Todespakt
Leuten haben wir es hier zu tun?«
»Mit Leuten, die keine Skrupel scheuen, um ihr Ziel zu erreichen«, sagte Chris. »Es geht hier zweifelsohne um Einschüchterung. Die Täter wollen ein klares Signal setzen.«
»Aber wozu dann diese Mittelalter-Theatralik?«, fragte Dittrich. »Und wie passt das zweite Opfer, dieser Vergewaltiger, in das Bild?«
»Um dies herauszufinden, sind sie hier, meine Herren.« Kriminaldirektor Deckert trat neben Chris. Sein leichter Bauchansatz wölbte sich über den Bund seiner dunklen Anzughose und deformierte das stramm sitzende Hemd. »Der Staatsanwalt wünscht eine rasche Aufklärung der Fälle und räumt dieser Kommission alle zur Verfügung stehenden Freiheiten und rechtlichen Mittel ein. Sollten Sie im Zuge Ihrer Ermittlungen etwas benötigen, wird es Ihnen schnellstmöglich zur Verfügung gestellt. Auch steht mit Professor Klose ein Experte für das Thema Mittelalter bereit.« Deckert warf einen kurzen Blick auf Chris, der weiterhin darum bemüht war, ein ausdrucksloses Gesicht zur Schau zu stellen. »Ich muss hier sicher nicht erwähnen, wie dringend die Sache ist«, fuhr Deckert fort und ließ seinen Blick durch den Raum gleiten. »Die Staatsanwaltschaft und der zuständige Richter sind rund um die Uhr zu erreichen und werden alles Notwendige tun, was zur Aufklärung dieser Fälle beiträgt. Aufgrund des erhöhten Medieninteresses wurde für morgen Mittag eine Pressekonferenz einberufen, auf der auch ich anwesend sein werde. Es wäre zu begrüßen, wenn ich dort bereits erste Ergebnisse bekannt geben könnte. Wenn Sie also Fragen oder Anforderungen haben, wenden Sie sich bitte an Kommissar Bertram oder direkt an mich.« Er nickte Chris zu und übergab ihm wieder das Wort.
»Sie haben es gehört«, sagte er. »Wir haben vier Morde aufzuklären. Es sind seit gestern aufgrund des Artikels über einhundert Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen, die es zu überprüfen gilt. Ebenso die Mitglieder des Heimatvereins. Außerdem müssen die Identitäten von zwei der Opfer geklärt werden. Es gibt also jede Menge zu tun. Machen wir uns an die Arbeit.«
Es dauerte nicht lange, bis erste Ergebnisse vorlagen. Über eine Internetrecherche fanden sie heraus, dass es sich bei den Botschaften der ersten drei Morde um Textabschnitte des Liedes Rache der deutschen Mittelalter-Rock-Band Ragnaröek handelte. Der Name leitete sich von dem Begriff »Ragnarök« ab, der in der keltischen Sage den Untergang der Götter bezeichnete, was ihnen von Klose ausufernd dargelegt wurde.
Die Überprüfung des Heimatvereins ergab, dass er insgesamt 76 Mitglieder umfasste. Die meisten waren am Wochenende des ersten Mordes in verschiedene Feierlichkeiten und Anlässe involviert gewesen, die alljährlich zu den Frühlingsfesten stattfanden. Somit schieden sie zumindest als direkte Täter aus. Was den Rest der Mitglieder anging, dauerten die Überprüfungen noch an.
Am meisten erhofften sich die Ermittler von den zahlreichen Hinweisen aus der Bevölkerung. Obwohl sich viele davon als wenig nützlich herausstellten, ergaben sich auch neue Ansätze. So war zwei Zeugen ein Kastenwagen aufgefallen, der sich in der Nähe von zwei der vier Tatorte aufgehalten hatte. Über Modell und Farbe des Fahrzeugs gingen die Aussagen jedoch auseinander. Auch über das Kennzeichen und etwaige Insassen konnten die Zeugen keinerlei Angaben machen. Einem weiteren Anrufer waren bei einem Waldspaziergang Gitterkäfige aufgefallen, in denen sich Vögel befunden hätten. Er meinte, es könnte sich dabei um sogenannte Krähenfallen handeln. Bei der zuständigen Forstbehörde gab man an, nichts von solchen Käfigen zu wissen. Da im Moment Brutzeit wäre, seien solche Maßnahmen ohnehin nicht erlaubt. Man versprach, der Sache nachzugehen und sich zu melden.
Gegen Nachmittag meldete ein Anwohner den Diebstahl seines Bootes. Er war Pächter einer Parzelle auf einem nahegelegenen Campingplatz an der Mosel und hatte bei einem Besuch dort das Fehlen seines Ruderboots festgestellt. Kurze Zeit danach kam die Meldung der Wasserschutzpolizei, die das Boot an der Südspitze der Binneninsel Niederwerth gefunden hatte, wo es an den Sandausläufern liegengeblieben war. Eine spurentechnische Untersuchung stand noch aus.
Bei der Identifizierung des dritten Opfers traten sie weiterhin auf der Stelle, da die DNA-Analyse noch immer nicht vorlag. Was die Identität des Toten an der Pestkapelle betraf, trat am Nachmittag jedoch eine entscheidende
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