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Todespakt

Todespakt

Titel: Todespakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hübner
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kaum noch Kontakt. Sie war wenige Monate nach der Trennung weggezogen. Wie er gehört hatte, war sie wieder im Begriff zu heiraten. Die letzte Beziehung, die er seitdem mit einer Frau eingegangen war, hatte abrupt geendet, als er eines Abends erneut zu einem Einsatz musste. Sie hatte ihm eine SMS auf sein Handy geschickt, mit der sie ihn zum Teufel wünschte. Anscheinend gehörte es heutzutage zum guten Ton, eine Beziehung auf diese Weise zu beenden. Das altbewährte »Ich muss mit dir reden« hatte scheinbar ausgedient. Es war zu persönlich, zu kompliziert geworden. In der modernen Welt war es nicht nur normal, Beziehungen aus der Ferne zu führen, sie wurden auch auf diese Weise beendet. Eine Welt, mit der Chris nichts anzufangen wusste und in der er sich zunehmend fremd fühlte. Rebecca war da eine Ausnahme. Sie suchte den persönlichen Kontakt, sprühte vor Leben und Optimismus. Und ihr unerschütterlicher Glaube an die Gerechtigkeit hatte beinahe etwas Patriotisches. Es beängstigte ihn, wie sehr er sich zu ihr hingezogen fühlte. Und diese Angst machte ihn wütend. Warum konnte er sich nicht einfach daran erfreuen und es genießen?
    Weil du nicht schnelllebig genug für diese Zeit bist.
    Er sah aus dem Fenster auf seiner Seite des Bettes. Die Nacht war sternenklar, doch ihre Dunkelheit verursachte eine unterschwellige Bedrohung, die ihn wieder an die Toten denken ließ. Würde er am nächsten Morgen erneut an einen Tatort gerufen?
    Es dauerte eine weitere Stunde, bis Chris über diesem Gedanken endlich eingeschlafen war.
     

10
     
     
    In dieser Nacht war das dunkle Auto das einzige auf dem abgelegenen Parkplatz des Aussichtspunkts. Die steinerne Säule der Gedenkstätte reckte sich erhaben in den nächtlichen Himmel. Dahinter tat sich ein fantastischer Ausblick auf das nächtliche Rheinufer von Koblenz auf. Vom Fußballstadion bis zur historischen Festung Ehrenbreitstein schlängelten sich die Lichter der Straßen und Gebäude entlang des Flusses.
    Ingo Kretschmer hatte in diesem Moment wenig Sinn für die Schönheit der ihn umgebenden Landschaft. Zu sehr war er damit beschäftigt, mit seiner Hand die Regionen unter der Bluse seiner Kommilitonin Saskia Meurer zu erkunden. Er hatte viel in den heutigen Abend investiert: Essen, Kino, Szenenlokal. Und schließlich eine Fahrt an diesen abgelegenen Ort, wo die romantische Aussicht ihn seinem angestrebten Ziel näher bringen sollte. Es war spät geworden, und vermutlich würden sie beide ihren morgigen Studiengang in Computervisualistik verschlafen, doch das störte Ingo nicht weiter. Alles lief perfekt. Auf dem Rücksitz stand eine Kühlbox mit halbgeleertem Sekt und Bier. Aus den Lautsprechern drang die Musik von Linkin Park, und seine Hand arbeitete sich bereits bis zum Gürtel von Saskias Jeans vor. Geschickt führten seine Finger die Schlaufe durch die Schnalle und begannen sogleich damit, die Knopfleiste ihrer Hose zu öffnen, bis Saskia erschrocken zusammenfuhr.
    »Was ist?«, fragte Ingo. »Hab ich dir wehgetan?«
    »Hast du das gehört?«, erwiderte sie. Sie richtete sich auf und strich ihr rötliches Haar hinters Ohr.
    »Was soll ich gehört haben?«, fragte er mit einer gewissen Enttäuschung in seiner Stimme, als sie damit begann, ihre Bluse zuzuknöpfen.
    »Es hat sich angehört wie ein Schrei.«
    »Komm schon«, meinte er, »außer uns ist niemand hier.«
    »Aber ich habe jemanden gehört«, beharrte sie.
    »Was immer du gehört hast, es war nur irgendein Tier.« Er ließ seine Hand an ihrem Bein hinaufgleiten. »Entspann dich.«
    Energisch stieß sie ihn weg. Ihre klaren Augen funkelten wütend. »Ich weiß, was ich gehört habe! Behandle mich bitte nicht wie ein dummes Schulmädchen.«
    »Schon gut«, sagte er und hob beschwörend die Hände, während er sich wieder aufrecht setzte.
    »Dreh die Musik leiser!«
    Was immer du willst , dachte er genervt. Hier läuft heute sowieso nichts mehr. Er drehte den Knopf des Autoradios zurück, und Chester Benningtons Gesang verstummte.
    Fast im selben Moment zerriss ein markerschütternder Schrei die Stille.
    »Mein Gott«, entfuhr es ihm. »Du hast recht.«
    Sie betrachtete ihn auf eine Art, die ihm zu verstehen gab, dass daran nichts Ungewöhnliches war, verkniff sich jedoch einen Kommentar. In diesem Fall hätte sie sich lieber geirrt. »Was sollen wir jetzt tun?«, fragte sie nervös.
    Ingo raufte sich seine kurzen dunklen Haare und überlegte einen Moment, als der Schrei in einiger Entfernung ein

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