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Todesregen

Todesregen

Titel: Todesregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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wenn ich nicht rasch ein Glas in mein Getriebe gieße, setzt mein betagter Motor aus.«
    »Natürlich möchte ich nicht schuld sein, wenn deine Kurbelwelle streikt«, sagte Molly mit dünnem Lächeln. »Geh nur vor.«
    Die beiden sahen den Professor zu seiner tröstlichen Flasche zurückgehen, und als sie in dem kurzen Flur allein waren, sagte Neil: »Du siehst ziemlich grau aus.«
    »Ich fühle mich auch grau. Du lieber Himmel, kann es denn wirklich so schlimm sein, wie er es geschildert hat?«
    Darauf wusste Neil offenkundig keine Antwort. Vielleicht zog er es auch vor, die einzige Antwort, die ihm ehrlich vorkam, nicht in Worte zu fassen.
    »Übrigens hab ich gerade nicht nur versucht, ihn loszuwerden«, sagte Molly, »ich muss wirklich aufs Klo. Wart hier auf mich. Bleib in der Nähe.«

    Als sie die Damentoilette betrat, schien sie allein zu sein. Die Türen aller drei Kabinen standen einen Spalt weit offen.
    Das Geräusch des Regens wurde hier lauter und differenzierter; es war nicht nur ein beständiges Trommeln auf den Dachschindeln, sondern ein intimes Gurgeln, Plitschen und Platschen.
    Die beiden Scheiben des Schiebefensters waren aus Milchglas. Der untere Teil war hochgeschoben und ließ die Nacht herein.
    Ein Ballett aus Regentropfen tanzte auf dem Fensterbrett, tropfte von der Kante und bildete eine seichte Pfütze auf dem Boden.
    Im Wasser spiegelte sich die Deckenlampe, doch es schien nicht von sich aus zu leuchten. Auch einen besonderen Geruch hatte es nicht. Vielleicht war das Unwetter in eine neue Phase eingetreten.
    In Anbetracht der Folgen, die die undichte Stelle in der Besenkammer nebenan gehabt hatte, ging Molly schnurstracks zum Fenster, um es zu schließen.
    Als sie die Hand nach dem Griff ausstreckte, überkam sie die Überzeugung, dass etwas direkt vor dem Fenster in der Nacht lauerte. Da wartete etwas, das sie durch die Milchglasscheibe nicht sehen konnte, ein feindseliges Wesen, das hereinfassen, sie packen und in die dunkle Nässe hinauszerren würde, wenn es sie nicht mit rasiermesserscharfen Klauen vom Schritt bis zur Brust aufschlitzte und ihr an Ort und Stelle die Eingeweide aus dem Leib riss.
    So intensiv und spezifisch war diese Furcht, dass sie wie eine Vision wirkte und Molly zurücktaumeln ließ. Sie stolperte, wäre fast hingefallen, fand ihr Gleichgewicht wieder und machte sich Vorwürfe, weil sie zugelassen hatte, dass Derek ihr Angst machte wie einem kleinen Kind.

    Als sie wieder zum Fenster trat, erklang hinter ihr eine vertraute Stimme, die sie viele Jahre nicht gehört hatte und doch sofort erkannte: »Na, wie wär’s mit einem Küsschen für mich, mein Schatz?«
    Sie drehte sich um und sah Michael Render, den Mörder von fünf Kindern und Vater von einem, kaum mehr als eine Armeslänge entfernt vor sich stehen.

24
    Trotz seiner völlig durchnässten grauen Kleidung sah Render nicht mitgenommen, sondern regelrecht erfrischt aus. Es hatte fast den Anschein, als stellte das Unwetter, das eine fremdartige Vegetation gedeihen lassen sollte, auch für ihn die ideale Umgebung dar.
    Abgesehen davon schienen ihm zwanzig Jahre fürsorglicher Haft ausnehmend gutgetan zu haben. Befreit von der Bürde, arbeiten und für seinen Lebensunterhalt sorgen zu müssen, hatte er mehr Muße als ein verwöhnter Monarch gehabt. Da er in der Anstalt die Dienste eines Ernährungsberaters und einen gut ausgestatteten Fitnessraum zur Verfügung gehabt hatte, war er schlank geblieben, hatte sich Muskeln antrainiert und keinerlei Fältchen an den Augen-und Mundwinkeln bekommen. Mit seinen fünfzig Jahren hätte er glatt als Vierzigjähriger durchgehen können.
    Offensichtlich erfreut von der Wirkung, die sein überraschendes Auftauchen bei Molly erzeugte, sagte er grinsend: »Es rührt doch nichts das Herz so sehr, wie wenn Vater und Kind sich wiederfinden.«
    Molly fand ihre Stimme wieder und war erleichtert, kein Zittern darin zu hören, nichts, was erkennen ließ, dass ihr Herz stark genug klopfte, um die Knochen in ihren Kniegelenken zum Klappern zu bringen. »Was tust du hier?«
    »Wo sollte ich denn sein als bei dem letzten Mitglied meiner Familie, das mir noch geblieben ist?«
    »Ich hab keine Angst vor dir!«
    »Ich hab auch keine Angst vor dir, Schatz.«

    Die Neun-Millimeter-Pistole steckte in ihrem Regenmantel. Sie schob die rechte Hand in die Tasche, schloss sie um den gerippten Griff und legte den Zeigefinger um den Abzug.
    »Du willst wohl wieder auf mich schießen?«, fragte Render

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