen in einem ganzen Leben. Richard kann auf sich selbst aufpassen.« Er wandte sich zum Gehen, und auf meinem Arm blieb eine kalte Stelle zurück.
»Kenn â¦Â«
Er drehte sich im Türrahmen um.
»Es tut mir leid.«
Er hob eine Augenbraue.
»Dass ich Sie verdächtigt habe«, erklärte ich.
»Akzeptiert. Und ich überlege immer noch.«
»Was?«
»Was ich mit Ihnen machen soll.« Er grinste mich an und ging.
Ich setzte mich. »ScheiÃe!«, sagte ich laut. Und ich hatte geglaubt, all meine Probleme seien gelöst.
Ich ging hinunter. Ein paar von meinen Hochschwangeren waren so freundlich, zu sagen, dass sie mich bei der letzten Sprechstunde
vermisst hätten. Doch die Tronal-Geschichte beschäftigte mich noch immer. Also holte ich mir ein Sandwich, sobald wir Mittagspause machten, und ging wieder in mein Zimmer hinauf. Dort zog ich jenes Stück Papier aus meiner Tasche, mit dem alles angefangen hatte: die Liste der Entbindungen für das Gesundheitsamt des Shetland District.
Lass es gut sein, Tora, sagte eine Stimme in meinem Kopf; die schwache, ein wenig wehmütige Stimme, die für den vernünftigen, erwachsenen Teil von mir steht. Unglücklicherweise hatte ich niemals gelernt, auf diese Stimme zu hören, und auch jetzt würde ich nicht damit anfangen. Noch einmal zählte ich die Tronal-Entbindungen. Vier. Vier innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten bedeutete etwa sechs bis zehn pro Jahr. Wenn ungefähr ein halbes Dutzend davon von Familien aus der Umgegend adoptiert wurden, dann blieben nicht genug übrig, um sie ins Ausland zu verkaufen und Geld damit zu machen.
Wo zum Teufel hatte Stephen Gair die Babys herbekommen? Und wie in aller Welt konnte eine hochmoderne Entbindungsklinik, wie man sie mir beschrieben hatte, bei nur acht Geburten im Jahr bestehen? Sowohl die Geräte als auch die Mitarbeiter würden doch den gröÃten Teil des Jahres untätig herumstehen. Es mussten mehr Kinder auf Tronal zur Welt kommen, als in meinen Statistiken verzeichnet waren. Aber wie gelang es, eine Geburt nicht zu registrieren?
Dana hatte auch etwas von Abtreibungen gesagt, doch das ergab wenig Sinn. Abtreibungen werden überall in GroÃbritannien durchgeführt; wieso sollte eine erkleckliche Anzahl Frauen für etwas bis nach Tronal reisen, was sie auch in ihrer Heimatstadt haben konnten?
Hätte ich doch nur mit Helen nach Tronal fahren können. Ich hätte gewusst, welche Fragen es zu stellen galt, hätte viel besser als sie erkannt, was nicht ins Bild passte. Doch das war nicht möglich; falls es in dieser Angelegenheit jemals zu einem Prozess kam, ganz gleich welcher Art, so würde ich eine Hauptzeugin sein. Ich konnte mich nicht andauernd in die offiziellen Ermittlungen einmischen.
Ich begann, die Liste von Neuem durchzugehen.
Das Erste, was mir ins Auge stach, waren diese verflixten Initialen. KT. Keloid-Trauma, Probleme, die sich aus Narbenbildungen am Perineum durch frühere Dammschnitte ergaben. Ich klickte auf einen anderen Link und tippte Keloid-Trauma in die Suchmaschine von Google ein. Nichts, aber der Begriff war ja auch geprägt worden, um einen Zustand zu beschreiben, der für die Shetlands typisch war, also war er vielleicht noch nicht bis ins World Wide Web vorgedrungen. Ich rief das Klinikarchiv auf und führte eine ähnliche Suche durch. Nichts. Dann begann ich, sämtliche KT-Einträge erneut zu überprüfen. 1. April, ein kleiner Junge, geboren auf Papa Stour. Dann, am 8. Mai, wieder ein Junge, geboren hier im Franklin Stone Hospital. Am 19. Mai ein dritter Junge â natürlich, es waren alles Jungen. Doch das Geschlecht des Kindes konnte doch unmöglich etwas mit Narbenbildungen am Perineum zu tun haben, oder? Am 6. Juni hatte Alison Jenner auf Bressay einen kleinen Jungen zur Welt gebracht, später im Juni hatte noch eine Entbindung hier in der Klinik
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