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Todesregen

Todesregen

Titel: Todesregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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und die göttliche Absicht so grausam, dass sie jedes Vorstellungsvermögen überstieg.
    Derek klappte sein Taschenmesser zusammen, steckte es in die Tasche und sah Molly an. »Na, meinst du immer noch, es ist bloß ein exotischer Pilz, auf den du noch nie gestoßen bist?«
    »Nein«, gab sie zu.

23
    Als Molly und Derek die Besenkammer schon verlassen hatten, warf Neil einen letzten Blick auf den Pilz, bevor er die Tür schloss. »Wenn wir uns jetzt draußen umsehen würden, dann würden wir diese Dinger im ganzen Ort finden, oder?«, fragte er.
    »Die und weiß Gott was noch alles«, sagte Derek. »Rapides Terraforming. Der Wachstumszyklus hat begonnen. Auf Straßen und Feldwegen, in Gärten und Parks, auf Spielplätzen, draußen im Wald und am Grund des Sees – oh, überall, überall – werden wir eine neue Welt wachsen sehen, ein botanisches Wunderland mit Dingen, die wir nie zuvor gesehen haben und die wir auch am liebsten nie gesehen hätten.«
    Plötzlich kam Molly ein niederschmetternder Einfall: »Die Luft.«
    »Ich hab mich schon gefragt, wann ihr darauf kommen werdet«, kommentierte Derek.
    Bäume, Gräser, die riesigen schwimmenden Algenfelder in den Meeren: Die Flora der Erde filterte Kohlendioxid aus der Atmosphäre und erzeugte als Nebenprodukt der Fotosynthese Sauerstoff. Unverzichtbaren, lebenserhaltenden Sauerstoff.
    Welchen Prozess, ähnlich wie die Fotosynthese und doch anders, machte sich wohl diese außerirdische Vegetation zunutze? Erzeugte sie statt Sauerstoff vielleicht ein anderes Gas? Vorstellbar war jedoch auch, dass der derzeitige Prozess umgekehrt verlief, dass also Sauerstoff verbraucht und Kohlendioxid erzeugt wurde.

    »Wie viele Tage wird es dauern, bis wir bemerken, dass wir an Sauerstoffmangel leiden?«, überlegte Derek. »Falls wir es überhaupt bemerken. Schließlich ist eins der Symptome von Sauerstoffmangel das Delirium. Wie viele Wochen bleiben uns noch, bis wir ersticken wie auf dem Strand zappelnde Fische?«
    Diese Fragen brachten den Verstand ins Taumeln und legten sich so schwer auf Mollys Herz, dass sie wieder daran dachte, dass sie Derek Sawtelle vorher als Verkörperung einer tödlichen Gefahr empfunden hatte – der Versuchung, sich der Verzweiflung hinzugeben.
    Der scharfe Piniengeruch der Duftsteine und die feinere, aber widerwärtige Ausdünstung von Urin stiegen Molly ätzend in Nase und Kehle. Sie versuchte, flach zu atmen, um nichts mehr zu riechen. Als das nicht funktionierte und als sie merkte, dass sie plötzlich unwillkürlich tiefer und rascher atmete, erkannte sie eine drohende Panikattacke und kämpfte sofort dagegen an.
    »Vielleicht sollten wir sogar hoffen, früher oder später zu ersticken«, sagte Derek, »bevor die Bestien dieser anderen Welt auf uns losgelassen werden.«
    »Wenn man den Berichten im Radio trauen kann, sind sie bereits in den Großstädten«, erinnerte ihn Neil.
    Derek schüttelte den Kopf. »Mit ›Bestien‹ meine ich nicht die Invasoren selbst, sondern die vielen Tiere ihrer Welt, die Fauna ihrer Wiesen und Wälder, die Raubtiere und die Schlangen und die Insekten. Ich vermute, manche von ihnen werden viel bösartiger und schreckenerregender sein als alles, was unsere armen Science-Fiction-Autoren sich in ihren düstersten Geschichten erträumt haben.«
    »Mensch, Derek«, sagte Neil mit vor Sarkasmus triefender Stimme, »irgendwie ist mir bisher noch nie aufgefallen, was für ein Quell positiver Gedanken du doch bist.«

    »Das ist kein Pessimismus, sondern schlicht und einfach die Wahrheit«, sagte Derek. »Zu viel Wahrheit ist nie eine gute Sache.« Er trat aus der Toilette auf den Flur. »Deshalb möchte ich euch auch an meinen Tisch einladen. Verbringt diese schicksalhaften Stunden mit den Zechern, den Bacchusjüngern, und macht das Beste aus der Zeit, die uns noch bleibt. Kommt und stürzt einige Gläser Anästhesie hinunter. Wir sind zwar nicht mehr die fröhliche Schar, die wir sonst waren, und lachen nicht so rasch in dieser Nacht, aber auch gemeinsame Melancholie kann tröstlich, ja angenehm sein. Statt Furcht und Gram und Wut bieten wir euch ein großes, warmes, sanft wogendes Meer aus Melancholie.«
    Als Derek versuchte, Molly beim Arm zu nehmen, um sie in die Gaststube zurückzugeleiten, sperrte sie sich dagegen. »Ich muss mal auf die Toilette«, sagte sie.
    »Ich bitte um Vergebung, wenn ich nicht auf dich warte«, sagte Derek, »aber momentan wird mein System von gefährlich wenig Gin geölt, und ich fürchte,

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