Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesregen

Todesregen

Titel: Todesregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
Vom Netzwerk:
erste Phase der Okkupation überleben sollten«, fuhr Derek fort, »wenn wir uns zu primitiven Gemeinschaften zusammenfinden und in entlegenen Winkeln verbergen würden, wo die neuen Herren der Welt uns nicht sehen könnten, wie lange würde es da dauern, bis uns die vertraute Nahrung ausginge?«
    »Pflanzen aus einer anderen Welt – Gemüse, Obst, Getreide und so weiter – müssten ja nicht unbedingt giftig für uns sein«, sagte Neil.
    »Vielleicht nicht alle«, meinte Derek, »aber manche ganz bestimmt.«
    »Aber selbst wenn sie nicht giftig wären«, sagte Molly nachdenklich, »fänden wir sie dann genießbar?«
    »Wir fänden sie bitter«, vermutete Derek, »oder unerträglich sauer oder so ätzend, dass uns schlecht davon würde. Und selbst wenn sie genießbar wären, könnten wir uns davon ernähren? Wären die Nährstoffe in Molekülketten angeordnet, die unser Verdauungssystem auflösen und verwenden könnte? Oder würden wir uns den Magen mit Essen vollschlagen … und trotzdem verhungern?«
    Derek Sawtelles ausdrucksvolle Stimme, von Natur aus klangvoll und reich an dramatischer Technik, die jahrzehntelang im Seminarraum und im Hörsaal kultiviert worden war, versetzte Molly fast in Trance. Sie schüttelte sich, um den düsteren Bann zu brechen, in den er sie mit seinen schrecklichen Worten geschlagen hatte.
    »Verdammt«, sagte er, »ich rede mich noch nüchtern, und auf dieser Seite des Gin-Vorhangs gefällt es mir gar nicht. Zu schaurig.«

    Verzweifelt versuchte Molly, Dereks Vision der Zukunft zu entkräften: »Wir haben jetzt automatisch angenommen, dass dieses Ding, dieser Pilz, aus einer anderen Welt stammt, aber wissen tun wir das eigentlich nicht. Zugegeben, ich habe so etwas noch nie gesehen, aber was heißt das schon? Es gibt eine Menge exotische Pilze, die ich noch nie gesehen habe, und manche davon sehen wahrscheinlich merkwürdiger aus als der da.«
    »Ich kann euch noch etwas anderes zeigen«, sagte Derek, »etwas, was wesentlich beunruhigender – und leider auch ernüchternder – ist als das, was ihr bisher gesehen habt.«

22
    In der Besenkammer kniend, zog Derek ein Schweizer Taschenmesser aus der Tasche seines Tweedsakkos.
    Molly, die inzwischen eher neben als hinter ihm hockte, während Neil sich über die beiden beugte, konnte sich keinen unpassenderen Besitzer für ein solches Messer vorstellen als diesen Professor mit Fliege und Weste. Dann fiel ihr ein, dass zu den Werkzeugen des patenten Instruments ein Korkenzieher und ein Flaschenöffner gehörten.
    Derek verwendete keines dieser beiden Geräte, sondern zog das Messer heraus. Als dessen Spitze schon über einem der Pilze schwebte, zögerte er.
    Seine Hand zitterte. Mit Betrunkenheit oder Alkoholentzug hatte das offenkundig nichts zu tun.
    »Als ich das zum ersten Mal machte«, sagte er, »war ich angenehm beschwipst und von der duseligen Neugier erfüllt, die aus der Trunkenheit so ein Abenteuer macht. Jetzt bin ich nüchtern, ich weiß, was ich finden werde – und ich staune, dass ich beim ersten Mal genug Mut dazu aufgebracht habe.«
    Er nahm sichtlich allen Mut zusammen und stach in den runden Hut eines besonders fetten Pilzes.
    Die gesamte Kolonie, nicht nur das betroffene Exemplar, bebte wie Gelatine.
    Aus der Wunde entwich ein Wölkchen aus fahlem Dunst, begleitet von einem hörbaren Pfeifen, das darauf hinwies, dass das Innere des pilzähnlichen Gebildes unter Druck gestanden
hatte. Der Dunst stank wie ein Gemisch aus faulen Eiern, Erbrochenem und verrottendem Fleisch.
    Molly würgte, und Derek sagte: »Ich hätte euch warnen sollen. Aber es verfliegt schnell.«
    Er schnitt die durchstochene Membran auf, und das Innenleben des Pilzes kam zum Vorschein.
    Innen war das Gewächs nicht durchgängig fleischig wie ein gewöhnlicher Pilz, es bildete vielmehr eine hohle Kammer. Eine graziöse Architektur aus schwammigen Streben stützte die äußere Membran, die Derek aufgeschlitzt hatte.
    Im Zentrum der Kammer lag eine feuchte Masse, etwa so groß wie ein Hühnerei. Beim ersten Blick dachte Molly an Eingeweide, weil das Zeug wie menschliche Darmschlingen im Miniaturformat aussah, wenn auch grau und fleckig, als wäre es verdorben, infiziert, von Krebs befallen.
    Dann sah sie, dass die Schlingen und Schlaufen sich langsam bewegten. Träge glitten sie übereinander und umeinander herum wie ein Knäuel kopulierender Regenwürmer.
    Offenbar, weil die schwarz-gelbe Membran verletzt und der stinkende Dunst entwichen war, setzten

Weitere Kostenlose Bücher