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Todesregen

Todesregen

Titel: Todesregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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verärgert auf Mollys Warnung, in der Kneipe seien sie nicht sicher, und sie sollten doch lieber die anderen zur Bank begleiten.
    »Woher wollen Sie das eigentlich wissen?«, fragte die Mutter aufgebracht. »Sie wissen doch keinen Deut mehr als wir! Wir bleiben hier, bis wir mehr wissen, bis wir mehr erfahren. Es ist trocken hier, wir haben Kerzen. Bisher waren wir hier in Sicherheit. Bis die Lage sich klärt, gibt es keinen Grund, irgendwo anders hinzugehen. Das wäre sogar blanker Irrsinn!«
    »Klären Sie die Lage doch einfach selbst«, riet Molly. »Gehen Sie in die Männertoilette, und machen Sie die Tür zur Besenkammer auf. Sehen Sie sich gut an, was da drin wächst.«
    »Wovon reden Sie da eigentlich?« Trotz dieser Frage hatte die Frau keine Lust zuzuhören. Sie hatte offenkundig Angst, Molly könnte tatsächlich über Informationen verfügen, die sie zwingen würden, eine durchdachte Wahl zu treffen. »Ich gehe doch nicht in die Männertoilette! Was wollen Sie eigentlich von uns? Lassen Sie uns in Frieden!«
    Molly hätte Cassie am liebsten am Arm gepackt und gewaltsam mitgenommen, aber das hätte nur zu Gezerre geführt, Zeit gekostet und dem Mädchen noch mehr Angst eingejagt.
    Als auch noch Russell Tewkes heranpolterte, um sich an der Auseinandersetzung zu beteiligen, sagte Neil: »Molly, komm, wir verschwinden!«

    Von den acht Hunden, die neben Virgil im Raum waren, standen fünf bei den Kämpfern. Die drei anderen, zwei Promenadenmischungen und der Golden Retriever, scharten sich um Cassie.
    Molly sah den ernsten Blick der drei Tiere und spürte eine unheimliche Verbindung zu ihnen, eine Kommunikation, die über alles hinausging, was mit Worten ausgedrückt werden konnte. Sie wusste, dass diese Hunde das Mädchen bewachen und, falls nötig, sterben würden, um es zu beschützen.
    Genau wie Render nicht nur Render zu sein schien, sondern noch jemand anders, genau wie Derek Sawtelle und Russell Tewkes aussahen wie sie selbst, sich aber wie jemand Neues verhielten, so sahen die Hunde auf den ersten Blick wie ganz normale Hunde aus, waren jedoch mehr. Anders als der Mörder, der Professor und der Kneipenwirt waren sie jedoch keine Boten der Verzweiflung, ganz im Gegenteil.
    Mit einer wachsenden Verwunderung, die mit der Angst um den Besitz ihres Herzens rang, berührte Molly das Fell aller drei Tiere und strich ihnen über den Kopf; und die drei schnüffelten an ihrer Hand.
    »Lieb seid ihr«, sagte sie, »und tapfer!«
    »Was ist hier los?«, schnauzte Russell Tewkes, der sich schwitzend und nach Bier stinkend vor ihr aufgebaut hatte.
    »Wir gehen«, sagte Molly und wandte sich von ihm ab.
    Sie und Neil hatten die Haustür fast erreicht, als der Regen so urplötzlich aufhörte, als hätte man einen Wasserhahn abgedreht.

31
    Schwindende Wasserfluten strömten von den Straßen und durch die Rinnsteine, während neue Schleier den Blick trübten und die Sinne täuschten.
    Der Ort war fast vollständig im Nebel verschwunden. Dichte Wolken zogen wie eine wattige Lawine von den Bergen herab und stiegen aus dem angeschwollenen See empor.
    Einen Augenblick hielt Molly den Atem an, aus Angst, dieser Nebel könnte giftig sein. Dann jedoch sog sie die Luft ein und blieb am Leben.
    Die Häuser, Pfosten und Schilder entlang der Straße formten sich zu einer Geometrie, die man eher ahnte als sah. Dahinter breitete sich eine aus unzähligen Schwüngen und Schnörkeln bestehende Kalligrafie aus Laub-und Nadelbäumen aus, die vom träge wallenden Nebel immer wieder ausradiert und gleich darauf neu enthüllt wurde.
    Für Molly besaß die jähe Stille nach dem langen Trommeln des Regens die ganze Dramatik eines nahen Donnerschlags. Als sie, gefolgt von Neil, mit Virgil aus der Kneipe trat, kam es ihr vor, als sei sie taub geworden, eine Empfindung, die durch die dämpfende Wirkung des dichten Nebels noch verstärkt wurde.
    Mehr noch als vom Ende des Regens, vom Nebel und von der Stille war sie davon überrascht, dass es dämmerte. Ein Blick auf ihre Uhr – die normal funktionierte, wenn sie nicht unter dem Einfluss des mysteriösen Kolosses am
Himmel stand – bestätigte, dass der Morgen angebrochen war.
    Das vom Himmel herabsickernde Licht war von tiefem Purpur, weniger wie ein Sonnenaufgang als wie die schwindende Abenddämmerung. Es verlieh auch dem Nebel eine purpurne Färbung, in die Adern aus Gold eingewoben waren.
    In gewöhnlichen Zeiten wären diese königlichen Farben ein majestätischer Tagesbeginn gewesen;

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