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Todesregen

Todesregen

Titel: Todesregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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Sperrriegel.
    Das Schloss klickte, und der Mann hämmerte an die Tür, rüttelte am Knauf. Als Nächstes würde er gegen die Tür treten. Das Schloss war lächerlich schwach. Es hielt bestimmt nicht stand.

55
    Mandoline, Flöte, Tamburin und Waldhorn, auf einem Bett aus Efeu und geschmückt mit bunten Bändern, bildeten das Motiv auf dem bestickten Sitz des Stuhls links von der Tür.
    Im Flur trat der gebissene Mann gegen die Tür. Das Schloss ächzte und hielt stand. Beim nächsten Tritt sprang es jedoch bestimmt auf.
    Molly kippte den Stuhl nach hinten und klemmte hastig die Lehne unter den Türknauf.
    Ein zweiter Tritt demolierte das Schloss, doch der eingeklemmte Stuhl verrammelte die Tür und widersetzte sich auch einem weiteren Tritt. Die feine Stickerei konnte es mit der rohen Gewalt aufnehmen, als befände man sich noch in einer anständig geordneten Welt.
    Fluchend hämmerte der Mann mit den Fäusten an die Tür. »Ich komme wieder!«, versprach er. »Sobald ich mit meinen Lämmchen fertig bin!«
    Dann ging er vielleicht weg.
    Egal, ob er draußen auf sie wartete oder nicht, er war nur ein Mensch, nicht etwas aus einer anderen Welt. Er war nicht in der Lage gewesen, durch die verbarrikadierte Tür hindurchzugleiten.
    Aus zahlreichen Begegnungen mit unvorstellbaren, unausdenkbaren Gefahren war Molly unversehrt hervorgegangen, doch ein gewöhnlicher Mensch hatte sie verwundet. Diese Tatsache hatte eine Bedeutung, die sie spürte, aber nicht begreifen konnte. Wieder blieb ihr die äußerst
wichtige Erkenntnis, der sie schon mehrfach so nah gewesen war, versagt.
    Sie hatte keine Zeit, die Teile des Puzzles, auf die sie instinktiv aufmerksam geworden war, zusammenzusetzen. Um nachzudenken, brauchte sie Ruhe und Zeit, und die hatte sie nicht.
    Der Unmensch, den sie mit ihren Zähnen abgewehrt hatte, hatte gesagt, die Lämmchen, die Kinder, seien seine Opfergaben . Für was oder wen, auf welchem Altar und zu welchem Zweck war völlig gleichgültig. Wichtig war nur seine Absicht – und dass er aufgehalten werden musste.
    Ihr lädiertes, blutendes Ohr schmerzte, aber wenigstens klingelte es darin nicht mehr. Ihr Gehör hatte sich erholt.
    Das einzige Geräusch war die unablässige Bewegung in den Wänden, das Rascheln und Gleiten. Momentan erhoben sich aus der flüsternden Horde keine Stimmen.
    Übelkeit durchwogte Molly. In ihrem Mund sammelte sich Speichel. Er schmeckte immer noch nach Blut, und sie spuckte aus, statt zu schlucken, einmal, zweimal.
    Als sie sich von der Tür abwandte, um mit der Taschenlampe den Raum abzusuchen, sah sie als Erstes ein Beil, das in der Seitenwand eines hohen Wandschranks steckte. Blut am Blatt, Blut am Stiel.
    Ihr wurde so übel, dass sie am liebsten nicht weitergesucht hätte, aber sie musste und tat es.
    Sie befand sich in einem dunklen Arbeitszimmer mit zwei Fenstern. Draußen standen von Moos strangulierte Bäume, die das schwache violette Mittagslicht noch weiter dämpften. Eine offene Tür führte in ein Badezimmer mit Toilette.
    Der Kegel der Taschenlampe fiel auf zwei verstümmelte Körper. Auf dem Boden lag ein Mann, in einem Sessel hing zusammengesunken eine Frau. Obwohl Molly durch die Schrecknisse der letzten Stunden abgehärtet war, betrachtete sie die beiden nicht zu genau oder zu lange.

    Familienfotos an der Wand hinter dem Schreibtisch ließen darauf schließen, dass es sich um die Eltern der Kinder handelte, die in dem Zimmer neben der Treppe eingesperrt waren. Auf den Bildern sah man einen Jungen mit Grübchen in den Wangen und seine ältere Schwester mit schwarzem Haar und einem Pony wie Kleopatra.
    Da der Mann mit der Narbe auf keinem der Fotos auftauchte, musste es sich um einen Eindringling handeln. Molly hatte schon gewusst, dass Michael Render nicht der einzige Geisteskranke war, der das Chaos der zusammenbrechenden Zivilisation ausnützte.
    Opfergaben.
    Hastig durchsuchte Molly die Schreibtischschubladen nach einer Waffe. Sie hoffte, eine Pistole zu finden. Das Beste, was sie auftreiben konnte, war eine Schere.
    Hinter ihr sagte der Narbige: »Fallen lassen!«, und presste ihr die Mündung einer Waffe, wahrscheinlich ihrer eigenen Pistole, ins Genick.

56
    Der bestickte Stuhl klemmte noch immer unter dem Türknauf, doch der Killer war weder durch diese noch durch eine andere Barriere geglitten.
    Offenbar war das Badezimmer auch von einem Schlafzimmer aus zugänglich. Der Mann war lange genug im Haus gewesen, um sich darin auszukennen, und hatte sich auf

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