Todespakt
Bondek. »Heutzutage bedeutet Journalismus in den meisten Fällen nur noch, Pressemeldungen zu vervielfältigen. Niemand hinterfragt mehr irgendetwas. Damit kann ich mich nicht abfinden.«
»Werden Sie den Artikel schreiben, den diese Typen von Ihnen verlangen?«
»Natürlich werde ich über meine Gefangenschaft berichten. Und über deren wahre Motive.«
»Dann sind Sie letztendlich auch nur deren Handlanger. Denn genau das ist es, was diese Kerle wollen: Angst und Schrecken verbreiten.«
»Sie haben gut reden. Was habe ich denn sonst noch in der Sache? Ich bin an dieses verdammte Bett gefesselt und kann nicht mal an der Pressekonferenz heute Nachmittag teilnehmen. Ich hab meinen Arsch für diese Sache riskiert, und nun werden andere die Lorbeeren dafür ernten.«
Chris sprang auf. »Mein Gott, Sie sollten sich mal reden hören«, schrie er empört. »Sie verdammter Idiot können froh sein, dass Sie noch am Leben sind. Das sollte Ihnen mehr wert sein als ein paar Schlagzeilen, über die in einigen Tagen ohnehin kein Mensch mehr spricht.« Chris tippte sich wütend mit dem Zeigefinger auf die Brust. »Ich habe mir verdammt nochmal Sorgen um Sie gemacht! Denn letztendlich war ich es, der Sie in dieses Boot geholt hat, also trage ich auch eine gewisse Verantwortung für Sie. Und obwohl es mir im Grunde schwerfällt, das zu glauben, bin ich mir sicher, ich war nicht der Einzige, der Angst um Sie hatte. Aber wie es aussieht, war das wohl unnötig, denn Ihrem sturen Dickschädel kann offensichtlich nicht einmal solch ein Erlebnis etwas anhaben. Vielleicht hätten die Ärzte Ihre große Klappe besser zugelassen, dann müsste ich mir nicht Ihr selbstgefälliges Gequatsche anhören, denn ich habe wahrlich Besseres zu tun«, brüllte Chris noch, während er aufgebracht zur Tür schritt.
Betroffen starrte Bondek ihm hinterher und wollte noch etwas erwidern, doch Chris hatte den Raum bereits verlassen.
Klose stand vor einer Sitzgruppe und starrte aus dem Fenster, als Chris den Flur des Krankenhauses betrat. Er hatte ihn fast erreicht, als sein Handy klingelte. Das Gespräch dauerte knapp zwei Minuten. Anschließend wandte er sich an Klose, der noch immer reglos in die Landschaft blickte.
»Könnten Sie mir Ihr seltsames Verhalten da drin bitte erklären«, sagte Chris.
Klose machte keine Anstalten darauf zu reagieren.
»Was ist los mit Ihnen?«
»Nichts«, erwiderte Klose stoisch. »Ich ... ich muss nur über etwas nachdenken.«
»Prima, dann können Sie das auf dem Weg ins Präsidium tun, denn dort gibt es Neuigkeiten.«
29
Im Büro angekommen, warteten Rokko und Gerlach auf die beiden. Während Klose sich weiter schweigend im Hintergrund hielt, erläuterten Chris' Kollegen ihm die neusten Ermittlungsergebnisse.
»Erinnerst du dich noch an die Aussage von Nowaks Vergewaltigungsopfer?«, fragte Rokko.
»Lara Neuroth? Ja, natürlich.«
Rokko fuhr fort. »Wir haben mittlerweile mit ihrem damaligen Freund gesprochen, diesem Andreas Hastrich.«
»Und?«, fragte Chris gespannt.
»Lara Neuroth hat angegeben, dass er damals mit sehr zwielichtigen Typen verkehrt hat. Als wir ihn am Telefon darauf angesprochen haben, wurde er ziemlich redselig. Er sagte, bei diesen Leuten habe es sich um Mitglieder einer politischen Vereinigung namens Rechter Raum gehandelt. Da Hastrich schon damals politisch sehr engagiert war, hatte er zunächst nichts dagegen, dass diese Leute ihn umgarnten. Erst später will er erfahren haben, dass deren Programm verfassungswidrig war, und hat sich von deren Inhalten distanziert. Daraufhin habe man ihn verfolgt und sogar bedroht. Bereits zu dieser Zeit ermittelte der Verfassungsschutz gegen die Gruppierung. Mithilfe von Hastrichs Aussage wurde knapp ein Jahr später ein Verbot gegen die Partei erwirkt.«
»Und inwieweit hilft uns das weiter?«, fragte Chris.
»Laut Hastrich plädierte die Partei unter anderem für härtere Gesetze gegen straffällig gewordene ausländische Mitbürger und deren sofortige Ausgliederung.«
»Langsam wird es interessant«, sagte Chris und rieb sich nachdenklich das Kinn. »Das Dumme daran ist nur, dass diese Partei demnach schon seit gut vier Jahren nicht mehr existiert.«
»Ein Verbot bedeutet nicht zwangsläufig, dass sie nicht mehr existiert«, entgegnete Rokko. »Du weißt so gut wie ich, dass solche Vereinigungen meist aus dem Untergrund weiter agieren und sich neu organisieren.«
»Und gelegentlich entsteht daraus eine Terrorzelle«,
Weitere Kostenlose Bücher