Todespakt
übertrieben, was die Brutalität des Mörders betrifft.«
Dem Ausdruck ihrer Augen konnte Chris entnehmen, dass sie keinen Wert darauf legte, ihm zu folgen. Er ließ die beiden hinter sich und ging weiter zum abgesperrten Bereich, durch Polizisten und Spurentechniker hindurch, bis sich ihm schließlich das Bild des Leichnams offenbarte. Ein Anblick, der ihm auf intensive Weise verdeutlichte, dass Grausamkeit keine Grenzen kannte.
Als Erstes sah er das hölzerne Wagenrad. Es war zur Flussseite hin an den Mast der deutschen Flagge gelehnt und daran festgeschnürt worden. Auf der Vorderseite prangte der mit Hämatomen übersäte Körper eines Mannes wie die Galionsfigur eines Höllenschiffes. Seine zertrümmerten Arme und Beine waren mehrfach um die Holzspeichen des Rades geflochten, als wäre der Körper darin verwebt. Blutige Knochenfragmente ragten an etlichen Stellen, an denen die Glieder in unnatürlichem Winkel um die Verstrebungen gebogen waren, aus der aufgeplatzten Haut heraus. Der Kopf des Toten hing schlaff herab. Um seinen Hals war mit einer Schnur ein toter Rabe befestigt. Die Botschaft offenbarte sich nicht wie gewohnt in Form einer Pergamentrolle an den Krallen des Tieres. Dieses Mal war sie mit einem scharfen Gegenstand quer über den Körper in die Haut eingeschnitten worden. Sie enthielt lediglich ein einziges Wort:
Wucherer
Chris wandte angewidert den Blick ab. »Allmächtiger«, entfuhr es ihm.
Rokko, der neben ihn getreten war, schloss sich seinem Entsetzen an. »Allmählich dämmert mir, was mit der Redensart ›Ich fühl mich wie gerädert‹ gemeint ist.«
Sie traten ein paar Schritte zur Seite und ließen Techniker und Fotografen ihre Arbeit machen.
»Irgendwelche Anhaltspunkte, wie der Tote hierhergebracht worden ist?«
»Wie du ja weißt, ist die Zufahrt zur Plattform begrenzt«, meinte Rokko. »Die Täter hätten eine ziemliche Strecke zu Fuß zurücklegen müssen, um die Leiche an dieser Stelle zu deponieren. Dabei dürften sie kaum riskiert haben, sich im beleuchteten Teil des Denkmals zu bewegen. Folglich ist davon auszugehen, dass sie mit einem Boot von der Uferseite aus angelegt haben.«
»Die Täter?«, fragte Chris. »Du scheinst meiner Theorie allmählich etwas abzugewinnen.«
»Allein das Wagenrad wiegt schätzungsweise über dreißig Kilo, plus circa neunzig Kilo Körpermasse des Leichnams. Das dürfte selbst den kräftigsten Täter überfordert haben. Zumal sie nicht viel Zeit hatten, den Leichnam auf diese Weise dort anzubringen.«
»Wie kommst du darauf?«
»Na ja, die Spitze der Plattform wird zwar von den Scheinwerfern nicht erfasst, dennoch herrscht hier auch nachts ein eingeschränkter Schiffsverkehr. Bei aller Öffentlichkeitssucht dieser Leute glaube ich nicht, dass sie riskiert hätten, sich bei der Anbringung der Leiche beobachten zu lassen. Wir können daher ziemlich sicher sein, dass der Mann nicht hier ermordet worden ist. Einen Menschen so zuzurichten, dürfte Zeit beansprucht haben.«
Chris blickte zum gegenüberliegenden Moselufer. »Boote gibt es hier jede Menge. Wir können unmöglich alle Bootsbesitzer entlang des Rheins und der Mosel überprüfen.«
»Das dürfte ohnehin nicht viel bringen«, sagte Rokko. »Es hätte vermutlich schon ein einfaches Ruderboot ausgereicht, um das Rad mit dem Leichnam über den Fluss zu transportieren. Für solch ein Boot braucht man weder eine Zulassung noch eine Kennzeichnung. Und man kann es überall verstecken.«
»Also mal wieder eine Sackgasse«, seufzte Chris. »Wir sollten uns trotzdem mal umhören, ob jemandem etwas aufgefallen ist. Immerhin müssen die das Boot ja irgendwie hierherbekommen haben.«
»Ist bereits veranlasst«, meinte Rokko. »Die Kollegen von der Wasserschutzpolizei sind auch schon informiert.«
Chris betrachtete ihn. »Wie lange bist du schon hier?«
»Ich wohne in der Nähe«, sagte Rokko und zuckte mit den Schultern.
Chris nickte und wandte sich wieder der Uferseite zu, wo sich bereits die ersten Schaulustigen versammelt hatten. »Wir sollten Klose kontaktieren. Vielleicht kann er uns nützliche Hinweise zur Ausführung der Tat geben.«
»Ich schätze, das erledige ich besser«, sagte Rokko und griff nach seinem Handy.
»Dafür wäre ich dir äußerst dankbar. Grüß den Kotzbrocken von mir.«
Während Rokko telefonierte, ging Chris zurück zu Rebecca und ihrem Kollegen Jens Rohde, der sein Funkgerät absetzte und am Gürtel verstaute.
»Wir müssen weiter«, sagte
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