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Todesregen

Todesregen

Titel: Todesregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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Hundes andeutete – als Köder einer Falle diente.
    »Vorsicht!«, flüsterte Neil, während er sich neben ihr durch die violetten Schwaden bewegte. Der misstrauische Hund blieb zurück.
    Bedrohlich zog der geruchlose Dunst sich um sie zusammen, so dicht, dass er selbst den Herzschlag in Mollys Ohren zu dämpfen schien. Doch nach einigen Schritten begann er sich zu verziehen, als würde ein Vorhang nach dem anderen weggezogen.
    Durch die schwindenden Schleier sah Molly etwas auf der Straße liegen, das sich dunkel vom noch dunkleren Asphalt abhob. Nach einem weiteren Schritt erkannte sie, dass es sich um den abgetrennten Kopf von Ken Halleck handelte.
    An dem körperlosen Schädel gingen die Augen auf, erfüllt von widersinnigem Leben und unsäglichem Elend.
    Die Lippen bewegten sich, der Mund öffnete sich einen Spalt weit, und Worte kamen heraus: »Wisst ihr, wo mein Bobby ist, mein Bobby, mein Sohn?«

32
    Gut möglich, dass die menschliche Vorstellungskraft das geschmeidigste Element im Universum ist, denn sie umfasst ungeheuer viel: zum einen die Millionen von Hoffnungen und Träumen, aus denen in jahrhundertelangem, unermüdlichem Ringen die moderne Zivilisation entstanden ist, zum anderen die endlosen Zweifel, die jedes menschliche Vorhaben behindern, und nicht zuletzt auch noch die umfangreiche Menagerie von Schreckgespenstern, von denen jedes menschliche Herz heimgesucht wird.
    Dennoch hatte Molly in diesen schicksalhaften Stunden Dinge gesehen, die ihre Fantasie nie hätte erfinden können und mit denen ihr Verstand vergeblich kämpfte. Das galt auch für diesen abgetrennten und doch anscheinend lebendigen Kopf, der zur selben Kategorie gehörte wie die hirnlose wandelnde Leiche von Harry Corrigan und die sich selbst verstümmelnde Puppe.
    Einen Moment lang durchbohrte sie der Blick von Ken Hallecks Augen. Kläglich. Krankhaft. Dämonisch.
    Offenbar hatten die außerirdischen Angreifer eine bösartige Energie auf die Erde gebracht, die keine Unterschiede zwischen Pflanze und Tier, zwischen Organischem und Unorganischem, zwischen Belebtem und Unbelebtem machte. Sie drang gleichermaßen in die Lebenden und die Toten ein, und auch in Dinge, die nie gelebt hatten.
    »Wo ist mein Bobby?«, fragte die Stimme von Ken, vor Qual und Kummer bebend. »Was haben sie ihm angetan? Ich will meinen Bobby wiedersehen.«

    Der Verstand taumelte nicht nur, er rebellierte, und nicht nur das, er nahm Zuflucht zur Verleugnung, um die grausige Erscheinung loszuwerden, egal, wie klar die Sinne sie bestätigten.
    Es war theoretisch vorstellbar, in einer Umwelt zu leben, die der eines Planeten am anderen Ende der Galaxis angepasst war, bewachsen mit seltsamen, bösartigen Pflanzen und bevölkert von einem Getümmel widerwärtiger, tückischer Tiere. Selbst dort konnte man hoffen, in irgendeinem abgelegenen Winkel eine gastliche Ecke zu finden, wo man sein Leben fristen konnte wie die Maus in ihrem Loch, mit einfacher Nahrung und bescheidenen Freuden.
    Hingegen konnte sich Molly nicht vorstellen, überhaupt in einer Welt leben zu wollen , die ein Tollhaus war, in einer Welt mit wandelnden Toten, redenden Köpfen, Puppen, die Drohungen ausstießen, und jedem anderen Horror, den die geschmeidige menschliche Fantasie ersinnen konnte. Und mit noch Schlimmerem. An einem solchen Ort konnte es keine einzige friedliche Minute geben, keine Chance auf Glück.
    Womöglich hätte sie in diesem Augenblick die Hoffnung zu überleben aufgegeben, wenn ihr dann nicht nur zwei Optionen geblieben wären: warten, bis irgendeine grauenhafte Kreatur sie fand und in Stücke riss, oder sich umbringen. Beides wäre auf Selbstzerstörung hinausgelaufen, und das widersprach ihrer Denkweise und allem, woran sie glaubte.
    Außerdem mussten die Kinder gefunden werden. Über das, was geschehen würde, wenn sie sie unter ihrem unzulänglichen Schutz versammelt hatte, dachte sie lieber nicht nach.
    »Er war mein Ein und Alles, mein Bobby«, sagte Hallecks Kopf, »wo ist mein Bobby?«
    Neil hob die Flinte, doch Molly berührte ihn am Arm.
    »Das ist nicht Ken«, sagte sie. »Nicht nötig, ihn von seinem Elend zu erlösen. Ken ist tot.«
    »Ich will das verfluchte Ding bloß zum Schweigen bringen«, sagte Neil wütend. »Es soll still sein!«
    »Tu’s nicht. Es wird den Schuss einfach hinnehmen und weiterreden. Und das wird noch schlimmer sein.«
    Außerdem war sie der Meinung, sie sollten Munition sparen. Zwar hatten mehrere Schüsse aus einer Schrotflinte das

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