Todesqual: Thriller
ein, zur Feier seines achtzehnten Geburtstages mit seinen Großeltern dort gewesen zu sein, fügte jedoch hinzu, er und drei weitere Gäste seien ebenfalls leicht erkrankt. Laut Spurensicherung wurden auf dem Boden, insbesondere rund um den Büffettisch, Reste von Rattengift gefunden. Obwohl der Geschäftsführer abstritt, etwas von dem Gift zu wissen, war das Restaurant schon öfter wegen Verstößen gegen die Hygienevorschriften behördlich abgemahnt worden. Außerdem hatte eine Gesundheitssendung im Fernsehen das Lokal ausdrücklich als schwarzes Schaf erwähnt. Die Detectives waren sicher, dass Fellows diese Sendung gesehen und das Restaurant wegen seines schlechten Rufs ausgesucht hatte. Allerdings konnte man ihm unter den gegebenen Umständen nichts nachweisen.
Lena lehnte sich zurück und dachte an die versiegelten Kartons aus dem Krematorium, die Maurices und Almas Asche enthielten und nun schon seit einundzwanzig Jahren Staub ansetzten. Fellows hatte bis zu seinem achtzehnten Geburtstag gewartet, um nicht mehr auf einen gesetzlichen Vertreter angewiesen zu sein. Nun konnte er sein eigenes Leben führen, seinen mageren Körper in eine Muskelmaschine verwandeln und seinen Neigungen folgend Biologie und Chemie studieren.
Sie warf einen Blick auf den Fernseher. Gerade fingen die Elf-Uhr-Nachrichten an. Novak griff nach der Fernbedienung und machte lauter. Die Nummer der Hotline wurde eingeblendet. Die ersten fünfzehn Minuten der Sendung behandelten die so genannten Liebesmorde von Romeo. Aus verschiedenen Teilen der Stadt wurde live berichtet. Die Brände, die noch immer in den Hügeln wüteten, schienen niemanden zu interessieren.
Vielleicht würden sie auf diese Weise wenigstens ein paar sachdienliche Hinweise bekommen, dachte Lena. Als die Sendung endete, hörte sie im Büro des Captain das Telefon läuten. Sie hoffte, dass der Anruf aus der Chefetage kam. Fünf Minuten später verließ Barrera das verglaste Büro. Als Lena seine aschfahle Haut sah, wusste sie, worum es in dem Telefonat gegangen war, denn das Entsetzen stand ihm ins Gesicht geschrieben. Für seine Entscheidung, Fellows nicht unverzüglich festzunehmen, würde er sich nun einen Rüffel abholen müssen.
»Nichts«, sagte er. »Bei der Hotline ist kein einziger verwertbarer Anruf eingegangen.«
Alle schwiegen. Barreras Hände zitterten. Er steckte sie in die Jackentaschen.
»Es ist spät«, fuhr er fort. »Morgen wird ein langer Tag. Ich möchte, dass Sie jetzt alle Ihre Sachen packen und nach Hause fahren.«
»Was ist mit Harriet Wilson?«, fragte Novak.
Barrera musterte ihn eine Weile, bevor er antwortete.
»Sie haben es vor gut sechs Stunden selbst gesagt, Hank. Das Mädchen ist tot. Wir können nichts mehr für sie tun.«
Entgeistert schüttelte Novak den Kopf. »Aber ich könnte mich auch irren. Ich hoffe sogar, dass es so ist.«
»Sie irren sich nicht. Ich bin es, der einen Fehler gemacht hat. Jetzt sind zwei Kollegen tot. Belassen wir es dabei. Und jetzt gehen Sie nach Hause. Das ist ein Befehl von ganz oben. Die Brände sind außer Kontrolle geraten, und es besteht die Möglichkeit, dass die Freeways gesperrt werden. Wenn Sie jetzt nicht gleich losfahren, bleiben Sie vielleicht unterwegs irgendwo liegen.« Barrera machte einen Schritt vorwärts und hielt dann noch einmal inne, als sei ihm etwas eingefallen. »Lena, Dr. Bernhardt möchte Sie sprechen, bevor Sie gehen.«
Barrera nahm seine Schlüssel aus der Tasche und verschwand. Lena lauschte auf seine Schritte, die sich auf dem Flur entfernten. Dann läutete die Aufzugglocke, und die Türen schlossen sich.
»Lena, könnte ich kurz mit Ihnen reden?«
Als sie sich umdrehte, sah sie Dr. Bernhardt hinter sich stehen. Nach einem Blick auf Novak folgte sie dem Psychiater in den verglasten Raum.
»Setzen Sie sich«, forderte Bernhardt sie auf. »Es dauert nicht lang.«
Verdattert starrte sie ihn an. Sie begriff nicht, was Bernhardt von ihr wollte oder warum Barrera und die Herren in der Chefetage plötzlich umschwenkten. Also starrte sie auf die Behälter mit chinesischem Essen vom Lieferservice auf dem Konferenztisch und wartete ab, bis der kräftig gebaute Mann Platz genommen hatte. War er in seiner Funktion als Psychiater bei der Abteilung für Verhaltensforschung hier? Oder im Auftrag der Abteilung für interne Ermittlungen, die inzwischen Innenrevision und Qualitätsmanagement hieß?
Kerzengerade saß sie da.
»Immer locker«, meinte er. »Ich wollte mich nur
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