Todesqual: Thriller
Flunder, die nicht auf einem Eisbett, sondern auf Tomaten lag.
Lena schüttelte den Kopf. »Was soll das? Der Fisch hat doch nichts mit Tomaten zu tun.«
»Tomaten kann man nur wenige Monate im Jahr anbauen, weil sie sehr frostempfindlich sind. Eine Flunder hingegen überlebt prima in eiskaltem Wasser, und zwar dank eines bestimmten Gens. Wenn man es schafft, dieses Gen im Fisch zu entschlüsseln, könnte man es in eine Tomate einschleusen.«
»Hmm«, brummte Lena. »Ein Frostschutzgen. Deshalb sind die Tomaten, die man im Laden kauft, wahrscheinlich so lecker. Und wo ist der Zusammenhang mit Idaho?«
»Da hast du ganz Recht. Heutzutage sind Tomaten nicht mehr lecker. Ich weiß nicht, wann ich zuletzt eine Tomate gegessen habe, die nicht nach Wasser geschmeckt hat. Vielleicht haben sie das Flundergen ja schon eingeschleust, ohne dass wir es ahnen.«
»Worauf willst du hinaus, Hank?«
»Dass man sich in Idaho möglicherweise genug Land leisten könnte, um selbst welche anzubauen.«
»Mag sein. Aber was hindert dich daran, Tomaten zu pflanzen, wo du willst?«
»Und was ist mit der Erntezeit? In Seattle dauert sie sicher nicht lang, weil es dort oben kalt ist. Was ist, wenn ich mit den Tomaten anfange und feststelle, dass ich das dämliche Frostschutzgen brauche?«
Als sie ihn forschend ansah, bemerkte sie das Funkeln in seinen Augen und das Grinsen, das um seine Lippen spielte.
»Wie viele Tomaten willst du denn essen, Hank?«
»Eine ganze Menge«, erwiderte er. »Solange ich beim ersten Bissen nicht an Flundern denken muss.«
Er fing an zu lachen. Es war ein Spiel. Eine kleine Aufmunterung nach einem langen Vormittag, den sie mit einer Leiche verbracht und wieder einmal einen Einblick in die Welt erhalten hatten, für deren Erforschung man sie bezahlte. Im College würden sie erneut eine Hiobsbotschaft überbringen müssen. Noch mehr Trauer, während der trübe Tag sich dahinschleppte und die Düsternis sich hartnäckig hielt.
Lena fuhr am Rose Bowl vorbei, bog an der Ampel links ab und durchquerte ein weiteres ruhiges Viertel, das sich in die üppig grünen Hügel schmiegte. Nach etwa einem Dreiviertelkilometer wurde die Straße steiler. Das Land hier war unbebaut, und hohe, goldene Gräser wiegten sich im Wind. Als Lena in die Auffahrt einbog, schienen sich die San Gabriel Mountains auf der anderen Seite des Tals ihr entgegenzuneigen. Obwohl es schon spät im Jahr war, trugen einige Gipfel im Osten noch Schneekappen. Die Aussicht hier oben war atemberaubend.
Lena hörte, wie Novak die Zeitschrift fallen ließ. Der Wagen holperte über eine Temposchwelle. Hinter einer Kurve kam jenseits der Bäume ein gewaltiges schwarzes Gebäude in Sicht, das sich quer über die Gipfel zweier Hügel erstreckte. Die Straße verlief darunter hindurch. Lena war nicht sicher, ob der Vergleich mit einem umgekippten Wolkenkratzer oder mit einer Brücke aus schwarzem Stahl und Glas näher lag. Jedenfalls gefiel ihr das Gebäude. Die Architektur rief verschüttet geglaubte Erinnerungen wach – an das, was sie vor langer Zeit einmal hatte werden wollen.
Lena schob den Gedanken beiseite und stellte den Wagen auf der anderen Seite des Gebäudes auf dem Besucherparkplatz ab. Beim Aussteigen konnte sie der Versuchung nicht widerstehen, noch einen Blick auf das Bauwerk in luftiger Höhe zu werfen, in dem das gesamte College untergebracht war.
Elvira Gish nahm sich den Tod ihrer Kollegin sehr zu Herzen. Sie saßen in der Cafeteria an einem Tisch. Obwohl die Frau die Hiobsbotschaft – eine grobe Schilderung unter Auslassung der grausigen Einzelheiten – bereits vor einer Viertelstunde erhalten hatte, schien sie noch immer bis ins Mark erschüttert.
»Fühlen Sie sich nicht wohl?«, fragte Novak.
Um Fassung ringend, schaute Gish von ihrer noch ungeöffneten Flasche Mineralwasser auf. »Bitte haben Sie noch einen Moment Geduld mit mir.«
Schweigend musterte Lena die Frau mittleren Alters. Obwohl sie mit einer Reaktion wie dieser gerechnet hatte, wunderte sie sich über das zornige Funkeln in ihren kristallgrünen Augen.
»Erzählen Sie mir noch einmal, was geschehen ist«, begann Gish schließlich.
Novak senkte die Stimme. »Wir haben Ihnen alles gesagt, was wir können. Wie lange haben Sie denn mit Nikki Brant zusammengearbeitet? Zwei Jahre?«
»Zwei Jahre«, bestätigte Gish.
Lena stellte fest, dass sie von einer sechs- oder siebenköpfigen Studentengruppe am anderen Ende des Raums beobachtet wurden. Die Erkenntnis,
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